Diakonie beklagt steigende Zahl von Obdachlosen
01. April 2015
Kiel. Immer mehr Menschen leben in Schleswig-Holstein auf der Straße. Das beklagt das Diakonische Werk und stellt eine klare Forderung auf.
Das Diakonische Werk beklagt eine steigende Zahl von Wohnungslosen in Schleswig-Holstein. Brennpunkte sind die kreisfreien Städte. So wurden in Kiel, Lübeck, Flensburg und Neumünster im vergangenen Jahr 4.614 wohnungslose Menschen gezählt, 2012 waren es noch 4.136. Dies entspreche einem Plus von zehn Prozent, sagte Diakoniechef Heiko Naß. Insgesamt schätzt die Diakonie die Zahl der Wohnungslosen in Schleswig-Holstein auf mehr als 10.000.
Vor diesem Hintergrund setzt sich das Diakonische Werk für den Bau zusätzlicher Sozialwohnungen ein. Vor allem aber sollten Städte und Gemeinden feste Kontingente für die Wohnungslosenhilfe einrichten, forderte Naß. Auf diese Weise könne verhindert werden, dass Wohnungslose bei der Vergabe von Wohnraum gegenüber anderen Bedürftigen benachteiligt werden.
Obdachlosigkeit auch auf dem Land
Nach Angaben von Diakonie-Referentin Ilona Pabjanczyk werden die Beratungsstellen der Diakonie derzeit mit 590.000 Euro vom Land unterstützt. Zudem gebe es für die Koordinierung stationärer Hilfen 126.000 Euro Landeszuschuss. Notwendig wäre als Sofortmaßnahme eine Verdoppelung dieser Gelder, sagte Pabjanczyk. Insgesamt stellt die Diakonie 34 Anlaufstellen für wohnungslose Menschen zur Verfügung. Es sind 23 Beratungsstellen, vier Tagestreffs und sieben stationäre Hilfen.
Nach den Worten von Naß wenden sich trotz wirtschaftlichen Wachstums und sinkender Arbeitslosigkeit immer mehr Hilfesuchende an die Beratungsstellen und Notunterkünfte. Die gute wirtschaftliche Lage gehe an diesen Menschen vorbei. Nicht nur in den größeren Städten, sondern auch im ländlichen Raum hätten zahlreiche Menschen keinen eigenen Wohnraum, beklagte Naß.
Es gibt nach Einschätzung der Diakonie verschiedene Ursachen für diese Entwicklung. Ein wesentlicher Grund sei der Mangel an preiswertem Wohnraum mit Mieten unter der vorgegebenen Mietobergrenze (etwa 350 Euro). Gleichzeitig benötigten immer mehr Menschen bezahlbare Wohnungen. Dazu zählten neben den Wohnungslosen auch Studenten, Hartz-IV-Empfänger und Flüchtlinge. Der Druck auf die Ärmsten werde immer höher und die Wohnungslosen seien davon besonders betroffen, so Landespastor Naß.
Auch Flüchtlinge suchen Wohnungen
Michael Schmitz-Sierck von der Evangelischen Stadtmission in Kiel verwies auf eine neue Konkurrenzsituation. Da zunehmend Flüchtlinge preiswerte Wohnungen suchen, würden die Wohnungslosen verdrängt. Folge sei, dass sie immer länger in Einrichtungen wie dem Bodelschwingh-Haus der Ev. Stadtmission Kiel bleiben. Zunehmend würden hier sogar Notbetten in Aufenthaltsräumen aufgestellt.
Eine solche Entwicklung bestätigte auch Heike Raddatz-Kossak von der Vorwerker Diakonie in Lübeck. So sei das dortige Bodelschwingh-Haus seit Jahren überbelegt. Die Wohnungslosen müssten teils auf den Fluren übernachten. Zwar konnte die Einrichtung in den vergangenen beiden Monaten zusätzliche Räume in einem städtischen Verwaltungsgebäude nutzen, Ende April müssen diese aber wieder zurückgegeben werden.