Kirchen würdigen politischen Widerstand Bonhoeffers
09. April 2015
An seiner Radikalität sollten sich Christen weltweit orientieren. Das schreibt der EKD-Ratsvorsitzende Bedford-Strohm über den Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer. Auch andere Kirchenvertreter würdigen den Theologen.
Zum 70. Todestag des Widerstandskämpfers Dietrich Bonhoeffer würdigen Kirchenvertreter dessen politischen Einsatz gegen das Nazi-Regime. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, ermunterte Christen, sich an der Radikalität Bonhoeffers zu orientieren und sich politisch einzumischen. Kurienkardinal Gerhard Ludwig Müller sagte im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst, er sehe den Theologen zudem als Vorbild für heutige Ökumene-Bestrebungen. Bonhoeffer wurde am 9. April von den Nazis ermordet.
"Seine authentische Existenz im Glauben, das christliche Zeugnis gegen den Nationalsozialismus und schließlich die Hingabe seines Lebens inspirieren weltweit all jene, die sich gegen Gewalt und für die Menschenwürde einsetzten", schreibt Bedford-Strohm in einem Beitrag für die Wochenzeitung "Die Zeit". "Radikalität und Realismus werden heute in der Regel als Widerspruch gesehen. Bei Bonhoeffer finden sie zusammen", argumentiert der Landesbischof. Die Kirche der Gegenwart, die in Gefahr stehe, "sich bürgerlich einzurichten", brauche derartige Impulse.
Bonhoeffer leistete "Pionierarbeit"
Bonhoeffers Beispiel fordere die Kirche dazu auf, schwierigen ethischen Entscheidungen nicht auszuweichen. "Wer militärisch handelt, macht sich schuldig. Aber auch, wer nichts Wirksames gegen den Terror tut, lädt Schuld auf sich", schreibt Bedford-Strohm mit Hinweis auf die friedensethische Debatte über ein militärisches Eingreifen gegen den Terror des "Islamischen Staats".
Am 9. April 1945, wenige Wochen vor Kriegsende, wurde Bonhoeffer im Konzentrationslager Flossenbürg hingerichtet. An seinem Todestag versammeln sich am Donnerstag in den frühen Morgenstunden evangelische Jugendliche im Arresthof des früheren KZs zu einer Gedenkandacht. Mehr als 400 junge Menschen zwischen 14 und 25 Jahren wollen in Flossenbürg zusammenkommen. Bis Samstag beschäftigen sie sich mit Leben und Wirken des Hitler-Gegners unter dem Motto "Dinge, für die es sich lohnt".
Kardinal Müller bezeichnete Bonhoeffers Bestreben, Vorurteile zu überwinden und sich anhand eigener Erfahrungen ein Urteil zu bilden, als "Pionierarbeit". Gerade im Widerstand gegen die menschenverachtende Ideologie der Nazis hätten sich Protestanten und Katholiken in einer Situation des gemeinsamen Bekenntnisses und Martyriums befunden. Es "entstand ein neues Bewusstsein für das gemeinsame Fundament, das alle Christen verbindet", sagte Müller. Nur so könne die Ökumene vorankommen.