Wenn Kinder in der Kirche regieren

Seit 20 Jahren setzen sich in Hamburg Kinderbischöfe für ihre Altersgenossen ein

Kinder an die Macht! Drei Kinderbischöfe der Hamburger Wicherschule
Kinder an die Macht! Drei Kinderbischöfe der Hamburger Wicherschule© epd-bild / Stephan Wallocha

02. Dezember 2014 von Doreen Gliemann

Vor 20 Jahren nahm die evangelische Kirche in Hamburg eine jahrhundertealte Tradition wieder auf: In der Vorweihnachtszeit kommen Kinderbischöfe an die Macht. Die drei ersten erinnern sich noch gut an ihre Regentschaft.

Hamburgs erste Kinderbischöfe hießen Nadine Gabbert (damals 12), Svenja Scheele (12) und Felix Börnchen (11). Sie wurden 1994 in ihr Amt eingeführt von ihrer „großen Kollegin”, der damaligen evangelischen Bischöfin Maria Jepsen. Es war eine große Feier. Die Hauptkirche St. Nikolai war bis auf den letzten Platz gefüllt. Sogar auf den Fluren sollen noch Besucher gestanden haben, um bei der Zeremonie wenigstens irgendwie dabeizusein - und um einen Blick zu erhaschen auf die drei Hauptpersonen des Tages.

Kinderbischöfe gab es bereits im Mittelalter

Mit den Kinderbischöfen hat die Kirche eine europäische Tradition wieder aufleben lassen, die ihren Ursprung im Mittelalter hatte und bis ins 18. Jahrhundert hinein dauerte: In Klosterschulen und Stiften wurde ein Kinderbischof gewählt und mit bischöflichem Ornat ausgestattet. 

Heute sind die Hamburger Kinderbischöfe bundesweit bekannt. Sie setzen sich für die Rechte ihrer Altersgenossen ein und sehen sich als Botschafter für Kinderinteressen. Aber auch andere Kirchengemeinden, etwa in Thüringen oder Niedersachsen, haben die Tradition wiederbelebt.

20 Jahre später erinnert sich das erste Hamburger Trio noch gut an seine dreiwöchige Regentschaft: Ein schönes Gefühl sei das gewesen, als sie nach dem Einführungsgottesdienst, ausgerüstet mit Bischofsstab und Mitra, vor die Nikolaikirche traten: „Dort standen Mitschüler der Wichernschule und haben uns zugejubelt”, erzählt Felix Börnchen, der zugibt: So richtig hätten sie damals die Dimensionen gar nicht wahrgenommen. „Sonst hätten wir bestimmt viel mehr Respekt vor der Aufgabe gehabt.”

Die Dimensionen waren in der Tat groß: Ein Termin jagte den anderen. Die Kinder gaben Pressekonferenzen, Fernsehteams drehten Filme über sie. Möglichst vielen Menschen statteten sie Besuche ab, etwa einem Hundertjährigen in einem Heim. Eine prägende Begegnung für Nadine. Felix ergänzt: „Bei diesem Treffen ist uns das Alter eines Menschen so richtig deutlich geworden.”

Patron der Kinder: Bischof Nikolaus von Myra 

Beginn der historischen Bischofsspiele war meist der 6. Dezember, Festtag des Nikolaus von Myra. Er gilt auch als Patron der Schüler, denn er soll der Legende nach drei Kinder vom Tod wieder zum Leben erweckt haben. Die Regentschaft des "Kinderbischofs" dauerte manchmal bis zum 28. Dezember, endete meist aber wohl nach einem Tag.

In dieser Zeit ging es um die Sicht der Kinder auf die Welt. Lehrer und Pfarrer wurden gelobt oder bestraft. „Zum Teil galt auch die Regel, dass die eigentlichen Bischöfe den Anordnungen der Knabenbischöfe zu folgen hatten”, schreibt der Brauchtums-Experte Manfred Becker-Huberti.

Sicher ist: Damals wie heute sollten die jungen Würdenträger ihre Sorgen und Wünsche offen aussprechen. Und das taten auch die Hamburger Felix, Svenja und Nadine: Sie forderten etwa einen autofreien Tag für Hamburg und ein Naturschutzgebiet "für ganz normale Tiere wie Eichhörnchen, Hasen und Füchse". Auch wenn es mit dem autofreien Tag nicht geklappt hat: Die Kinderbischöfe sind in Hamburg inzwischen zu einer festen Institution geworden.

Kinder können Missstände öffentlich machen

„Kinder haben ein Recht darauf, gehört zu werden. Sie können Missstände öffentlich machen. Sie können und sollen Verantwortung für ihre Welt übernehmen”, schreibt Katharina Gralla in einem Grußwort zu 20 Jahre Kinderbischöfe. Sie ist Pastorin an der Wichernschule. Aus der einzigen evangelischen Schule Hamburgs kommen die Kinderbischöfe.

Die Kinderbischöfe von 1994 sind durch ihre Regentschaft jedenfalls geprägt worden, wie sie sagen. „Ich habe mich sozialer orientiert”, berichtet Nadine, die nach dem Abi im International Private Banking arbeitete und viel von der Welt sah. Doch dann zog sie die Bremse und kümmerte sich um Waisenkinder in Südafrika. Inzwischen lebt sie mit ihrem Mann in den Niederlanden und arbeitet für eine Medienproduktion. Felix Börnchen ist in Hamburg geblieben und arbeitet als Einkäufer im Handel. Auch Svenja Scheele lebt noch in ihrer Heimatstadt. Sie arbeitet als Krankenschwester und hat eine dreijährige Tochter. Für bischöflichen Nachwuchs ist also gesorgt.

Die Kinderbischöfe 2014 heißen Zoe Cecille Schütt, Marie Wilhelms und Felix Max von Appen. Sie werden am 4. Dezember von Propst Johann Hinrich Claussen in der Hauptkirche St. Nikolai in ihr Amt eingeführt.

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