Serie: 25 Jahre Mauerfall

Und plötzlich klingelten die Partner aus der DDR an der Tür

Ein Prost auf die Wende: Als die Mauer fällt, stürmen die Menschen mit ihren Trabis die Grenze Richtung Westen
Ein Prost auf die Wende: Als die Mauer fällt, stürmen die Menschen mit ihren Trabis die Grenze Richtung Westen© Rolf Schulten / epd

24. Oktober 2014 von Timo Teggatz

Vor 25 Jahren fiel die Mauer - ein historisches Ereignis, auch für die Menschen in der heutigen Nordkirche. In einer Serie erzählen sie hier ihre Geschichte. Heute im Porträt: Heribert Pusch. Der Pastor erzählt von der Partnerschaft seiner Hamburger Gemeinde mit dem mecklenburgischen Neubukow - mit Besuchen unter schwierigen Bedingungen und sehr emotionalen Momenten.

Die innerdeutsche Grenze war erst seit ein paar Stunden offen, als es bei Heribert Pusch an der Tür klingelte. Der Pastor aus Hamburg-Langenhorn staunte nicht schlecht, wer ihn im November 1989 besuchen wollte: Dort stand eine Abordnung aus Neubukow in Mecklenburg-Vorpommern, allesamt Mitglieder der Kirchengemeinde, mit denen Puschs Hamburger Gemeinde schon seit vielen Jahren partnerschaftlich verbunden war.

Die Christen aus der DDR hatten sich sofort auf den Weg nach Hamburg gemacht, als sie gehört hatten, dass die Grenze gefallen war. Sie wollten keine Zeit mehr verlieren und endlich ihre Freunde im Westen besuchen. Also setzten sie sich in ihre Trabis und fuhren los.

Beeindruckt von der Hamburger Einkaufsmeile

Heute erinnert sich Heribert Pusch: „Das war damals eine sehr bewegende Zeit.“ Für ein paar Tage seien die Freunde aus dem Osten zu Besuch geblieben, und als sie die Mönckebergstraße, Hamburgs große Einkaufsmeile, sahen, da waren die Neubukower nicht mehr ansprechbar. Zu gewaltig waren die Eindrücke, die auf sie einprasselten.

 

Ein paar Tage später feierte Puschs Gemeinde „Broder Hinrick“ einen Lichtergottesdienst, in dem der Mauerfall gewürdigt wurde. Die Langenhorner hatten solche Gottesdienste schon viele Jahre gefeiert, um an die Menschen in der DDR zu erinnern. Doch dieses Mal wandelte sich die Bedeutung.

Die Partnerschaft nach Mecklenburg-Vorpommern ist aber schon lange vor der Wende entstanden, und zwar 1965. Damals wechselte Pastor Karl-Heinz Axmann zu Broder Hinrick und brachte die Partnerschaft aus seiner alten Gemeinde mit. Seitdem haben die Hamburger oft Neubukow besucht. Pastor Pusch war 1975 zum ersten Mal mit einer Jugendgruppe dort. Was ihn besonders beeindruckt hat: „Der Zusammenhalt der Kerngemeinde war unwahrscheinlich groß.“ Und die Jugendlichen in seiner Gruppe seien davon imponiert gewesen, wie fest ihre Altersgenossen aus dem Osten in ihrem Glauben waren.

Angst in der Gemeinde: Gibt es einen Spitzel?

Neben dem Zusammenhalt hat vor allem eine Sache den Alltag der Gemeinde bestimmt: Angst. Niemand konnte sicher sein, ob unter ihnen ein Stasi-Spitzel war. Und trotzdem seien die Gespräche immer sehr offen gewesen, erinnert sich Pusch. „Wenn es einen Spitzel gab, dann hatte er viel zu erzählen.“

Materiell unterstützten die Hamburger ihre Partner im Osten nach Kräften, manchmal auch mit  Angstschweiß auf der Stirn. So erzählt Heribert Pusch, dass er einmal ein  Spiritusvervielfältigungsgerät über die Grenze schmuggelte – unter der Rückbank seines Autos. An der Grenze erfuhr Pusch auch, wie genau die Behörden die Partnerschaft beobachteten. „Die Grenzbeamten begrüßten uns mit den Worten: 'Na, wieder auf Besuch zur Partnergemeinde!'“.

Partnerschaft hält bis heute

Aus dem Osten kam indes zu DDR-Zeiten fast niemand zu Besuch in die Hansestadt. Reisen durften nur der Pastor mit seiner Frau und einige Rentner. Doch das änderte sich nach der Wende. Die Gemeinden besuchten sich gegenseitig – vom Mütterkreis über Jugendgruppen bis zu Chören. Viele Freundschaften sind so zwischen Hamburg und Neubukow entstanden, sowohl vor der Wende als auch danach.

Biografie

Heribert Pusch arbeitete von 1971 bis 1996 in der Gemeinde „Broder Hinrick“ im Hamburger Stadtteil Langenhorn, bis 19974 als Pastoral-Assistent, danach als Pastor. Die Gemeinde ist benannt nach Heinrich von Zütphen, einem Mitstreiter Martin Luthers. Aus „Bruder Heinrich“ wurde im Plattdeutschen „Broder Hinrick“.
Von 1996 bis 2006 war Pusch in der Pinneberger Lutherkirche. Seitdem ist er im Ruhestand.

Veranstaltungen
Orte
  • Orte
  • Flensburg
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Flensburg-St. Johannis
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Gertrud zu Flensburg
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Marien zu Flensburg
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Michael in Flensburg
    • Ev.-Luth. St. Nikolai-Kirchengemeinde Flensburg
    • Ev.-Luth. St. Petrigemeinde in Flensburg
  • Hamburg
    • Hauptkirche St. Jacobi
    • Hauptkirche St. Katharinen
    • Hauptkirche St. Michaelis
    • Hauptkirche St. Nikolai
    • Hauptkirche St. Petri
  • Greifswald
    • Ev. Bugenhagengemeinde Greifswald Wieck-Eldena
    • Ev. Christus-Kirchengemeinde Greifswald
    • Ev. Johannes-Kirchengemeinde Greifswald
    • Ev. Kirchengemeinde St. Jacobi Greifswald
    • Ev. Kirchengemeinde St. Marien Greifswald
    • Ev. Kirchengemeinde St. Nikolai Greifswald
  • Kiel
  • Lübeck
    • Dom zu Lübeck
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Aegidien zu Lübeck
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Jakobi Lübeck
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Marien in Lübeck
    • St. Petri zu Lübeck
  • Rostock
    • Ev.-Luth. Innenstadtgemeinde Rostock
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Rostock Heiligen Geist
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Rostock-Evershagen
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Rostock-Lütten Klein
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Johannis Rostock
    • Ev.-Luth. Luther-St.-Andreas-Gemeinde Rostock
    • Kirche Warnemünde
  • Schleswig
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Schleswig
  • Schwerin
    • Ev.-Luth. Domgemeinde Schwerin
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Nikolai Schwerin
    • Ev.-Luth. Petrusgemeinde Schwerin
    • Ev.-Luth. Schloßkirchengemeinde Schwerin

Personen und Institutionen finden

EKD Info-Service

0800 5040 602

Montag bis Freitag von 9-18 Uhr kostenlos erreichbar - außer an bundesweiten Feiertagen

Sexualisierte Gewalt

0800 0220099

Unabhängige Ansprechstelle für Betroffene von sexualisierter Gewalt in der Nordkirche.
Montags 9-11 Uhr und mittwochs 15-17 Uhr. Mehr unter kirche-gegen-sexualisierte-gewalt.de

Telefonseelsorge

0800 1110 111

0800 1110 222

Kostenfrei, bundesweit, täglich, rund um die Uhr. Online telefonseelsorge.de

Zum Anfang der Seite