Präses Dr. Tietze: „Verantwortung für Unantastbarkeit der Menschenwürde“
27. Februar 2015
Lübeck-Travemünde. Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) wird auch weiterhin Kirchengemeinden unterstützen, die Flüchtlinge nach sorgfältiger Prüfung durch die Gewährung eines Kirchenasyls vor menschenrechtlich unzumutbaren Gegebenheiten schützen. Einen entsprechenden Antrag des synodalen Ausschusses Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung hat die Landessynode der Nordkirche auf ihrer Tagung in Lübeck-Travemünde heute (27. Februar) angenommen.
In dem Antrag, dem die Landessynode mit großer Mehrheit folgte, heißt es: „Seit mehr als 30 Jahren praktizieren in Deutschland christliche Gemeinden Kirchenasyl. Auch in der Nordkirche greifen zahlreiche Kirchengemeinden, die sich für Flüchtlinge einsetzen, als letzte Möglichkeit auf das Kirchenasyl zurück, wenn andernfalls bei einer Abschiebung eine Verletzung von grundlegenden Menschenrechten droht. Damit folgen Kirchengemeinden einer alten, biblisch begründeten Tradition, dass Menschen in besonderen Notlagen in Kirchen Schutz finden.“
Neue Formen der Zusammenarbeit mit Bundesamt begrüßt
Die Synodalen begrüßten, dass bei Kirchenasylen neue Formen der Zusammenarbeit zwischen dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und den Kirchen zum Schutz Betroffener und zur Vermeidung von Härtefällen erprobt werden sollen.
Hintergrund ist das Ergebnis eines Spitzengesprächs zwischen Kirchen und Bundesamt am 24. Februar. Danach wird die Tradition des Kirchenasyls an sich vom Bundesamt nicht in Frage gestellt. Gleichzeitig wurde die Einführung einer verschärften Fristenregelung bis zum Herbst aufgeschoben. In dieser Zeit wollen Kirchen und BAMF eine neue Zusammenarbeit bei Kirchenasylfällen erproben. Die Kirchen verfolgen mit dem Kirchenasyl nicht das Ziel, den Rechtsstaat in Frage zu stellen.
„Mit Erleichterung und Respekt“ hat die Landessynode zur Kenntnis genommen, „dass der Bundesminister des Innern, Thomas de Maizière, seine Äußerungen, in denen er kirchliches Handeln in einen gedanklichen Zusammenhang mit der Scharia gebracht hatte, zurückgenommen hat und auch von der fundamentalen und prinzipiellen Ablehnung des Kirchenasyls Abstand genommen wurde“.
„Das Kirchenasyl entspricht unserer Verantwortung für die Unantastbarkeit der Würde eines jeden einzelnen Menschen, wie sie sich aus dem Grundgesetz der Bundesrepublik ableitet“, hob Präses Dr. Andreas Tietze hervor. „Es geht dabei nicht darum, den Rechtsstaat in Frage zu stellen, sondern um den Schutz von Menschen, die im Falle einer Abschiebung von Menschenrechtsverletzungen oder unzumutbaren Härten bedroht wären.“ Die Vorgänge und Debatten um das Kirchenasyl würden die Mitglieder der Landessynode sehr bewegen. Aus diesem Grund hätten sie dieses Thema kurzfristig auf die Tagesordnung gesetzt.