Tauschmodell

Ausgeliehene Pastorin: „Ich fühle mich in beiden Kirchen wohl“

In zwei evangelischen Kirchen fühlt sich Pastorin Regina Waack zuhause
In zwei evangelischen Kirchen fühlt sich Pastorin Regina Waack zuhause© iStock

04. November 2014 von Nadine Heggen

Flensburg. Es ist ein Novum in der Nordkirche: Die evangelische Pastorin Regina Waack predigt in einer methodistischen Gemeinde. Im Interview erklärt sie viele Gemeinsamkeiten – und einen großen Unterschied.

Seit dem 1. Juni hat sich für Regina Waack (56) viel verändert: Die Pastorin, die vorher die evangelische Gemeinde in Sörup betreut hat, predigt nun nicht mehr in einer Kirche, sondern in einem normalen Wohnhaus in Flensburg-Fruerlund. Ihre neue Gemeinde zählt etwa 100 Mitglieder, Angehörige und Freunde. Und wie lange ein Gottesdienst dauert, bestimmen die Besucher. Der Grund: Die Nordkirche hat Regina Waack für  drei Jahre an die methodistische Kirche in Flensburg „ausgeliehen“. Warum sie sich mit ihrer neuen Aufgabe pudelwohl fühlt, erklärt die Pastorin in einem Interview mit unserer Redakteurin Nadine Heggen.

Frau Waack, kann man als Lutheranerin einen methodistischen Gottesdienst gestalten? In Liturgie und Verkündigung gibt es doch sicher massive Unterschiede.

Regina Waack: Nein, das ist ein Irrtum. Theologische Unterschiede zwischen Lutheranern und Methodisten gibt es kaum. Und was die Liturgie betrifft: Die Methodisten sind sehr offen für Ökumene, da habe ich Freiräume. Aber ich finde die Liturgie der Methodisten gerade gut: In ihr ist viel Platz für Gemeinschaft und Austausch.

 

Wie spiegelt sich das wider?

Bis zur Predigt wird der Gottesdienst von einem Lektor oder einer Lektorin geleitet. Die Gemeinde wird begrüßt, es folgen zwei Lesungen aus der Bibel – ohne Auslegung. Dann, noch  vor der Predigt, gibt es einen großen Unterschied: Die Methodisten teilen im Gottesdienst ihre persönlichen Sorgen, aber auch Ängste anderer mit. Darüber hinaus werden sozialpolitische Probleme benannt. In Gebetsgemeinschaft wird dann für alle genannten Anliegen gebetet.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Kürzlich regte ein Gemeindemitglied an, für einen kranken Mann aus der Bekanntschaft zu beten, bei dem die Diagnose Krebs im Raum stand. Das haben wir getan. Als sich die Diagnose glücklicherweise nicht bestätigte, haben wir wieder zu Gott gebetet und uns bedankt. Die ganze Gemeinde hat sich für diesen Mann gefreut. Solche Momente sind toll.

Ist dieser Punkt in der Liturgie zeitlich begrenzt?

Nein. Mal haben die Gemeindemitglieder mehr, mal weniger auf dem Herzen. Meine Predigt im Anschluss fällt dafür kurz aus, so dass der Gottesdienst in der Regel eine Stunde nicht überschreitet.

Also mussten Sie sich schon in Ihren Gewohnheiten umstellen?

Ich habe immer schon kurz gepredigt. Aber meine Flexibilität ist jetzt gefordert, weil ich auf Anregungen aus der Gemeinde spontan reagieren muss. Anfangs hatte ich auch Angst, ich könnte bei meiner Predigt in Fettnäpfchen treten. Aber das ist nicht passiert, weil die Gemeinde so offen und humorvoll ist. Was für mich ebenfalls neu war: Nach der Predigt kann jeder, dem während des Gottesdienstes ein Licht aufgegangen ist, eine Kerze anzünden. Pro Gottesdienst werden zwischen zwei und fünf Kerzen angezündet. Ein wunderbarer Ritus, wie ich finde.

Er macht Ihren Erfolg oder Misserfolg aber auch sofort sichtbar.

Das stimmt. Aber das bekomme ich auch an anderer Stelle mit: Wenn ich keinen Erfolg habe, wird die Gemeinde kleiner. Die evangelisch-methodistische Kirche in Flensburg besteht seit über 150 Jahren. Ihr Einzugsgebiet reicht bis nach Husum, Schleswig und sogar St. Peter-Ording. Ich stehe mit der Gemeinde in ständigem Austausch. Gemeinsam bemühen wir uns um Wachstum. Und die Gemeinde hat mir signalisiert: Wir geben alle unser Bestes. Aber am Ende trägt Gott unsere Kirche.

Man merkt Ihnen an, wieviel Freude Ihnen Ihre neue Arbeit macht. Fühlen Sie sich am Ende bei den Methodisten wohler als bei den Lutheranern?

Ich fühle mich in beiden Kirchen wohl. An den Methodisten fasziniert mich ihr ausgeprägtes soziales Engagement und ihr Gemeinschaftssinn, der weit über die Grenzen der Kirchengemeinde hinausgeht. Unsere lutherischen Kirchen sind meistens zu groß, um den persönlichen Austausch so zu pflegen, wie es mir hier möglich ist.

Info: Das Tauschmodell

Regina Waack ist in der Nordkirche die erste Pastorin, die an eine evangelisch-methodistische Gemeinde abgeordnet wurde.  Früher wurde die Gemeinde in Flensburg von dem Pastor aus Kiel mitversorgt, der zwei methodistische Gemeinden betreute und  sonntags zwei Gottesdienste gestalten musste. Die Gemeindemitglieder in Flensburg fühlten sich nicht gut betreut, weil der Pastor beim anschließend üblichen Kirchencafé mit Sprechzeit immer fehlte. Einen Pastor in Vollzeit kann sie sich nicht leisten. Die Gemeinde schrumpfte.

So entstand die Idee, dass ein Pastor in Flensburg  jeweils eine methodistische und eine lutherische halbe Pfarrstelle betreut. Sonntags kann er  Gottesdienst mit der methodistischen Gemeinde feiern und wochentags Tätigkeiten in der lutherischen Kirche wahrnehmen. Waack kümmert sich neben der Gemeindearbeit noch um die lutherischen Prädikanten im Kirchenkreis.

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