Ehrenamtler in Hamburg

Beim Bürgermeister setzen sie sich für Flüchtlinge ein

Flüchtlinge aus Afrika: Zakaria Shahadu (2.v.l.), Kwame Damiel (3.v.l.), und Ismail Alhassan mit einem Passanten
Flüchtlinge aus Afrika: Zakaria Shahadu (2.v.l.), Kwame Damiel (3.v.l.), und Ismail Alhassan mit einem Passanten © Silke Nora Kehl / Evangelische Zeitung

28. Januar 2015 von Timo Teggatz

Hamburg. In der Kirchengemeinde Ottensen engagieren sich Ehrenamtliche für Flüchtlinge. Täglich bieten sie kostenlosen Deutsch-Unterricht an. In einem Brief fordern sie Hamburgs Bürgermeister auf, den Flüchtlingen ein neues Zuhause zu geben. Wie reagiert Olaf Scholz?

„Entschuldigung, kannst Du mir sagen, wie ich zum Bahnhof komme?“, fragt Ismail Alhassan. „Schon sehr gut“, lobt sein Deutschlehrer Lars Peters. „Aber bei fremden Personen müsst ihr die Höflichkeitsform benutzen: ‚Können Sie mir sagen‘, heißt es dann.“ Peters ist einer von sechs Ehrenamtlichen, die im Gemeindehaus von Christianskirche und Osterkirche Sprach-Unterricht für Flüchtlinge geben. Er gestaltet seine Deutschstunden sehr lebendig: Bei schönem Wetter geht er nach draußen und spielt mit den Schülern kleine Szenen durch.Peters mimt den Fremden, auf den sie zugehen sollen. Mal reagiert er überrascht, mal abweisend oder freundlich. Die Schüler sollen neben Grammatik auch freies Sprechen üben.

Meistens kommen täglich zehn Schüler, heute nehmen nur vier Männer am Unterricht teil: Isaak Opoku, Kwame Damiel, Zakaria Shahadu und Ismail Alhassan. Sie gehören zu den sogenannten Lampedusa-Flüchtlingen, die 2013 nach Deutschland kamen und in Hamburg Hilfe fanden. Ismail Alhassan (24) lebt inzwischen in einer Containerburg am Stadtrand – er fährt täglich von Billwerder-Moorfleet zum Unterricht nach Ottensen. „Ich möchte in Deutschland bleiben, hier arbeiten und die Sprache lesen, sprechen und schreiben können“, sagt der gebürtige Ghanaer.

"Bitte mehr hinschauen"

Lars Peters erklärt: „Wir wünschen uns von Politikern mehr persönliches Hinschauen, was das Schicksal der Flüchtlinge betrifft.“ Deswegen hat er zusammen mit anderen Ehrenamtlichen einen Brief an Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz geschrieben. „Darin  fordern wir ihn auf, den zigtausend Menschen, die als sogenannte Illegale in der Stadt leben, zeitnahe eine Chance auf Teilhabe zu bieten“, sagt Peters. Er ist der Ansicht, dass auf diese Weise der Fachkräftemangel hierzulande ausgeglichen werden kann. „Es kommen eben nicht nur gut ausgebildete IT-Fachleute aus Indien nach Deutschland, sondern Hunderttausende von Flüchtlingen. Und die brauchen Deutschunterricht und eine Ausbildung“, so Peters. Er ist dabei, Alhassan einen Praktikumsplatz bei einem Tischler zu vermitteln. Seiner Ansicht nach wäre das aber eigentlich Aufgabe der Politik.

Im Rahmen eines Senatsempfangs für über 1000 Flüchtlingshelfer, den Olaf Scholz vergangene Woche gab, überreichte Lars Peters ihm den Brief. Darin laden die Ehrenamtlichen den Hamburger Bürgermeister ein, bei einer Unterrichtsstunde in der Kirchengemeinde dabei zu sein. „Wir sind beeindruckt von dem Lebensmut und Lernwillen der Flüchtlinge“, heißt es in dem Schreiben.

Wie reagiert der Bürgermeister?

Der Bürgermeister habe den Brief bekommen, die Anliegen würden gewürdigt, und eine Antwort werde geschrieben, teilte Senatssprecher Christoph Holstein mit. Ob Olaf Scholz die Gemeinde besuchen könne, sei noch nicht klar. „Die Stadt arbeitet mit sehr viel Energie daran, Wohnungen zu bauen, die auch Flüchtlingen zur Verfügung stehen sollen“, so Holstein. „Dem Bürgermeister ist es wichtig, tüchtigen jungen Menschen Chancen auf ein Bleiberecht zu eröffnen. Ob Flüchtlinge in Deutschland arbeiten oder eine Ausbildung beginnen dürfen, bestimmen aber bundesweit geltende Gesetze. Hier hat Hamburg erreicht, dass Asylsuchende schneller arbeiten dürfen als bisher. Zudem finanziert die Stadt Integrationskurse auch für geduldete und Asylbewerber und geht damit deutlich über die Angebote des Bundes hinaus.“

Ismail Alhassan möchte gern in Deutschland bleiben. Seine verwitwete Mutter, vier Brüder und zwei Schwestern leben in Ghana. „Wenn ich Geld verdiene, will ich sie alle unterstützen“, erklärt er. Er sei der Kirche und den Pastoren sehr dankbar. „Und allen Menschen, die uns helfen.“  Der Deutschunterricht in der Gemeinde wird anteilig aus der Kollekte, Spendengeldern und Mitteln der Nordkirche finanziert. Aufgrund der positiven Erfahrungen wolle er „gern Deutscher sein“, so Alhassan. Zurzeit ist er hier aber nur geduldet; nach sechs Monaten läuft sein Status ab.

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