Ev. Stiftung Alsterdorf startet erstes Fortbildungsprojekt für Ärzte

Bessere medizinische Versorgung für Behinderte

Fortbildungsprojekt: Bessere medizinische Versorgung für Behinderte
Fortbildungsprojekt: Bessere medizinische Versorgung für Behinderte © iStockphoto, Dr. Heinz Linke

11. Juli 2012 von Simone Viere

Hamburg. Den richtigen Arzt für einen behinderten Erwachsenen zu finden ist schwer. Für die Behandlung sind nicht nur Geduld sondern auch spezielle Fachkenntnisse notwendig. Bezahlt wird der Einsatz nicht. In Hamburg beginnt jetzt ein Fortbildungsprojekt.

Für die Hamburgerin Gisela Koch (73) sind Arztbesuche mit ihrem Sohn ein besonderes Problem. Matthias Koch (46) ist von Kindheit an Spastiker und sitzt in einem Spezialrollstuhl. Schon eine einfache Kariesbehandlung ist nur unter Vollnarkose möglich. Ohne es zu wollen, könnte er mit seinem starken Beißreflex dem Zahnarzt die Finger brechen. Doch auf die Behandlung mit behinderten Menschen sind nur wenige Haus- und Fachärzte vorbereitet. Die Evangelische Stiftung Alsterdorf in Hamburg, Norddeutschlands größte Behinderteneinrichtung, startet im Herbst eine bundesweit einmalige Fortbildungsreihe für Mediziner.

Geeignete Ärzte zu finden ist gar nicht so leicht

Für geistig behinderte Menschen ist die Zeit der großen Heime vorbei. Doch in der Umgebung ihrer Wohngruppen müssen geeignete Ärzte gefunden werden - und das ist gar nicht so einfach. Finanziell ist die Behandlung behinderter Menschen für Ärzte meist ein Zuschussgeschäft. Sie brauchen für die Diagnose sehr viel mehr Zeit, die von den Krankenkassen nicht eigens vergütet wird. Besonders schwierig ist es, wenn die Patienten nicht sprechen können. Das Problem drängt, weil auch behinderte Menschen immer älter werden. So starben Menschen mit Down-Syndrom früher meist jung an Herzversagen. Eine frühe Herz-Operation kann heute ihre Lebenserwartung deutlich erhöhen.

Georg Poppele, Chefarzt für Innere Medizin am Evangelischen Krankenhaus Alsterdorf, weiß um die Problematik: Geistig schwerbehinderte Menschen könnten ihre Schmerzen oft nicht direkt ausdrücken. "Man bekommt nicht gleich eine Antwort." Stattdessen würden sie sich beispielsweise in der Wohngruppe zurückziehen. Notwendig ist daher eine gute Beobachtungsgabe der Betreuer. So wurde ein Patient mit einem Dickdarmverschluss auffällig, weil er sich zurückzog und nichts mehr aß. Auf den leichten Herzinfarkt eines Patienten wurden die Betreuer aufmerksam, weil er unvermittelt das Rauchen aufgab.

Es fehlen Angebote für Erwachsene

Es sei ein Irrtum zu glauben, so Poppele, dass behinderte Menschen ein geringeres Schmerzempfinden hätten. Eine Untersuchung von Patienten mit Oberschenkelhalsbruch habe jedoch ergeben, dass geistig Behinderte sehr viel weniger Schmerzmittel erhalten als andere, weil sie ihre Schmerzen seltener äußern. Es gebe aber auch spezifische Krankheiten: Menschen mit Down-Syndrom haben häufiger instabile Gelenke. Eine Down-Patienten habe deshalb nichts mehr gegessen, weil ihr Kieferngelenk kaputt war. Spastisch Gelähmte leiden häufig darunter, dass Magensaft in die Speiseröhre läuft und sogar in die Bronchien dringt. Außerdem leiden behinderte Menschen öfter als andere unter Depressionen und Demenz.

Gemeinsam mit dem Hamburger Verein "Leben mit Behinderung" hat die Ev. Stiftung Alsterdorf nun eine Initiative gegründet, um die ärztliche Versorgung der behinderten Menschen zu verbessern. Bis zum Alter von 18 Jahren seien sie von Kinderärzten und Sozialpädiatrischen Zentren vergleichsweise gut versorgt, sagt Martin Eckert, Geschäftsführer des Elternvereins. Es fehle aber an Angeboten für behinderte Erwachsene. Die Hamburger Ärztekammer unterstützt das Anliegen und fordert eine besondere Vergütung für die Behandlung von behinderten Erwachsenen.

Im Herbst beginnen Schulungen für Haus- und Fachärzte 

Das Ev. Krankenhaus Alsterdorf wird im Herbst konkret mit den ersten Schulungen für Haus- und Fachärzte beginnen. Eine Fortbildung für Spezialisten gebe es zwar bereits in Deutschland, so Poppele. Eine breit angelegte Schulung für Haus- und Fachärzte wie in Hamburg sei bundesweit jedoch einmalig. Ziel sei ein flächendeckendes Netz von Medizinern, die besondere Kenntnisse im Umgang mit Behinderten haben.

Auch Matthias Koch hat als spastisch Gelähmter oft Schmerzen in der Speiseröhre und musste daher eine Woche lang in der Hamburger Uni-Klinik behandelt werden. Das ging nur, weil seine Mutter ihn dort begleitete und übernachtete. Ansonsten ist sie froh, dass ihr Sohn im Vergleich zu seinem nichtbehinderten Bruder eher robust ist. Koch: "Sein jüngerer Bruder ist für normale Krankheiten viel anfälliger." 

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