Bischöfe gehen mit hunderten Gläubigen den ältesten Kreuzweg Deutschlands
14. April 2017
Lübeck. Erzbischof Dr. Stefan Heße und Bischöfin Kirsten Fehrs sind am Karfreitag (14. April) in Lübeck mit hunderten Gläubigen den ältesten Kreuzweg Deutschlands gegangen. Der diesjährige Kreuzweg stand unter der Überschrift „Was ist Wahrheit?“ und war eine von vier gemeinsamen Veranstaltungen im Rahmen des Ökumenischen Reformationsgedenkens „2017 gemeinsam unterwegs - Gottesdienst feiern“.
An der ersten Kreuzwegstation vor dem Relief „Jesus steht vor Pilatus“ der Jakobikirche erinnerte Erzbischof Heße an die Verurteilung Jesu durch den römischen Statthalter. „Die Wahrheit spielt keine Rolle, sondern die aufgeheizte öffentliche Meinung hat das Sagen. Jesu Leiden beginnt mit einer ungerechten Verurteilung“, so Heße. Auch heute, 2000 Jahre nach diesem Schuldspruch, warnte der Erzbischof vor negativer Stimmungsmache mit so genannten „alternativen Fakten“. „Wenn wir als Christen das Leiden Christi betrachten, ist das auch eine Aufforderung an uns, auf die wirklichen Fakten zu bauen und uns für die Wahrheit einzusetzen“, plädierte der Erzbischof in seiner Ansprache.
Bischöfin Kirsten Fehrs beendete den Kreuzweg auf dem Jerusalemsberg. Vor dem Relief „Jesus stirbt am Kreuz“ sagte sie: „Gemeinsam haben wir die Last des Kreuzes gespürt, die Last und den Schmerz von Jesus damals. Und die Not von so vielen heute, die Opfer sind von Unrecht, Gewalt und Terror. Das alles ist furchtbar wahr. Es ist furchtbar, dass Kinder in Syrien durch Giftgas unter den Händen wegsterben! Dass koptische Christen während eines Gottesdienstes einem Sprengstoffattentat zum Opfer fallen. Dass in Stockholm und Petersburg mörderische Anschläge verübt und damit auch Demokratie und Freiheit attackiert werden. Aber auch das ist die Wahrheit: dass in Jesu Tod nicht nur furchtbarer Schmerz liegt, sondern die Kraft, den Lebensfeinden zu widerstehen.“
Der Lübecker Kreuzweg wurde 1493 auf Wunsch des Kaufmanns Hinrich Konstin angelegt und gilt damit als der älteste in Deutschland. Nach der Reformation geriet der Kreuzweg in Vergessenheit, erst 1994 entdeckte ihn der katholische Lübecker Propst Helmut Siepenkort (1937-2007) per Zufall wieder und belebte die Tradition neu. Seit 2003/4 gehen und beten katholische und evangelische Christen den Kreuzweg gemeinsam.
Hintergrund „Gemeinsames Reformationsgedenken“:
Im vergangenen Jahr hatten Bischöfin und Bischöfe der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) und des Erzbistums Hamburg vereinbart, in vier gemeinsamen Gottesdiensten die Erinnerung an 500 Jahre Reformation zu nutzen, um ein gemeinsames Christusfest zu feiern. Diesem geistlichen Weg haben sich auch die drei regionalen Arbeitsgemeinschaften Christlicher Kirchen (ACK) in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein angeschlossen.
Im Zusammenhang mit dem Reformationsjahr wurde am Vorabend des 1. Advent am 26. November 2016 ein ökumenischer Licht-Gottesdienst im Schleswiger Dom gefeiert. Neben dem Ökumenischen Kreuzweg am Karfreitag in Lübeck wird auch zum gemeinsamen Oster-Vespergottesdienst im Hamburger Marien-Dom am 17. April eingeladen - ein besonderes Zeichen der christlichen Zusammengehörigkeit, weil 2017 das Osterfest in den „westlichen“ (katholisch, evangelisch) und „östlichen“ (orthodox) Kirchen auf dasselbe Datum fällt. Und am Pfingstmontag, 5. Juni, wird Schwerin zentraler Ort für einen ökumenischen Gottesdienst unter dem Motto „Gemeinsam die Stimme erheben“ sein.