Expertenkommission berufen – Konzept für Unterstützungsleistungen beschlossen

Bischöfin Fehrs: „Wir wollen uns auseinandersetzen, nicht distanzieren“

V.l.n.r.: Hauptpastorin und Pröpstin Dr. Ulrike Murmann, Ursula Enders (Zartbitter Köln e.V.), Frank Zabel (Pressesprecher der Nordkirche), Bischöfin Kirsten Fehrs und Amseln Kohn (Verein Missbrauch in Ahrensburg)
V.l.n.r.: Hauptpastorin und Pröpstin Dr. Ulrike Murmann, Ursula Enders (Zartbitter Köln e.V.), Frank Zabel (Pressesprecher der Nordkirche), Bischöfin Kirsten Fehrs und Amseln Kohn (Verein Missbrauch in Ahrensburg)© Evangelische Zeitung

07. September 2012 von

Hamburg. Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland hat gemeinsam mit dem Evangelisch-Lutherischen Kirchenkreis Hamburg-Ost eine unabhängige Kommission zur Aufarbeitung der Missbrauchsfälle (insbesondere in der Kirchengemeinde Ahrensburg) eingesetzt.

Zeitgleich beschloss die Nordkirche ein Verfahren für individuelle Unterstützungsleistungen für Missbrauchsopfer. Bischöfin Kirsten Fehrs (Sprengel Hamburg und Lübeck) hat heute (7. September) in Hamburg die beiden Konzepte vorgestellt.

Mit der Berufung der Experten-Kommission wird ein Grundsatzbeschluss der Nordelbischen Kirchenleitung vom März 2012 umgesetzt. Mit ihr soll eine möglichst nachhaltige und präventiv ausgerichtete Aufarbeitung der Auswirkung sexuellen Missbrauchs in Kirchengemeinden erreicht werden. Zur Kommission gehören Ursula Enders (Mitbegründerin und langjährige Leiterin von ‚Zartbitter Köln‘ e.V.), Prof. Dr. Julia Zinsmeister (Professorin für Zivil- und Sozialrecht an der Fachhochschule Köln), Petra Ladenburger (Rechtsanwältin), Martina Loersch (Rechtsanwältin), und Dr. Dirk Bange (Erziehungswissenschaftler).

Bischöfin Kirsten Fehrs: „Eine traumatisierte Institution kann eines nicht leisten – und das ist, sich selbst zu analysieren. Dafür muss eine unabhängige Kommission aus Expertinnen und Experten eingesetzt werden.“ Die Kirchenleitung der Nordkirche habe dies am 25. August einstimmig beschlossen, und der Vorsitzende Bischof Gerhard Ulrich setze sich auch in der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD) für dieses Vorgehen ein. Bischöfin Fehrs weiter: „Ich bin erleichtert, dass die Aufarbeitung von dieser Seite nun vertieft wird, weil wir unbedingt mehr Einsichten gewinnen müssen, wie ein ganzes ‚System Missbrauch‘ entstehen kann. Wir wollen uns auseinandersetzen, nicht uns distanzieren – das gilt auch für die Unterstützungsleistungen für Opfer in Anerkennung ihres Leids.“ Kommissionsmitglied Ursula Enders erläuterte in Hamburg: „Die Nordkirche dokumentiert nicht nur die Fälle, sondern nimmt die Auswirkungen sexualisierter Gewalt auf die Gemeinde und die Institution in den Blick. Damit setzt sie ein wichtiges Zeichen und übernimmt Verantwortung.“ Laut Ursula Enders wird ein solches Konzept zum ersten Mal in Deutschland umgesetzt. „Ich hoffe, dass von den Ergebnissen der unabhängigen Kommission auch andere Institutionen profitieren werden“, so Enders.

Individuelle Anerkennungs- und Unterstützungsleistungen für Missbrauchsopfer werden künftig in einem zweistufigen Verfahren entwickelt. Zunächst wird eine Beratungsmöglichkeit angeboten, in deren Rahmen so genannte „Lotsen“ die Betroffenen informieren und mit ihnen gemeinsam sehr konkrete Unterstützungsleistungen erarbeiten werden. Die „Lotsen“ kommen aus verschiedenen Bereichen der Opferhilfe und begleiten die Betroffenen während des Verfahrens. Anschließend wird eine vierköpfige Kommission mit den Betroffenen individuelle Unterstützungsleistungen vereinbaren. Die Einrichtung dieser Kommission geht auf einen Beschluss der Nordelbischen Kirchenleitung vom April 2012 zurück.

Bischöfin Fehrs: „Das Leid der Opfer ist ein lebenslanges Leid, das in keiner Weise finanziell entschädigt werden kann. Trotzdem muss es eine Anerkennung des erlittenen Leides und die Übernahme der Verantwortung kirchlicher Verfehlungen geben. Deswegen haben wir gemeinsam mit Opfern, Opferverbänden und insbesondere dem Verein ‚Missbrauch in Ahrensburg‘ an diesem Konzept gearbeitet.“ Anselm Kohn (erster Vorsitzender des Vereins Missbrauch in Ahrensburg und Vertreter der Initiative Missbrauch in Ahrensburg): „Durch die neuesten Beschlüsse der Kirchenleitung der Nordkirche sehen wir uns an einem wichtigen Meilenstein auf dem Weg der Aufarbeitung. Der Weg hierher war kein leichter. Darum begrüßen wir es, dass nach 30 beschwerlichen Monaten ein neuartiger und hoffentlich heilsamer Umgang mit dem Ahrensburger Fall gefunden wurde. Wir werden weiterhin den Prozess intensiv begleiten und stehen Ratsuchenden auch persönlich und selbstverständlich vertraulich zur Verfügung. Unter www.missbrauch-in-ahrensburg.de halten wir über weitere Entwicklungen auf dem Laufenden.“

Hauptpastorin und Pröpstin Dr. Ulrike Murmann begrüßte für den Kirchenkreis Hamburg-Ost die beiden Beschlüsse der Vorläufigen Kirchenleitung der Nordkirche ausdrücklich. „Wir freuen uns insbesondere darüber, dass es gelungen ist, den Betroffenen von Missbrauch in unserer Nordkirche eine angemessene Unterstützung für ihr erlittenes Leid eröffnen zu können – hierauf hatten wir mit Blick auf Ahrensburg von Beginn an unser Augenmerk gerichtet. Von der mit ausgewiesenen Fachleuten ausgestatteten Kommission versprechen wir uns als Kirchenkreis auch Hinweise für unser Präventionskonzept, an dem wir seit mehr als einem Jahr intensiv arbeiten. Mit den Beschlüssen der Vorläufigen Kirchenleitung wird auch dem Wunsch der Kirchengemeinde Ahrensburg nach Aufarbeitung und Unterstützungsleistung angemessen Rechnung getragen.“    

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