Bundespräsident Gauck ist Ehrenbürger von Rostock
10. August 2012
Rostock. Als "kostbares Geschenk" empfindet der Bundespräsident die Ehrung seiner Heimatstadt Rostock, wo Joachim Gauck als Pfarrer gegen die SED predigte. Seit Donnerstag, 9.8., ist Gauck Ehrenbürger der Hansestadt. "Ich finde es schön, dass Sie mich an eine Zeit erinnern, die die größte Zeit meines Lebens war", sagte der 72-Jährige vor den rund 900 Gästen in der voll besetzten Marienkirche. Die Ehrenbürgerwürde sei ein "kostbares Geschenk".
In seiner Dankesrede rief Gauck dazu auf, sich für Demokratie und Mitbestimmung einzusetzen. "Wir achten die Demokratie wegen ihrer Lernfähigkeit und Veränderbarkeit, und weil sie uns den Raum gibt, wir selbst zu sein", so der Bundespräsident. In der DDR habe er als Untertan gelebt, nicht als Bürger. Doch Menschen könnten Bürger sein, auch wenn sie 40, 50 Jahre Untertanen waren. Dem Publikum rief Gauck zu: "Trauen Sie sich, Bürger zu sein - mehr geht nicht!"
Laudatio: Unverwechselbare Rolle in der Umbruchzeit der DDR
Bevor der 72-Jährige sich ins Ehrenbuch der Stadt eintrug, hatte Christoph Kleemann, der von 1999 bis 2009 Leiter der Rostocker Außenstelle der Stasi-Unterlagen-Behörde war, in seiner Laudatio Gaucks Verdienste im Herbst 1989 hervorgehoben. Die Rolle des heutigen Bundespräsidenten in der politischen Umbruchszeit der DDR sei unverwechselbar "als ein Sprachrohr der Erniedrigten, die den aufrechten Gang übten". Gauck stehe für Freiheit, Zivilcourage, Verantwortung und Gestaltungswillen.
Kleemann erinnerte weiter an Gaucks Verdienste als Leiter der Bundesbehörde für Stasi-Unterlagen und seiner mit dieser Aufgabe verbundenen Vision einer "aufgeklärten Gesellschaft". In diesem Amt habe Gauck auch polarisiert. "Aber wer nicht bereit ist, zu polarisieren, hat nichts zu sagen", so Kleeman.
Propst Karl-Matthias Siegert: "Gauck hat Ehrenbürgerwürde verdient"
Gauck habe die Ehrenbürgerwürde verdient, sagte der evangelische Wismarer Propst Karl-Matthias Siegert, der Gast beim Festakt in der Marienkirche war. "Der heutige Bundespräsident und frühere mecklenburgische Pastor hat insbesondere in der Zeit der friedlichen Revolution 1989 eine wichtige Rolle in Rostock gespielt und zum friedlichen Verlauf der politischen Wende beigetragen", betonte Siegert.
Den Anstoß für eine Ehrenbürgerschaft Gaucks hatten insgesamt 23 Rostocker Bürger bereits lange vor seiner erneuten Nominierung für das Amt des Bundespräsidenten gegeben. Der Hauptausschuss der Hansestadt hatte das Vorhaben unmittelbar nach der Wahl Gaucks zum Bundespräsidenten vom 18. März befürwortet. Zuletzt hatte die Stadt Rostock im Jahre 1994 dem Schriftsteller Walter Kempowski die Ehrenbürgerwürde verliehen. Zuvor war seit 1816 weiteren 20 Persönlichkeiten diese Auszeichnung zuteil geworden.
Joachim Gauck wurde 1940 in Rostock geboren. Von 1971 bis 1990 war er in der mecklenburgischen Hansestadt Pastor. Von 1991 bis 2000 leitete er die Stasi-Unterlagenbehörde. Am 18. März hatte ihn die Bundesversammlung zum elften Bundespräsidenten in der Geschichte der Bundesrepublik gewählt.