Christlich-Jüdische Tagung: Ungezügelte Wirtschaft schadet den Menschen
10. März 2014
Kiel. Spitzenvertreter aus Judentum und Kirchen warnen vor einem zunehmend negativen Einfluss der Wirtschaft auf das Leben. "Unbegrenzte Märkte haben Europa an den Rand des Ruins gebracht, zumindest des finanziellen", sagte die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Irmgard Schwaetzer, am Montag in Kiel auf einer Tagung von EKD, katholischer Deutscher Bischofskonferenz sowie der Allgemeinen und Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland über "Die Rolle der Religionen in Europa".
Die Menschen spürten, dass das Funktionieren nach Marktregeln dem Leben keinen Halt gebe, erklärte die frühere FDP-Bundesministerin. Der Einfluss der Religionen auf die Gesellschaft werde daher weiter wachsen: "Marktkräfte bestimmen unser Leben. Aber je stärker nach Marktgesetzen, nach Konkurrenz, nach Effizienz gefragt wird, umso mehr wird auch danach gefragt, was diese Mechanismen eigentlich im Zaum hält." Die Rolle der Religionen sei daher, "Barmherzigkeit zu üben in einer ökonomisierten Welt, Orientierung zu bieten und Orte und Riten bereit zu halten".
Kirchenvertreter und Rabbiner unterstrichen im Kieler Landeshaus weiter die Bedeutung der Religionsfreiheit auch im öffentlichen Raum. Sie zeigten sich besorgt über laizistische Tendenzen. In seiner Begrüßung wies der Vorsitzende der Allgemeinen Rabbinerkonferenz Deutschland, Landesrabbiner Henry G. Brandt (Augsburg), darauf hin, dass die Religionen in einem immer säkularer werdenden Europa vor gemeinsamen Herausforderungen stehen.
Säkularisierung in Europa: "Religionen stehen vor gemeinsamen Aufgaben"
Bischof Heinrich Mussinghoff (Aachen) von der katholischen Deutschen Bischofskonferenz appellierte an Christen und Juden, sie müssten sich heute stärker an den europapolitischen Debatten beteiligen. Mussinghoff rief dazu auf, sich für ein Europa einzusetzen, "das sich nicht gegen andere abschottet, wie wir es auf Lampedusa und anderenorts immer wieder erleben", und für ein Europa, "das sich seiner Verantwortung für Israel und für eine Lösung des Nahostkonflikts stellt".
Zum Thema Beschneidung von Jungen oder Schächten von Tieren sagte Rabbiner Jona Pawelczyk-Kissin (Heidelberg) von der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschlands, dass "gerade die lebensnotwendigen Traditionen der jüdischen Gemeinschaft nach zweitausendjähriger Präsenz in Europa nun in Frage gestellt werden". Er würdigte zugleich die "ausgesprochen guten christlich-jüdischen Beziehungen". Christen und Juden müssten ihre gemeinsamen Werte in den gesellschaftlichen Diskurs einbringen.
Internet
Allgemeine Rabbinerkonferenz Deutschland: <link http: www.a-r-k.de>www.a-r-k.de; Deutsche Bischofskonferenz: <link http: www.dbk.de>www.dbk.de; Evangelische Kirche in Deutschland: <link http: www.ekd.de>www.ekd.de; Orthodoxe Rabbinerkonferenz Deutschland: <link http: www.ordonline.de>www.ordonline.de; Deutscher Koordinierungsrat: <link http: www.deutscher-koordinierungsrat.de>www.deutscher-koordinierungsrat.de