6. Juli 2015 | Welt

Da ist noch Luft nach oben!

06. Juli 2015 von Kirsten Fehrs

Impulsvortrag „Hat Gott Humor? – Über das Lachen in Bibel und Kirche" zur Eröffnung der Sommerkirche in Welt.

Danke für die Einladung zur Eröffnung der Sommerkirche; ich bin sehr gern nach Welt gekommen! Es ist immer ein wunderbarer Ort, diese Welt des Gesprächs, der Freundschaft, der Anregung und des Blues – nun denn, heute auch noch mit Humor. Hat gar Gott Humor? – Über das Lachen in Bibel und Kirche.

Dazu hatte ich Lust, freue mich darauf – und bin schon mittendrin. Lachen verträgt sich nämlich nicht mit schlechter Laune und Niedergedrücktheit. Schon physisch nicht. Denn wer lacht, kann nicht anders, als sich aufzurichten. Die Luft muss doch irgendwo hin! Lachen überfällt einen wie die Liebe des Lebens. Es ist impulsiv, lässt sich nicht zwingen, hat etwas Rätselhaftes. Es enthebt uns unserer Kontrolle  - und ist nicht umsonst unerhört gesund. Das wusste auch schon Luther. In seinen Tischreden heißt es (ich habe jetzt etwas weniger Derbes ausgesucht): „Ich sollt so fröhlich sein, dass ich vor Freude sollt ganz gesund sein und sollt nicht können kranck werden vor Freuden.“ Recht hat er: entlädt sich im Lachen bekanntermaßen nicht nur manch psychische Spannung, sondern treibt es überdies Herzschlag und Blutdruck hoch  - und dann gleich wieder herunter. Laut ärztlichem Bulletin tut es den Lungen gut, fördert die Verdauung und ist ein Ventil überschüssiger Kraft, eine Wohltat für Körper und Seele.“

Na bitte- ich bin also froh hier zu sein und nach Kräften für Ihre Gesundheit zu sorgen----

Obwohl ich doch so evangelisch bin….

Denn mal ehrlich: In puncto Humor ist bei uns doch wirklich noch Luft nach oben?! Buchstäblich.

Kein Zufall, dass der Kabarettist auf dem Kirchentag vor sich in feixt: Ich bin so froh, dass ich nicht evangelisch bin.

Nicht ganz von der Hand zu weisen. Wir Protestanten haben uns schließlich fünf Jahrhunderte ernsthaft bemüht, nicht allzu heiter zu sein – und das erfolgreich! Wir sind eher genant in unseren Kirchen, was das ungehemmte Freuen angeht. Und erst das Lachen!

Denn schließlich geht es ja auch um etwas Ernstes-

Die frohe Botschaft nämlich….

Ich finde allerdings, es würde nicht schaden, wenn man uns dies auch ein wenig mehr anmerken würde. Als würde Gott allen Ernstes etwas gegen die Äußerung von Lebenslust und Freude einzuwenden haben!

Die ganze Bibel ist, wenn man sie genau anschaut, voll davon. Geschichten, in denen sich etwas dreht. Löst. Von bitterem Ernst in Erleichterung und befreite Heiterkeit. Und das ist was anderes als Spaß, obwohl der auch Spaß macht. Ernsthaft befreiend ist, natürlich!, auch nicht das so genannte homerische Gelächter, bei dem man sich wie die Götterwelt auf dem Olymp auf Kosten des gehörnten, hässlichen und auch noch lahmenden Hephaistos kreischend laut und hämisch ins Fäustchen lacht.

Nein, ohne Hohn, befreiend sind wunderbare Geschichten in der Bibel wie die von Sara. Und die geht so: Da sitzt die einigermaßen betagte Sara hinterm Zelt und wäscht vielleicht gerade ab. Und dann kommen drei Männer, Engel Gottes, wie sich herausgestellt. Allerdings noch im Zustand ohne Flügel. Und typisch Mann, Abraham lädt sie in sein Zelt und Sara soll sie bedienen. Na, prima. Und wo soll sie jetzt so schnell Mais hernehmen und Zwiebeln und Knoblauch und Melonen? So grummelt sie vor sich hin und hört plötzlich, wie sie drinnen über sie reden. Sara wird übers Jahr ein Kind gebären, sagt einer der Engel. Haha, denkt die Geschichte, es geht ihr ja gar nicht mehr nach der Frauen Weise! Haha, denkt Sara, geht‘s noch? Männer!

Und dann passiert etwas in ihr. Denke ich.

Sie hält inne. Wie lange hat sie sich ein Kind gewünscht. So vergeblich. So traurig. Hoffnungslos. Und irgendwann war es so, wie es war. Man arrangiert sich. Wäscht ab. Macht, was getan werden muss.

Und nun das. Mit allem hat Sara gerechnet, nur nicht mit dem Leben.

Sara wird übers Jahr einen Sohn gebären, sagt der Engel wieder. Denn bei Gott ist nichts unmöglich.

Na, der hat Humor, denkt Sara. Und fängt auf einmal an zu schmunzeln. Kichert. Gluckst. Gniggelt. Lacht schließlich.

Du hast gelacht, Sara, sagt der Engel – komm hervor. Und Sara denkt: „Schiet, das hat sich jetzt wohl nicht gehört …“ und sagt: „Nein, nein ich habe nicht gelacht.“

Und jetzt kommt die schönste Antwort eines Engels:

Doch, du hast gelacht. Gut so. Fürchte dich nicht.


Fürchte dich nicht vor dem Lachen.

Denn dann passiert`s mit dem Frühlingserwachen. Dem neuen Leben. Weiß der Himmel: vielleicht hat das Lächeln sie wieder so schön gemacht wie ein junges Mädchen, Sara gebiert jedenfalls ein Kapitel weiter einen Sohn. Isaak mit Namen. Den kann man auch übersetzen: Gott lacht mit.

Keine Frage, Gott hat Humor. Und zwar keinen, wenn man trotzdem lacht. Sondern einen, der etwas weiß von den Tiefen im Leben. Der weiß, dass es Zeiten gibt, in denen einem so überhaupt nicht nach Lachen ist. Weil es ja wirklich so viel zu betrauern gibt. Gerade jetzt in dieser Welt. Und Trauer hat seine Zeit. Braucht seine Zeit. Muss raus. Damit auch irgendwann wieder die Liebe wieder ihre Zeit haben darf und das Glück. Und damit das Friedenssehen nicht erstickt vor lauter Betroffenheit.

Und also ist es auch Gott selbst, der mit geht durch Trauer und finsteres Tal. Unser christlicher Glaube ist ja getragen von dem Gedanken, dass Gott aufgehört hat, nur ein Gedanke zu sein. Er ist menschgewordene Anteilnahme, dem nichts, aber auch nichts Menschliches fremd ist. Angst nicht und Not und Tod und Fremdheit nicht. Er ist eben gerade kein Gott von oben herab, sondern Gott aus der Tiefe. Einer der mitfühlt, mit-leidet – ein (so die griechische Übersetzung) sym-pathischer Gott. In der hellenistischen Umgebung vor 2000 Jahren war dies eine unerhörte Narrheit, eine Torheit! Zumal dieser menschenfreundliche Gott fortan den Christenmenschen ins Herz schreibt, dass sie ihrerseits Sympathie entfalten, dass sie Mensch werden, wie er, Gott, auch.

Wie diese Torheit nun mit dem Humor zusammengeht?

Ich möchte Ihnen dazu eine Geschichte vom vergangenen Kirchentag erzählen. Auf dass wir klug werden! Feierabendmahl mit Familien, über 250 Kinder sind dabei. Ich darf die Tischrede halten. Und noch besser: Der Clown Massimo und seine Gloria führen durch den Abend. Wunderbar, ein Pastorenehepaar aus Bayern, mit roten Nasen und herzhaftem Witz. Massimo hat von zu Hause aus Rom einen Brief bekommen, von MAMMMA. Hm! Spaghetti Bolognese und Pizza, bueno. Unterschrieben hat zwar Papa Paulus, aber eindeutig: Der Römerbrief ist von Mamma geschrieben. Und die beiden zeigen, was da steht: Haltet euch das Böse vom Leib. Seid geschwisterlich. Und ganz besonders fein: Werft euch dem, nein: DER Guten in die Arme!

Als Massimo und Gloria nach dem Essen mit großen Augen auf ihre leeren Mägen schauen – sie haben soo Hunger und Durst, ach Spaghetti Carbonara und Aqua-Fanta – und dann eine kleine Spielpause einlegen wollen, um den Spannungsbogen zum Bibeltext richtig auszuspannen, da halten das die Kinder nicht aus. Von allen Seiten kommen sie, um Massimo und Gloria zu essen und zu trinken zu geben. Und es war dann ein ehrlich gerührter Clown als er den Brief von Mama weiter vorlas:

Haltet durch, wenn ihr in Not seid. Im Beten gebt nicht nach. Teilt, was ihr habt, mit den heiligen Geschwistern, denen das Nötigste fehlt, nehmt Fremde auf. Teilt Trauer. Und teilt die Freude!

Der Humor ebenso wie unser Glaube hat eine eigene Kraft. Beide erreichen unsere Herzen. Und dies vor allem dadurch, dass sie sich mit der Widersprüchlichkeit unserer Existenz befassen. Sie gehen in die wohltuende, gesunde Distanz. Sie durchkreuzen, wenn man so will, die Verfestigung der Bitternis. Und der Bedrückung.

„Du hast meine Trauer verwandelt in einen Reigen, Gott“  so beschreibt es in wunderschöner Poesie Psalm 30. Ich schrie zu dir und da machtest du mich gesund. Du hast mich von den Toten heraufgeholt und hast mir den Sack der Trauer ausgezogen und mich mit Freude gegürtet, dass ich dir lobsinge und nicht stille werde.“

Hier wird etwas zutiefst Menschliches beschrieben, das wir alle kennen: Dass nach Trauerzeit ohne Lachen und Tanzen, dass nach Monaten, einem Jahr gar, dass es diesen einen Moment gibt, der ist wie ein neuer Morgen! Ein erster Moment, in dem durch ein blitzendes Lachen die Dominanz der Realität durchbrochen, zerteilt, in jedem Fall relativiert wird. Es löst sich die Macht des Todes – auch von der Seele. Und es entsteht auf einmal wieder Weite. Interesse am Leben. Aufgestanden! Aufgestanden in den Morgen, raunt es in einem.

Und haargenau das ist auch der Sinn des liturgischen Ausdrucks dieser Theologie, des Osterlachens: Aufrichtender Humor.  Von jeher hatten am Ostermorgen deshalb die Priester die Pflicht, die Menschen so zum Lachen zu bringen, dass sie sich im wahrsten Sinne kringeln. Und weil man sich irgendwann den Bauch halten muss, muss man aufstehen, aha! Also: keine Kalauer. Sondern geist-reicher Witz. Der dient zudem dazu, sich von der eigenen Bedeutsamkeit zu erholen. Beispielhaft dazu Papst Johannes XXIII. Ihn amüsierte es, dass er ob seiner ausgiebigen Spaziergänge im Vatikangarten ‚Johnny Walker‘ genannt wurde. Er war beliebt wegen Bonmots wie folgendem: „Ich bin zwar jetzt unfehlbar, gedenke aber nicht, Gebrauch davon zu machen.“ Oder: Als sich ein Bischof ob der schweren Verantwortung bei ihm beklagt, sagt er mitfühlend: „Das ging mir genauso. Doch dann sah ich im Traum meinen Schutzengel, der mir zuraunte: „Giovanni, nimm dich nicht so wichtig… Seitdem schlafe ich wieder.“ Zum Humor gehört eben auch – das ist so heilsam – eine gehörige Portion Selbstdistanz und Selbstkritik.

Deshalb nicht schlafen dagegen konnte ein junger evangelischer Pastor (Vorsicht, das wird jetzt ein Witz!), wenn er predigen sollte. So fragt er schließlich den Apotheker, was er gegen sein Lampenfieber tun könnte. Der rät ihm, vor dem Spiegel zu üben und jedes Mal einen Schnaps zu trinken, wenn er das Zittern bekäme. Nachdem er siebzehn Mal gezittert hat, besteigt er die Kanzel. Nach Beendigung der Predigt verlässt der Pastor unter anhaltendem Applaus stolz die Kanzel und fragt tags darauf den Apotheker, wie der die Rede fand. Grandios, sagt dieser, nur wären da einige Fehler gewesen, die er vielleicht in Zukunft vermeiden sollte: Eva hat Adam nicht mit der Pflaume verführt, sondern mit dem Apfel. Dann war es nicht der warmherzige Bernhardiner, sondern der barmherzige Samariter. Und am Schluss heißt es nicht „Prost!“, sondern Amen.

Geht doch. Auch wenn die Katholiken uns in Punkto Humor um einiges voraus sind. Einen Witz haben sie mir erzählt, was mich ermutigt, Ihnen den nicht vorzuenthalten: Möchte der Papst (aus Diskretion hierzu keine weiteren Angaben) auch einmal dem modernen Lifestyle nachgeben und plant einen Saunabesuch. Darauf sein Adlatus: „O tempora, o mores, Eure Heiligkeit. An allen Abenden in der Woche gibt es nur noch Gemischt-Sauna!“ Antwortet der Papst gelassen: „Ach, das macht doch nichts, die paar Evangelischen….“

Wohlgemerkt: Witze in friedvoller Ökumene haben etwas enorm Entlastendes und Gesprächsförderndes. Doch fraglos sind jene unverfänglicher, die sich überkonfessionell um die Tierwelt und das Leben im Himmel bemühen, also insbesondere um die letzten Dinge: Kommt eine Katze in den Himmel. Sagt Petrus: „Arme Katze, hast du unten auf der Erde immer von Fischgräten gelebt und Abfall. Hier nun im Himmel soll´s dir wohlergehen. Was ist dein Wunsch?“ „Oh“, sagt die Katze freudig überrascht, „schon immer wollte ich ein Samtkissen haben, um meine Samtpfoten darauf betten zu können.“ Gewünscht, getan. - Wenige Ewigkeiten später kommt eine Mäusefamilie in den Himmel. Petrus wieder: „Arme Mäuse, habt ihr in kalten Kirchen nur Krümel bekommen und Käserinden. Was ist euer Wunsch, dass es euch wohl ergehe?“ „Ach wir wollten immer schon mal Rollschuhe haben, um schneller laufen zu können“. Gewünscht, getan. – Als Petrus bei einem Rundgang auf die Katze trifft, die selig auf ihrem Samtkissen liegt, fragt er: „Und, liebe Katze, wie gefällt´s dir hier?“ „Mmmh“, maunzt sie wohlig, „wenn ich das gewusst hätte, wäre ich schon früher gekommen. Doch das allerbeste hier, das allerbeste ist das Essen auf Rädern“.

An der Grenze zwischen dem ersten und letzten, wenn man denkt, der Himmel ist auf Erden, wenn einem die Worte fehlen für Glück und Schmerz – dann kann das Lachen eine so befreiende Kraft haben! Und zwar gerade weil es über die Oberfläche des Vergnügens hinausgeht. Denn Gott lacht – nicht über Sara. Sondern mit ihr. Und uns. Spürt ihr‘s auch? Gottes Humor will Leben – mit nichts Geringerem sollten wir rechnen. Ich danke Ihnen.

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