Hamburgs Sozialsenator will unsinnige Ein-Euro-Jobs abschaffen

Diakonie fordert Gesamtkonzept für Niedriglohnsektor

Ein-Euro-Jobber in Halle. (epd-Archiv, Symbolbild)
Ein-Euro-Jobber in Halle. (epd-Archiv, Symbolbild)© epd-Bild, Steffen Schellhorn

18. März 2014 von Simone Viere

München/Hamburg/Berlin. Hamburgs Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) will Ein-Euro-Jobs abschaffen, die mit der wirklichen Arbeitswelt nichts zu tun haben. "Wenn Kanus von Jungerwachsenen zwar gebaut werden dürfen - die Kanus aber auf dem Wasser nicht fahren dürfen. Wenn Bilder auf Wände zwar gemalt, aber dann wieder überstrichen werden müssen. Wenn Altkleider zwar an Bedürftige abgegeben, nicht aber geändert werden dürfen, dann stehen wir vor einer Infantilisierung der Arbeitsmarktpolitik", heißt es in einem Brief Scheeles an den Bundesrechnungshof, aus dem die "Süddeutsche Zeitung" zitiert.

Zweckfrei zu arbeiten, sei für Hartz-IV-Empfänger "nicht motivationsfördernd", schreibt der SPD-Politiker. 

Das Diakonische Werk Hamburg sieht in Ein-Euro-Jobs grundsätzlich keine Lösung. Es sei unrealistisch, alle Erwerbslosen in den ersten Arbeitsmarkt vermitteln zu können, sagte Diakonie-Vorstand Gabi Brasch. Es müsse deshalb in der Arbeitsmarktpolitik grundsätzlich umgesteuert und konsequent in öffentlich-geförderte, marktnahe und sozialversicherungspflichtige Arbeit investiert werden. Auch sollte die Quartiersarbeit in den benachteiligten Stadtteils Hamburgs grundsätzlich mit der Arbeitsförderung verknüpft werden.

Diakoniechef  fordert Gesamtkonzept für Niedriglohnsektor

Diakoniepräsident Johannes Stockmeier forderte indes ein Gesamtkonzept für den Niedriglohn-Bereich. "Auch nach der Mindestlohndebatte werden wir die Frage des Niedriglohnsektors nicht hinter uns haben", sagte er dem epd in Berlin. Den Vorstoß des Hamburger Sozialsenators Detlef Scheele (SPD) zur Abschaffung von Ein-Euro-Jobs nannte Stockmeier einen wichtigen Gedankenanstoß. Er gehöre aber in den größeren Zusammenhang des Niedriglohnsektors. Dazu fehle eine Gesamtaussage.

Es sei klar, dass Teile der Bevölkerung nicht von ihrer Arbeit existieren könnten, sagte der Diakoniechef. Gesellschaftliche Teilhabe müsse auch für Menschen gestaltet werden, die auf dem regulären Arbeitsmarkt keine Chance haben. "Der reguläre Arbeitsmarkt ermöglicht diese Teilhabe offensichtlich nicht." Daher sei ein zusätzliches System von öffentlich geförderter Beschäftigung notwendig.

Niedriglohnsektor: "Noch keine überzeugende Antwort gefunden"

Die Diskussion um Ausnahmen für den Mindestlohn mache deutlich, dass noch keine überzeugende Antwort auf die Frage gefunden worden sei, wie es überhaupt mit dem Mindestlohnsektor aussehe, sagte Stockmeier, der an der Spitze der Diakonie Deutschland steht. "Es wäre aller Anstrengungen wert, ein Gesamtkonzept zu stricken für diejenigen, die im Erwerbsleben Schwierigkeiten haben und nicht voll mithalten können", erklärte der Theologe.

Auch der Bund der Steuerzahler sprach sich für die Abschaffung der Ein-Euro-Jobs aus. "Untersuchungen zeigen, dass Ein-Euro-Jobs nicht dazu geeignet sind, Arbeitslose nachhaltig in den Arbeitsmarkt wiedereinzugliedern", sagte eine Sprecherin. Sie verdrängten zudem häufig reguläre Arbeitsplätze. Das wirkungslose Instrument gehöre daher abgeschafft.

"Arbeitslose müssen das gute Gefühl haben, dass sie etwas Sinnvolles tun"

Die Bundesagentur für Arbeit sieht dagegen lediglich Verbesserungsbedarf. Nach den geltenden Bestimmungen müssen Ein-Euro-Jobs im öffentlichen Interesse und wettbewerbsneutral sein. Diese Regelungen zwängen die Jobcenter dazu, peinlich genau darauf zu achten, dass Ein-Euro-Jobber eine zusätzliche Aufgabe übernehmen, sagte Bundesagentur-Vorstandsmitglied Heinrich Alt der "Süddeutschen Zeitung": "Das führt automatisch zu marktfernen Parallelwelten." Arbeitslose müssten jedoch das gute Gefühl haben, dass sie etwas Sinnvolles tun "und keine Schwalben auf Helgoland zählen", kritisierte Alt.

Nötig seien Angebote, die Langzeitarbeitslose "zum Arbeitsmarkt hin- und nicht von ihm wegführen", ohne reguläre Beschäftigung zu verdrängen. Dafür müssten lokale Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften, Kommunen und Handelskammern jeweils pragmatische Lösungen finden.

Zahl der Ein-Euro-Jobber deutlich gesunken

Der Bundesrechnungshof, Adressat von Scheeles Brief, achtet seit Jahren darauf, dass die Jobcenter den Ein-Euro-Jobbern zusätzliche Aufgaben im öffentlichen Interesse zuweisen. Scheele, der eine Kopie seines Briefes Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) geschickt hat, plädiert dafür, die Kriterien weniger streng auszulegen, ohne damit reguläre Stellen zu gefährden.

Die Zahl der Ein-Euro-Jobber ist dem Bericht zufolge jüngst deutlich gesunken. Nach der Einführung 2005 seien im Schnitt 300.000 Hartz-IV-Empfänger gefördert worden, inzwischen seien es nur noch 84.000

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