Humanitäre Nothilfe

Diakonin Constanze Funck hilft Libyen-Flüchtlingen in Hamburg

Mitten drin: Constanze Funck ist auch dabei, als sich US-Vizekonsul Robert Stevens (vorne rechts) mit Andreas, dem Sprecher der Flüchtlings-Gruppe, unterhält. Der Ghanaer berichtet, wie er nach Hamburg kam und beschreibt, welche Hilfe er sich erhofft.
Mitten drin: Constanze Funck ist auch dabei, als sich US-Vizekonsul Robert Stevens (vorne rechts) mit Andreas, dem Sprecher der Flüchtlings-Gruppe, unterhält. Der Ghanaer berichtet, wie er nach Hamburg kam und beschreibt, welche Hilfe er sich erhofft.© Julia Reiss, Evangelische Zeitung

20. Juni 2013 von Simone Viere

Hamburg. Im Büro ist es morgens um halb neun noch ruhig, aber die rote Lampe am Anrufbeantworter blinkt bereits. "Schon sieben Nachrichten", seufzt Constanze Funck (24). Sie ist Sozialarbeiterin und Diakonin und wurde vor drei Wochen von der Nordkirche als Koordinatorin beim Projekt "Lampedusa in Hamburg" eingesetzt.

So bezeichnet sich eine Gruppe von etwa 300 afrikanischen Flüchtlingen, die seit Anfang des Jahres in Hamburg leben. Die ehemaligen Wanderarbeiter, die während des Libyen-Krieges nach Europa geflohen waren, lebten acht Wochen in Hamburg auf der Straße. Inzwischen finden sie in der St. Pauli-Kirche Unterschlupf und werden von hilfsbereiten Bürgern mit Spenden versorgt. Auch viele Nachbarn helfen. Sie teilen Frühstück aus oder übernehmen die Nachtwache in der Kirche. Um die Bedürfnisse der Männer und die Hilfsangebote unter einen Hut zu bringen, hat die Nordkirche Constanze Funck eingestellt. Sie hat vor kurzem ein halbes Jahr lang in einem Flüchtlingscamp auf Malta gearbeitet.

Weder Tagesablauf noch Arbeitszeiten sind planbar

"Im Büro bin ich eigentlich kaum, ich bin mehr vor Ort", erzählt die 24-Jährige. Meist habe ihr Tag ein paar feste Termine, der Rest ergebe sich spontan. Weder Tagesablauf noch Arbeitszeiten sind bei ihr derzeit planbar. "Das macht aber nichts, es muss so sein", sagt Funck.: "Viel wichtiger als feste Arbeitszeiten ist mir die Freude an der Arbeit."

Sie vereinbart einen Zahnarzt-Termin für einen Flüchtling. "Auch Ärzte haben sich bei uns gemeldet und Hilfe angeboten, das ist toll!" Per SMS schickt sie dem Afrikaner, der seit ein paar Tagen starke Zahnschmerzen hat, die Wegbeschreibung zur Praxis. Funck arbeitet im Team von Fanny Dethloff, Flüchtlingsbeauftragte der Nordkirche. Es ist selten, dass beide gleichzeitig im Büro sind. Doch heute treffen sie sich kurz am ovalen Konferenztisch im gemeinsamen Büro und tauschen sich über aktuelle Anfragen und Termine aus. Ständig klingelt eins ihrer Handys oder Festnetztelefone.

"Wie kann ich helfen?" - Viele Angebote kommen aus dem Stadtteil

Um elf Uhr steht Bernard Doku vor der Tür. Der Ghanaer war lange Zeit Chefarzt in einem norddeutschen Krankenhaus. "Wie kann ich helfen?", hatte er gefragt und sich an Fanny Dethloff gewandt. "Es ist toll, wenn wir unter unseren Helfern einen Landsmann haben, zu dem die Männer vielleicht etwas mehr Vertrauen haben als zu uns", sagt Pastorin Dethloff. Das größte Problem sei derzeit, die Afrikaner von der Notwendigkeit einer individuellen Beratung zu überzeugen. Die würden sie aus Angst vor einer Identitätsüberprüfung und Abschiebung bislang generell ablehnen.

Funck macht sich um zwölf Uhr auf den Weg zum Hauptbahnhof: "Am Info-Zelt der Gruppe gucke ich regelmäßig vorbei." Eine Dauermahnwache ist eingerichtet. In dem weißen Zelt können sich Passanten informieren. Auch viele Flüchtlinge kommen, da sie die Kirche tagsüber verlassen. Funck begrüßt die Männer fröhlich, scherzt und nimmt sich Zeit für Gespräche. Einen Mann fragt sie nach seinem Asthma-Medikament, erklärt ihm, wo er mehr bekommen kann.

Funck: "Es ist nicht leicht, sich abzugrenzen"

Nach einer guten Stunde geht es weiter mit der S-Bahn Richtung Reeperbahn. "Ich nutze die Fahrtzeit für Notizen oder meine Mailbox." Immer wieder rufen Menschen an und fragen, wo sie Spenden abgeben können. "Es ist nicht immer leicht, sich abzugrenzen, denn die Leute rufen auch spät abends und am Wochenende an", sagt sie. An der St. Pauli-Kirche trifft Funck auf den Küster, Philippe Köster. Der freundliche Mann mit dem dichten Bart strahlt Gelassenheit aus. "Alles okay, wir hatten heute Nacht etwas über 70 Männer in der Kirche", berichtet er. Eine Anwohnerin organisiert seit kurzem einen Wasch-Service unter Nachbarn. "Das klappt gut", freut er sich.

Gemeinsam gehen sie in die Kirche, hängen neue Blätter an die Info-Pinnwand: Hygiene-Tipps, Stationen des Zahnmobils und Arzt-Adressen. Die bisher gesammelten Spenden - Kleidung, Schuhe, Isomatten, Decken - wurden in einen anderen Raum gebracht. "Das stapelte sich hier zu hoch", sagt Funck. Inzwischen ist der Kirchgarten belebt: Helfer treffen sich in der "Botschaft der Hoffnung", einem großen, gelb-weiß gestreiften Gartenzelt. Es gibt Kuchen, Musik läuft. Im Hintergrund erteilt eine ältere Frau aus der Nachbarschaft Deutschunterricht. Drei Männer sitzen im improvisierten Freiluft-Klassenzimmer unter jahrhundertealten Linden.

Deutsch lernen im Kirchgarten unter Linden

Für Constanze Funck bleiben nur wenige Minuten, um ihren Laptop zu holen, denn der nächste Besuch steht an: Der amerikanische Vize-Generalkonsul Robert Stevens möchte sich über die Situation informieren. Gemeinsam mit Pastor Sieghard Wilm empfängt Funck den Diplomaten. Nach einstündigem Hintergrundgespräch im Pfarrgarten zeigen sie ihm die Kirche, und neben der "Botschaft der Hoffung" unterhält sich der Konsul mit Andreas, einem der Sprecher der Flüchtlingsgruppe. 

Für die Koordinatorin läuten die Glocken um fünf noch längst nicht zum Feierabend. Sie begleitet später noch ein Treffen der ehrenamtlichen Helfer in der Kirche. Und am Abend steht sie einer Gemeinde Rede und Antwort, die überlegt, ebenfalls Flüchtlinge aufzunehmen. Wenn sie anschließend mit der S-Bahn nach Hause fährt, wird sie für heute die letzten Nachrichten auf ihrer Mailbox abhören.

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