Er malt den Prolog zum Johannes-Evangelium
17. Oktober 2014
Meggerdorf. Sein Arbeitsplatz ist genauso ungewöhnlich wie seine Werke: Ivar Radowitz hat aus einer kleinen Kapelle sein Atelier gemacht. Dort malt er Bemerkenswertes: den Prolog zum Johannes-Evangelium.
Wer den Maler Ivar Radowitz in Meggerdorf bei Rendsburg besucht, sollte Zeit mitbringen. Zeit für seine Kunst, seine Geschichte und sein ungewöhnliches Zuhause. Die kleine weiße St. Johannis-Kapelle kaufte der 78-Jährige vor zehn Jahren der Kirchengemeinde Bergenhusen ab und funktionierte sie mit seiner Frau zu einem Atelier um. Hier kann der Besucher auch eine Bilderserie betrachten, die Radowitz besonders am Herzen liegt: Seit 1997 malt er an 18 Aquarellen, die den Johannes-Prolog darstellen und die er zum Reformationsjubiläum ausstellen will.
Im Kirchenschiff herrscht kreatives, aber geordnetes Chaos: Radowitz’ Aquarelle lehnen und hängen an den Wänden – hinter jedem steckt eine eigene Geschichte. Vor dem großen Fenster steht ein Schreibtisch, übersät mit Skizzen und Büchern. In der Mitte wärmt ein Lehmofen den kühlen Raum. Der massive Altar hat noch seinen gewohnten Platz in der hintersten Ecke der Kapelle. Ihn schmückt ein Aquarell, an dem Radowitz ein Jahr lang malte und das für ihn besonders große Bedeutung hat.
Die Bibel faszinierte ihn schon in jungen Jahren
Das Bild zeigt einen Kreis, in dem viele kleine rote, violette und gelbe Kugeln akurat angeordnet sind. Über den Kugeln hat Radowitz in dünnen Lettern den zweiten Teil des 17. Verses aus dem Johannes-Prolog geschrieben: „Die Gnade und Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden“ – ein Satz, der in seiner Einfachheit und Klarheit besticht, findet Radowitz.
Der gelernte Schriftsetzer, der bei Zeitschriften und beim NDR als Grafiker arbeitete, ist kein Theologe. Aber die Bibel, wie Martin Luther sie übersetzt hat, faszinierte ihn schon in jungen Jahren. „Während meines Kunststudiums in Stuttgart und Hamburg hatte ich bereits Kontakt zu Theologieprofessoren“, so der Maler, der in Bayern aufwuchs.
Früher malte Radowitz im Kirchturm von St. Katharinen
Was ihn an der Theologie so fasziniert, dass er sich sogar in seinen Werken mit ihr auseinandersetzt? Radowitz lässt den Blick aus dem Fenster in den Garten schweifen und sagt dann: „Die Natur hat mir schon früh viel gegeben, mich inspiriert, mir gut getan. Ich empfinde die ganze Schöpfung als ein sichtbares, unendliches Zeichen von der Größe und Macht unseres Vaters im Himmel.“
Gerade in den knappen Sätzen des Johannes-Prologs erkenne er die positive Botschaft von Gott und seinem Sohn. Die 18 Verse hätten ihn beflügelt und geistig vorangebracht. Erste Bleistiftskizzen zu seinen 18 Bildern entstanden bereits 1997. Damals malte er noch im Kirchturm von St. Katharinen in Hamburg. Das letzte Bild ist noch in Arbeit, aber zum Reformationsjubiläum 2017 soll es fertig sein.
Kräftige Farben, feine Pinselstriche
Die Serie besticht durch kräftige Farben und feine, akkurate Pinselstriche. Bei den ersten Aquarellen sind Schrift und Bild noch klar getrennt, die Verse haben ihren Platz in festen Rahmen. Mit jedem weiteren Werk fließen Schrift und Bild mehr ineinander. Bewusst entschied sich Radowitz gegen gegenständliche Malerei. So kann jeder in seinen Bildern etwas anderes sehen.
Nun hofft er darauf, dass die Kirche Interesse zeigt und sich ein geeigneter Ausstellungsraum findet. Radowitz wünscht sich einen Ort, an dem viele Menschen seine Bilder sehen können – und ein bisschen von der positiven Energie spüren können, mit denen er sie gemalt hat.