Der große Flüchtlingstreck von Süderbarup

Erinnerung an Proteste gegen schleppende Eingliederung der Ostpreußen-Flüchtlinge

Karte mit den Fluchtwegen aus Ostpreussen 1945
Karte mit den Fluchtwegen aus Ostpreussen 1945© epd-bild/akg-images/Peter Palm

05. August 2013 von Doreen Gliemann

Kiel. Ihr Plan erregte damals bundesweit Aufsehen: Mehr als 30.000 ostpreußische Flüchtlinge wollten 1952 mit einem Treck von Schleswig-Holstein nach Süd- und Westdeutschland gegen ihre schleppende Eingliederung protestieren. Start sollte Süderbrarup (bei Schleswig) sein. Der Kieler Kirchenhistoriker Stephan Linck hat jetzt Dokumente gefunden, dass die maßgebliche Unterstützung aus der evangelischen Kirche kam. Sie protestierte hinter den Kulissen und initiierte eine Hilfsaktion, so dass der Treck am Ende überflüssig wurde.

Im Jahre 1950 lebten in Schleswig-Holstein aufgrund der Flüchtlingsströme aus dem Osten rund 70 Prozent mehr Menschen als vor dem Krieg. In Niedersachsen waren es 52 Prozent mehr, in Baden dagegen nur sechs Prozent und in Rheinland-Pfalz sogar ein Prozent weniger. Rund 90.000 Flüchtlinge lebten im Norden überwiegend in Barackenlagern, wo sie sich die Räume meist mit anderen Familien teilen mussten. Bereits 1949 war eine erste bundesweite Umverteilung umgesetzt worden. Die zweite stockte jedoch, weil die aufnehmenden Bundesländer sich wehrten.

Süderbrarup war einer der Orte, die besonders überfüllt waren. Die Einwohnerzahl hatte sich von 2.200 im Jahr 1939 auf 4.300 im Jahr 1950 erhöht. Arbeit gab es in der strukturschwachen Region nicht. "Süderbrarup ist das schwärzeste Notstandsgebiet der ganzen schleswig-holsteinischen Ostseeküste", heißt es in einem Brief der Bischöfe Reinhard Wester (Schleswig) und Wilhelm Halfmann (Kiel) an ihre Amtskollegen in Süd- und Westdeutschland.

Der Flüchtlingsbeauftragte von Süderbrarup, Kurt Dahn, kam daher 1952 auf die Idee, nach dem Flüchtlingstreck von 1945 vor der russischen Armee einen zweiten Flüchtlingstreck durch Deutschland zu organisieren. Die Vertriebenen sollten in die Städte und Kreise in Süd- und Westdeutschland ziehen, wie es der Plan der Bundesregierung ursprünglich vorsah.

In einem Brief an die Kirchenleitungen in Württemberg, Baden und der Pfalz signalisierten die Bischöfe Wester und Halfmann Unterstützung für das Anliegen der Flüchtling. Es sei ein "Aufstand gegen die Not" und es sei Aufgabe der Kirche, den Hilfsbedürftigen beizustehen. Die Sorge, hier würden "kommunistische Einflüsse" zur Geltung kommen, sei im übrigen völlig unbegründet.

Rat der Evangelischen Kirche setzte sich für neue Lebensperspektiven ein

Rund 34.000 Umsiedlungswillige hatten sich bereits in eine Liste eingetragen, um sich am Treck durch Deutschland zu beteiligen. Die Planung wurde von den Medien aufgegriffen. Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland wandte sich an die Bundesregierung und die Länder. Sollten die Vertriebenen "im Wege der Selbsthilfe eine Besserung ihrer Lage erzwingen", sei weiterer Unfrieden im Land zu befürchten.

Das Schreiben der schleswig-holsteinischen Bischöfe ist aus Sicht des Historikers Linck ein großer Erfolg gewesen. Gemeinsam mit der Wirtschaft folgten eine Vielzahl von kirchlichen Initiativen, so dass zahlreiche Umsiedlungen erfolgen konnten. Am Ende verzichteten die Organisatoren in Süderbrarup auf ihr Vorhaben. Die Treckbewegung, so Linck, habe mit Unterstützung der evangelischen Kirche "einen Schwenk in der Gesellschaft ausgelöst". Die Politik sei erfolgreich unter Druck gesetzt worden, neue Lebensperspektiven für die Heimatvertriebenen aufzubauen.

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