Erster Versöhnungsgottesdienst zum sexuellen Missbrauch
26. Juni 2014
Hamburg. Mit einem bewegenden Kerzen-Ritual, Fürbitten und spiritueller Sufi-Musik haben Vertreter der Nordkirche und Missbrauchsopfer am Mittwochabend, 25. Juni, in Hamburg den ersten Versöhnungsgottesdienst zum sexuellen Missbrauch gefeiert. Die Kirche habe versagt und der Gewalt nicht Einhalt geboten, sagte Bischöfin Kirsten Fehrs in der evangelischen Hauptkirche St. Katharinen vor mehr als 100 Besuchern. Fehrs: "Abgeschlossen wird dieses Thema für uns als Kirche nie sein."
Der Versöhnungsgottesdienst war von Corinna Boller initiiert worden, die von Ende der 70er-Jahre bis Mitte der 80er-Jahre durch ihren Ahrensburger Pastor sexuell missbraucht worden war. "Das Vergangene ist vorbei", sagte sie während des Kerzen-Rituals. Gott habe die zerrissenen Fäden ihrer Liebe auch zu den Menschen der Kirche wieder neu gewebt. Jeder der Besucher trug dabei eine Kerze in den Altarraum.
"Der Weg war dornig und tat oft weh."
Mit dem Missbrauch habe die Kirche ihre Mitte, Jesus Christus selbst, verlassen, sagte die Bischöfin in ihrer Predigt. In mehr als zwei Jahren sei aber durch viele Gespräche mit den Opfern und Mails Vertrauen gewachsen. "Der Weg war dornig und tat oft weh." Es sei hart gewesen, zu begreifen, was wirklich passiert sei. "Missbrauch und Gewalt in den Räumen, wo empfindsames Leben geschützt sein sollte."
Der Gottesdienst sei kein Schlussstrich, betonte Hauptpastorin Ulrike Murmann in ihrer Begrüßung. Die Beteiligten stünden mitten in einem langen Prozesse. "Wir öffnen eine neue Tür und wagen diesen Schritt."
Hauptpastorin Ulrike Murmann: "Wir öffnen eine neue Tür"
Der Ahrensburger Pastor Dieter K. hatte eingeräumt, dass er seit Anfang der 70er Jahre über Jahrzehnte hinweg Jugendliche missbraucht hatte. Öffentlich bekanntmacht wurden die Taten erst 2010 maßgeblich durch Corinna Boller. Der pensionierte Pastor hat die Kirche inzwischen auf eigenen Wunsch verlassen und damit einen Teil seiner Pensionsansprüche verloren. Bischöfin Maria Jepsen trat im Juli 2010 zurück, um nach eigenen Worten "ein öffentliches Zeichen" gegen sexuellen Missbrauch zu setzen.