Weihnachtswort

Es waren einmal drei Sterndeuter

© cstar55 / iStockphoto

23. Dezember 2012 von Doreen Gliemann

Weihnachten 2012. Mag sein, Sie haben gerade eine Tasse Kaffee vor sich. Und einen Moment Ruhe. Gut so. Jetzt ist es Zeit, Zeit zu haben. Für sich. Für die, die Sie von Herzen lieben und auf deren Besuch Sie sich vielleicht gerade jetzt freuen. Weihnachten ist eine Sternstunde. Nicht nur der eigenen Familie. Es ist eine Sternstunde der Menschheit, in der Gott aufscheinen lässt, was er uns über das ganze Leben hin schenkt: die Zeit zum Atemholen. Das Glück, jemanden lieben zu können. Das Kind, so sehnsüchtig erwartet. Die gute Hoffnung, an die man kaum mehr glauben mochte. Segen.

Es begibt sich auch zu unserer Zeit. Die Sternstunde der Menschheit geschieht auch Weihnachten 2012. Und ich weiß zugleich: Es gibt so viel Dunkelheit. Gewalt. Getötete, geschundene, traurige Kinder, Männer, Frauen. In Syrien. Im heutigen Bethlehem, überhaupt in Israel/Palästina. In Connecticut, mein Gott. Doch gerade weil es so ist, dürfen wir uns doch nicht damit abfinden! Ich merke vielmehr, bei so vielen Menschen in letzter Zeit, dass in ihnen ein Sehnen wächst. Ein Sehnen, nach den Sternen des Friedens zu greifen. Ein Sehnen nach Segen und Stille in dieser tobenden Welt.

Dieses Sehnen hat Menschen aller Zeiten bewegt, aufzubrechen. Innerlich getrieben davon, dass Gott doch, bitte, in den Menschen die Klugheit vermehre und ihren Friedenswillen. So haben sich aufgemacht auch die berühmten drei Könige, kundige Seher und sehnsüchtig Suchende zugleich. Sie kennen sicher die Geschichte. Doch nicht die biblische, sondern die Version des neunjährigen Michael möchte ich Ihnen mitgeben. Denn er hat sie so wunderbar verstanden…

Die Geschichte von den drei Sterndeutern

Es waren einmal drei Sterndeuter, die eines Nachts einen wunderschönen Stern sahen. Sie waren richtig begeistert, denn sie verstanden etwas davon. Sie sagten: „Das muss ein Königsstern sein, einer, der über die Erde regieren wird.“ Und so zogen sie los nach Jerusalem.

Aber der König Herodes dort wollte von einem neuen König nichts wissen. Er war in heller Aufregung und rief: „Meine Frau hat keinen König geboren. Ich habe sie doch heute Morgen noch gesehen!! - Doch wenn ihr ihn gefunden habt, dann kommt zurück und sagt mir, wo er ist“. Das sagte Herodes aber nur so zum Schein. Darum sagt man auch scheinheilig zu solchen Leuten.

Die Weisen gingen nach Bethlehem und  haben dem Jesuskind Weihrauch, Myrrhe und viel Gold geschenkt – das kann man ja immer brauchen. Und sie sind dann nicht mehr nach Jerusalem zurück, sondern haben einen großen Bogen um Herodes gemacht. Na klar, der war scheinheilig und heimtückisch. Mit so was darf man sich nicht zusammentun. Und so ist Herodes dumm geblieben…"

"Ich wäre gern der Stern"

Michael hat viele Nacherzählungen wie diese geschrieben. Aber er hat sie nie vorgelesen. Er war zu schüchtern dazu. In der Jugendgruppe war er immer zurückhaltend. Klug, aber blass. Eines Tages dann wollten wir die Weihnachtsgeschichte spielen. Jeder suchte sich seine Rolle aus. Maria, Engel, Hirten, der Floh im Eselsohr, alle fanden ihre Rolle. „Und, Michael, was willst du spielen?“ „Ich wäre gern der Stern“, antwortete er. „Wie spielt man denn einen Stern?“ frage ich ihn. „Ganz einfach“, sagt er leise, „man stellt sich auf einen Stuhl und strahlt.“

Und das hat er dann auch gemacht. Zaghaft zunächst, mit geröteten Wangen, dann jedoch immer klarer hat er sich zu erkennen gegeben, ganz allein dort oben auf der Bühne auf einem Stuhl, still, ein wenig einsam und unerhört freundlich. 

Nicht nur eine persönliche Sternstunde. Hier zeigt sich die ganze Tiefe der Weihnachtsgeschichte: Gott wird offenbar im Menschlichen. In der Wahrhaftigkeit, mit der man sich dem Leben stellt. Ohne dass dies viele Worte braucht. Die schüchterne Nähe, das gestolperte Gebet, das ehrliche Zugeständnis, an die eigenen Grenzen gekommen oder gar schuldig geworden zu sein – all das hat in unserer Gesellschaft Seltenheitswert. Dabei wäre es so klug! Eine Offenbarung geradezu. Doch zu viele hängen an der eigenen Macht, am Geld, an sich selbst. Michael hat Recht. Menschen wie Herodes, die sich ausschließlich um sich selbst drehen, bleiben eigentümlich dumm…

Nicht so die drei Weisen. Mit ihnen gemeinsam schauen wir heute das Kind in der Krippe. Still liegt es da in der Nacht, klein, ein wenig einsam – und unerhört freundlich. Das ist der Allmächtige! Seine Menschlichkeit ist unsere Rettung. Immer wieder. Auch Weihnachten 2012.

Vor kurzem traf ich übrigens Michael wieder. Er ist heute ein junger Mann Anfang dreißig, in der Krebsforschung tätig – und immer noch ein wenig schüchtern. Als ich ihn fröhlich begrüße und sage: „Weißt du noch, deine Sternstunde?“ Da nickt er bloß und sagt, sparsam wie immer: „Habe selten so geschwitzt“. Und strahlt.

Ich wünsche Ihnen von Herzen frohe Weihnachten!

Bischöfin Kirsten Fehrs

Anmerkungen

Das Weihnachtswort der Bischöfin haben wir mit freundlicher Genehmigung zur Veröffentlichung aus der Weihnachtsausgabe der Mecklenburgischen & Pommerschen Kirchenzeitung übernommen:

<link http: www.kirchenzeitung-mv.de link-extern>www.kirchenzeitung-mv.de/

Die Nacherzählung der Geschichte von den drei Sterndeutern findet sich in Auszügen abgedruckt auch in:

Uwe Seidel: Fällt ein Stern aus der Bahn
Weihnachten in neuen Geschichten, Legenden, Meditationen und Liedern
Düsseldorf 1988, S. 68

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