Debatte über Friedensethik und Flüchtlinge

Evangelischer Kirchentag fordert ein Ende des Sterbens im Mittelmeer - Streitpunkt militärische Intervention

Kirchentagspraesident Andreas Barner, der frühere UN-Generalsekretaer Kofi Annan und Bundesaussenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD, v.l.) beim Kirchentag-Podium "Die Welt ist aus den Fugen. Wer übernimmt Verantwortung in Krisen und Konflikten?"
Kirchentagspraesident Andreas Barner, der frühere UN-Generalsekretaer Kofi Annan und Bundesaussenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD, v.l.) beim Kirchentag-Podium "Die Welt ist aus den Fugen. Wer übernimmt Verantwortung in Krisen und Konflikten?"© epd-bild/Friedrich Stark

07. Juni 2015 von Doreen Gliemann

Gewalt sei nie eine Lösung, aber manchmal nötig, sagt der EKD-Ratsvorsitzende Bedford-Strohm. Das sehen Kofi Annan und Außenminister Steinmeier ähnlich - aber bei weitem nicht alle Teilnehmer des zu Ende gehenden Kirchentags.

Friedensethik und Flüchtlinge: Zehntausende Christen haben auf dem evangelischen Kirchentag über drängende internationale Probleme debattiert. Kirchentagspräsident Andreas Barner forderte ein Ende des Flüchtlingssterbens im Mittelmeer. Der frühere UN-Generalsekretär Kofi Annan mahnte eine humane Flüchtlingspolitik an. Gestritten wurde über die Frage, ob in Krisengebieten militärisch interveniert werden dürfe. 

Bedford-Strohm: Gewalt bringt nie eine Lösung - ist aber manchmal nötig, um die Vernichtung von Menschen zu verhindern

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, sagte, Gewalt bringe "nie eine Lösung", sei aber manchmal nötig, um die Vernichtung von Menschen zu verhindern. Der Rat der EKD hatte 2014 Waffenlieferungen an die Peschmerga im Nordirak und "den Einsatz militärischer Gewalt zum Schutz vor Vertreibung und Massenmord" in der Region für grundsätzlich legitim erklärt. In einem Flüchtlingslager dort habe er mit Menschen gesprochen, die ohne diese Intervention nicht mehr am Leben wären, berichtete Bedford-Strohm am vorletzten Tag des Stuttgarter Protestantentreffens. 

Frank-Walter Steinmeier: Wegschauen ist keine Lösung

Auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) verteidigte die Waffenlieferungen an die Kurden. Auf dem Kirchentag warb er für eine aktive Rolle Deutschlands bei der Bewältigung internationaler Konflikte. "Wegschauen, Nichtstun, Heraushalten scheint manchmal eine verlockende Alternative für viele." Aber das dürfe sie auch aus christlichen Überzeugungen nicht sein.  

Annan betonte, in Afghanistan, dem Irak und Libyen seien die Grenzen militärischen Eingreifens aufgezeigt worden. Manchmal sei der Einsatz von Gewalt gerechtfertigt. Doch sei es viel besser, Konflikte anzugehen, bevor sie zu bewaffneten Auseinandersetzungen eskalierten. 

Der Tübinger Konfliktforscher Markus Weingardt sprach sich gegen bewaffnete Interventionen aus. Es gebe keinen Konflikt, in dem Mittel der zivilen Krisenbewältigung eingesetzt worden wären, kritisierte er in Stuttgart. In der Innenstadt demonstrierten Friedensaktivisten mit einer Menschenkette für den Abzug von Atomwaffen aus Europa und für die Schließung zweier US-amerikanischer Kommandozentralen. 

Kofi Anan: Ich bitte Sie dringend, den Weg der Menschlichkeit weiterzugehen

Der frühe UN-Generalsekretär Annan betonte, das Zuwanderungsproblem könne nicht einfach mit höheren Zäunen oder einer Politik der Abschottung gelöst werden. Migration könne nicht gestoppt werden. Deutschland sei in dieser Frage vergleichsweise offen und habe viele Migranten aufgenommen, die vor Gewalt und Armut geflohen seien: "Ich bitte Sie dringend, diesen Weg der Menschlichkeit weiterzugehen", rief der frühere Generalsekretär der Vereinten Nationen unter dem Beifall von rund 10.000 Besuchern. 

Kirchentags-Resolution zur Seenotrettung von Flüchtlingen

Kirchentagspräsident Barner verwies auf eine Resolution des am Sonntag zu Ende gehenden Kirchentages, die eine umfassende Seenotrettung im Mittelmeer und legale Wege nach Europa fordert. Es müsse Wege geben, Asylsuchende nicht einer lebensgefährlichen Überfahrt auf miserablen Schiffen auszusetzen. In Deutschland wiederum müssten Menschen willkommen geheißen werden, die Hilfe benötigten. 

Ex-Bischöfin Margot Käßmann kritisierte, Europa tue derzeit alles, um Menschen daran zu hindern aufzubrechen. Dabei sei es großartig, dass Menschen den Mut hätten, alles zu verlassen und sich auf Neues einzulassen. "Ich bin überzeugt, die Bibel kann uns lehren, Migration neu zu denken", sagte die frühere EKD-Ratsvorsitzende laut Manuskript. 

Kurz vor Ende des fünftägigen Protestantentreffens bezeichnete der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) die Trennung zwischen evangelischen Kirchentagen und Katholikentagen für überholt. "Wir sollten das grundsätzlich gemeinsam machen", sagte der Katholik Kretschmann den "Stuttgarter Nachrichten". 

Vertreter der württembergischen Landeskirche und der Stadt Stuttgart übergaben den Kirchentags-Staffelstab an ihre Kollegen in Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Im Jahr des Reformationsjubiläums 2017 findet der 36. Evangelische Kirchentag in Berlin und Wittenberg statt. 

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