26. April 2016 | Ökumenisches Forum Hafencity

Ferienfreizeiten - Freiräume für Erkenntnisse

26. April 2016 von Kirsten Fehrs

Grußwort zur Fachtagung für Mitarbeitende in der Kinder- und Jugendarbeit zum Thema ´Ferienfreizeiten unter der empirischen Lupe: Praxis, Politik, Perspektiven – Ein Tag für das, was auf Freizeiten geschieht‘

Liebe Schwestern und Brüder,

sie gehörten zu den Höhepunkten meines kirchlichen Jugendlebens. Die fast drei Wochen Jugendfreizeit im Sommer, an einem der vielen Seen Finnlands. Internationale Jugendbegegnung mit „ff“: frommen Finnen, aber auch Schweden und Engländern. Überall, wohin man guckte, interessierte Quirligkeit, Sprachversuche mit Händen und Füßen, lässiges Abhängen, Volleyball im Mückensturm, verträumtes Gitarrenspiel und natürlich auch verliebte Momente. Morgens Bibelarbeit, immer wieder tränenrührendes Singen – Sie glauben gar nicht, wie schön Schweden singen können! - , Lachen über Unsinn, schließlich der Segen am Abend mit Mitternachtssonne. Sie merken: Ich weiß das alles noch ganz genau, und das ist immerhin fast 40 Jahre her: Die Faszination dieser Gemeinschaft, die sich kaum kannte. Die Gerüche. Vierfruchtmarmelade. Die Kälte an der Haut, wenn man im See schwimmen ging. Brieffreundschaften, die über Jahrzehnte gehalten haben.

Es waren Wochen voller vieler einzelner Höhepunkte. Buchstäblich auch, weil ich mir in punkto Mutprobe nicht die Blöße geben wollte und vom 10-Meter-Brett gesprungen bin. Das war nicht so angenehm, aber immerhin in Helsinki … Wesselburen in Dithmarschen dagegen wäre piefig gewesen, und das Schwimmbad dort hatte eh nur einen Dreier.

Für mich waren die Jugendfreizeiten - auch die, die ich dann später selbst mit wachsender Begeisterung als Teamerin mitgemacht habe, immer ein enormer Schub an Erkenntnis. Erkenntnis zuvorderst über die Welt der anderen und natürlich über die Welt in anderen Ländern, Erkenntnis, oder besser: Annäherung zu Gott hin und die vielseitigen Formen, ihn ebenso zu verehren wie er zu befragen war.

Und das ist ja auch kein Wunder, sondern schließt nahtlos an das an, was die Bibel uns über religiöse Erfahrungen lehrt: Diese Erfahrungen ereignen sich nämlich normalerweise in der Fremde und nicht zu Hause. Von Abraham, der aus seinem Vaterhause auszog über Mose bis hin zu Jesus und seinen Jüngern – alle zogen sie fort, sie alle zogen sich auch zurück, und das durchaus nicht immer einsam, sondern in einer kleinen Gemeinschaft. Ganz klassisch jene Szene aus Lukas 8, wo seine Mutter und Brüder zu Jesus kommen, er sie aber nicht sehen will. Und gleich anschließend die Szene: „Und es begab sich, dass er in ein Boot stieg mit seinen Jüngern und er sprach zu ihnen: Lasst uns über den See fahren!“ Es folgt die Stillung des Sturms. Zugespitzt gesagt: Religiöse Erfahrungen macht nur, wer sich den Stürmen aussetzt, die jenseits des Zuhauses lauern. Das gilt für Erwachsene, aber umso mehr für Heranwachsende.

Und so komme ich wieder auf meine eigenen Erlebnisse mit den Ferienfreizeiten zurück: Natürlich waren sie immer auch ein Weg der Erkenntnis zu mir selbst hin. Wer bin ich und wenn ja, wie viele – Kirche schenkte mir mit ihren Frei-Zeiten tatsächlich viel mehr als irgendeine sommerliche Ferienidylle. Sie schenkte mir Freiheit, aus dem bekannten familiär und schulisch geprägten Rollengefüge herauszutreten und Zeit, dem individuellen, nun korsettlosen Ich einen Halt zu geben, um nicht zu sagen: eine Haltung. Dabei war die Begegnung mit dem fremden Anderen, sei er ff oder sie beseelte Taizé-Anhängerin, schwarz oder scharfzüngig, unmusikalisch oder schlechtgelaunt – ein „Eck-Wert“, an dem es sich prächtig den Unterschied anerkennen ließ. Fremdheitserfahrung und Identitätssuche schlossen sich gerade nicht aus, sondern bewegten sich aufeinander zu. Die Heterogenität war wie ein immerwährender Impuls, den eigenen Metamorphosen nicht ausgeliefert zu sein, sondern in und mit ihnen erwachsen zu werden.

Naja, wenigstens halbwegs J…

Darum bin ich fest überzeugt: Wir brauchen Ferienfreizeiten, weil sie zu den letzten Spiel- und Experimentierräumen von Kindern und Jugendlichen in einer immer stärker verschulten und durchgetakteten Alltagsstruktur gehören. Sie sind eine andere Welt. Dem Alltag enthoben geschehen <link https: de.wikipedia.org wiki en_passant>en passant Bildungsprozesse ganz verschiedener Art. Übrigens nicht nur bei den Teilnehmenden, sondern auch bei den ehrenamtlichen Mitarbeitenden - und ich bin sicher, auch bei den Hauptamtlichen. Es gilt unbedingt, diese Lernräume als zu schützende Art zu erhalten und zu stärken, finanziell und personell –auch deswegen, damit die Kirche den Kontakt hält zur jungen Generation.

Damit das alles eine solide Grundlage hat, ist der Beitrag der Wissenschaft unverzichtbar: Manche praktische Erfahrung und Intuition kann gestärkt werden, manche wird in Frage gestellt – für die Weiterentwicklung brauchen wir mehr als die Einzelerfahrung und das „Kochen im eigenen Saft“. Ich danke den Veranstalter_innen für diese Initiative und freue mich, dass Sie sich in dieser Tagung der analytischen Reflexion und Diskussion annehmen. Mögen hieraus Ideen und Kraft für Zukünftiges wachsen! So gemeint wünsche ich Ihnen für diese Fachtagung Segen am Morgen und danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

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