Landesbischof Ulrich: „Einsatz für die Schwachen und für die Wahrheit“

Festgottesdienst 850 Jahre Christentum auf Rügen

Landesbischof Gerhard Ulrich
Landesbischof Gerhard Ulrich© Marcelo Hernandez / Nordkirche

01. Juli 2018 von Maren Warnecke

Rügen. „Kirche ist mehr als die sichtbare Struktur der Institution oder Organisation. Ihre Bedeutung entscheidet sich nicht zuerst an Zahlen, Statistiken, medialer Aufmerksamkeit. Ihre Bedeutung entscheidet sich daran, dass Menschen, die erfasst sind von Gottes Wort den Mund auftun für die Schwachen und Elenden; die streiten für die Wahrheit; die einander und den Fremden begegnen mit Respekt; die tatsächlich die Würde jedes Menschen unangetastet lassen.“ Mit diesen Worten würdigte Gerhard Ulrich, Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche), heute (1. Juli) das Engagement der Christinnen und Christen auf Rügen.

Am Ökumenischen Festgottesdienst 850 Jahre Christentum auf Rügen am Hochuferweg zum Kap Arkona nahmen zahlreiche haupt- und ehrenamtliche Mitarbeitende der Evangelischen Kirchengemeinden Nord-Rügen und Wiek, der katholischen Kirchengemeinde St. Bonifatius sowie Einheimische und Touristen teil.

Epochenwechsel durch eine neue Gesellschaftsordnung

In seiner Predigt erinnerte Gerhard Ulrich an die kriegerischen Auseinandersetzungen im 12. Jahrhundert um die Insel Rügen. Heidnische Seeräuber standen damals dem dänischen König Waldemar I. und seinem Verbündeten, Sachsenkönig Heinrich dem Löwe gegenüber. Sie beschlossen, die Insel Rügen zu christianisieren und so dauerhaft zu befrieden. Die Folge waren sowohl Schwertmission und Herrschaftssicherung als auch ein Epochenwechsel, so Ulrich. Es entstanden Klöster, Bibliotheken, der Zugang zu Bildung, systematischer Ackerbau, Kirchenmusik. „Vor allem aber und mit allem kam die Bibel, das Wort Gottes, und mit ihr die Botschaft von der Gottebenbildlichkeit des Menschen, von dem unverfügbaren Wert eines jeden, das heißt doch auch die Ebenbürtigkeit von Frau und Mann – im Heidentum nicht denkbar, im Christentum unendlich oft verraten.“

Die Christianisierung Rügens müsse neben aller Freude aber auch ein nachdenkliches Gedenken sein, mahnte der Landesbischof. Nur noch eine Minderheit der Rüganer gehöre dem Christentum an, auch als Folge der kirchenfeindlichen kommunistischen Diktatur in der DDR. Nach der friedlichen Revolution im Herbst 1989 schienen sich viele Möglichkeiten aufzutun. Ulrich: „Viele wollten die Kirche neu, anders bauen. Dann 28  Jahre Kirchengemeinde in Freiheit gelebt, verkündigt, eingeladen, gepredigt. Aber was hat sich verändert? Die Kirche steckt in der Krise und erlebt einen Bedeutungsverlust. Wir werden weniger, die Pfarrstellen nehmen ab.“

Trotz dieser Entwicklung ermunterte der Landesbischof, weiter auf den Geist Jesu zu vertrauen. „Jede und jeder von Ihnen – Laien, Mitarbeitende, Pastorinnen und Pastoren – Sie sind Zeugin und Zeuge des Wortes Gottes gewesen: aneinander und nach außen. Wer kann ermessen, was Sie ausgelöst haben in den Herzen derer, die in Ihre Gemeinden kamen und kommen, mit Ihnen reden, Sie hören? Was Sie bewirkt haben bei denen, die sich geöffnet haben in großer Not; die Trost fanden an den Gräbern; die das Taufwasser erfrischt, der Trausegen erfüllt hat; deren Seele vom Kirchenkonzert emporgehoben wurde? Ich bin überzeugt: die Insel Rügen sähe anders aus ohne Ihre Kirchengemeinden!“

Bei seinen Reisen durch Mecklenburg und Pommern treffe er oftmals auf Menschen, die das Gespräch mit ihm suchen und freimütig bekennen „Herr Bischof, ich bin Atheist.“ Das klinge zunächst abwehrend. Ulrich: „Natürlich, man will nicht vereinnahmt werden wie damals die Slawen von den siegreichen Christen. Und doch sind die Menschen ungeheuer neugierig, sehnsüchtig nach dem, was die eigene Erkenntnis sprengt, die eigene Enge durchbricht: die Ahnung, dass es mehr gibt als das, was man sehen, begreifen, erklären kann, dass da mehr ist als menschliche Macht und wir nicht alleingelassen sind. Das ist allemal faszinierend. Und die Botinnen und Boten dieser Wirklichkeit oder Möglichkeit – wir Christinnen und Christen – sind mindestens interessant.“

Kirche als Anwältin der Realität

Überall auf der Welt sehnen sich die Menschen nach Orientierung und verstärkt nach einfachen Antworten in einer immer vielfältiger werdenden Welt, so Ulrich weiter. „Dass wir darauf nicht reinfallen, sondern predigen, was Gott selbst uns anvertraut – darauf kommt es an. Es kann sein, dass das unsere Aufgabe als Kirche in dieser Zeit sein wird: dass wir Anwältin der Realität sind und vermitteln, dass es auf die komplexen Fragen des Lebens eben keine einfachen Antworten gibt.“ 

Musikalisch gestalteten den Gottesdienst die Posaunenchöre der Insel Rügen unter Leitung von Kantor Thomas Frank. Heute (1. Juli, ab 12.45 Uhr) laden die Evangelischen Kirchengemeinden Nord-Rügen und Wiek zum öffentlichen Gespräch mit dem Landesbischof unter dem Motto „850 Jahre Christentum auf Rügen – wie geht es weiter mit der Kirche im Norden?“ in der Kapelle Vitt ein.

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