21. Juni 2019 | Deutscher Evangelischer Kirchentag in Dortmund 2019

Frieden braucht echten Einsatz

21. Juni 2019 von Kirsten Fehrs

Friedensandacht auf der Bühne des VCP im Stadtgarten Dortmund, Andacht zur Jahreslosung, Psalm 34

Mittags um zwei auf dem Kirchentag – da muss man damit rechnen, dass der Biorhythmus seinen Preis fordert. Vielleicht sind nicht alle so richtig wach. Vielleicht waren die Nächte kürzer, die Betten ungewohnter und die Tage voller und schöner als sonst. Und jetzt Mittagstief. Da ist doch eine Friedensandacht etwas ganz Ruhiges, richtig schön. Dass man ein wenig abschaltet und sich entspannt zurücklehnt:

„Ein bisschen Frieden, ein bisschen Träumen,
Und dass die Menschen nicht so oft weinen.
Ein bisschen Frieden, ein bisschen Liebe …“

Nicole, wir erinnern uns, hat das gesungen, Schlagerstar und Gewinnerin des European Song Contest (ESC) 1982, damals hieß das noch Grand Prix. „Ein bisschen Frieden“ – eingängig, zum Wegträumen. Ein Lied, das nicht stört. Man könnte es jetzt hören und dabei prima chillen. Und hinterher könntet Ihr sagen: „Hey, ich war grad in der Friedensandacht. Frieden ist schließlich wichtig.“

Sorry, das wird nichts. Ich muss Euch bitten aufzuwachen. Und zwar richtig. Ich will mit Euch mitten auf den Marktplatz gehen, auf den Marktplatz der Welt, damit man uns sieht und hört. Wir haben zwei Kinderspiele im Gedankengepäck, die viel mit Krieg und Frieden zu tun haben. Zunächst: Kennt ihr das Spiel „Kriegen“? Eine*r muss die anderen fangen, und wer nicht schnell genug ist und getickt wird, muss dann selbst rennen und versuchen, die anderen zu erwischen. Man kommt ganz schön aus der Puste bei dem ganzen Gejage.

Zweites Spiel: Verstecken. Auch ganz einfach, kennen alle: Eine*r muss die Augen zumachen, abzählen und dann die anderen suchen, die sich irgendwo versteckt haben. Je besser das Versteck, desto länger die Spannung. Fangen und Verstecken zwei Spiele, kinderleicht, die deutlich machen: Man muss jagen und suchen, um die Spannung abzubauen. Also: kein albernes Kinderspiel, nein: Wir leben die Jahreslosung, mitten auf dem Marktplatz der Welt.

„Suche Frieden und jage ihm nach.“ Das ist das biblische Motto für dieses Jahr, die Überschrift sozusagen. Und die klingt alles andere als gemütlich. Das ist nicht „ein bisschen Frieden“. Da kommt man in Gang, aber hallo. Frieden braucht echten Einsatz. Und deswegen sind wir doch hier, oder?

Als es deutlich kühler war, im letzten Advent, hatte ich ein schönes Erlebnis mit Eurem Friedenslicht. Ihr müsst Euch vorstellen, die Kirche war bis unters Dach gefüllt mit Hunderten von Jugendlichen und Kindern in Pfadfinderkluft. Und als das Friedenslicht von Bethlehem hineingetragen wurde, wurden plötzlich alle total still. Ein magischer Moment.

Und wie die beiden Pfadis, die es aus Wien geholt hatten, nun dieses Friedenlicht behutsam nach vorne trugen, damit es in der zugigen Kirche ja nicht ausgeht, wurde klar: wie unglaublich strahlend und zugleich gefährdet dieses Licht ist. Und das heißt ja: Niemals darf es ausgelöscht werden, dieses Friedenslicht, allen Stürmen und Dunkelheiten zum Trotz. Frieden ist alles. Er ist Weg und Ziel. Frieden ist die unauslöschliche Verheißung, die mit Christus auf die Erde gekommen ist und uns Sehnsucht und Ansporn zugleich sein will: „Suche Frieden und jage ihm nach.“ Wir dürfen niemals aufhören damit.

Wie wieder einmal eine Jahreslosung so genau die Stimmungslage im Land trifft, denke ich, als am Ende dann beim Hinausgehen aus der Kirche mitten unter den fröhlich schnatternden Pfadis jemand ruft: Kommt, wir zieh‘n in den Frieden!

So heißt ja das neue Lied von Udo Lindenberg – eins, das richtig rockt, nicht nur ein bisschen.

„Wir sind mehr als du glaubst.
Wir sind schlafende Riesen
Aber jetzt stehen wir auf
Lass sie ruhig sagen, dass wir Träumer sind
Am Ende werden wir gewinnen
Wir lassen diese Welt nicht untergehen
Komm wir ziehen in den Frieden“

Ganz besonders nun: Zwischen den Strophen des Liedes sprechen Kinder so überaus beeindruckend und auswendig die einzelnen Artikel der Menschenrechtserklärung. Sie beginnt wie folgt: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geist der Geschwisterlichkeit begegnen.“ So stark die Worte, sie sind unser christliches Zentrum.

So stark die Worte, auch weil Kinder sie sprechen. Denn das ist doch klar: Kinder sind es, die in den Kriegsgebieten unserer Erde unter Bombenbeschuss und Vertreibung besonders leiden, die traumatisiert sind von Gewalt und Heimatverlust. Stopp! Widerspruch. Aufgewacht. Sie sind Menschen mit Rechten, Kinder Gottes!

Wir haben wahrlich Grund, Frieden zu suchen und ihm nachzujagen. Es gibt keine Alternative und wir haben keine Zeit. Jagen wir dem Frieden nach, schnell, gerade wir, die wir ihn seit über sieben Jahrzehnten geschenkt bekommen haben – gute Güte, aufstehen müssen wir und dafür dankbar etwas tun.

Wer Frieden will, muss sich einmischen. Auf Frieden kann man nicht einfach warten. Man kann nicht einfach hoffen, dass die Menschen klüger und die Welt friedlicher wird. Wer wartet, überlässt denen das Feld, die „America first“ auf ihre Fahne schreiben. Leute, die nur bis zur nächsten Grenze denken können. Wer den Frieden den anderen überlässt, wundert sich, wenn Hassprediger ihre Bühne finden und Menschenverachtung wieder salonfähig wird. Dann stehen nur noch die eigenen Interessen im Mittelpunkt.

Und dann werden Löcher in Öltanker gesprengt, Regierungspräsidenten werden erschossen und SIPRI, das Stockholmer Friedensforschungsinstitut, stellt fest, dass Atomwaffen wieder an Bedeutung gewinnen.

„Suche Frieden und jage ihm nach.“ Ich finde, es ist ein ermutigendes Zeichen, dass die jüngere Generation wieder politischer wird. Dass da viele aufstehen, sich einmischen, sagen, was ihnen wichtig ist. Der Klimaschutz steht ganz oben gerade, aber ich bin sicher: Dabei bleibt es nicht. Viele junge Leute entdecken für sich: Wenn ich in einer guten, sicheren Welt leben will, dann muss ich dafür etwas tun. Morgen zum Beispiel bei der Menschenkette für Abrüstung und Frieden!

„Suche den Frieden und jage ihm nach.“ Wir können das. Wir können Leuchtfeuer der Humanität entzünden, die Orientierung geben und dabei helfen, dass Anstand und Nächstenliebe in unserem Land ebenso wie in Europa nicht Schiffbruch erleiden. Wir können uns für Seenotrettung einsetzen – immer noch, für Flüchtlinge auf der „Seawatch“, die derzeit einen rettenden Hafen sucht. Wir können das und wir müssen es. Für Demokratie und Frieden in unserer Welt braucht es Engagierte, jede und jeden von uns, die aufstehen – schnell! – und suchen – und so Gott will finden. Geht mit seinem Frieden in den Tag. Frieden, der höher ist als Vernunft. Er bewahre stets und immer unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.
Amen.

Datum
21.06.2019
Quelle
Stabsstelle Presse und Kommunikation
Von
Kirsten Fehrs
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