Gedenken an die Opfer der Reichspogromnacht
08. November 2018
In der Reichspogromnacht vom 9. auf 10. November 1938 geschah im gesamten Deutschen Reich Unvorstellbares: Bei der vom NS-Regime organisierten Gewalt gegen Juden wurden 400 Menschen ermordet. Mehr als 1.400 Synagogen, Betstuben und Versammlungsräume sowie tausende Geschäfte, Wohnungen und jüdische Friedhöfe wurden zerstört. 80 Jahre später gedenken die Kirchen den Opfern dieser Nacht und verurteilen jede Form von Antisemitismus.
Hamburg: Stolperstein-Rundgang am Kleinen Michel
Um an diese zu erinnern, beginnt in Hamburg am Freitag, den 9. November, um 17 Uhr ein ökumenischer Rundgang am Kleinen Michel zu Stolpersteinen in der Neustadt rund um den Großneumarkt. Seit 1995 erinnert der Künstler Gunter Demnig mit seinem Projekt durch kleine Gedenksteine an Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft vor deren früheren Wohnorten. Der Rundgang endet gegen 18 Uhr mit einer Andacht in der Krypta des Michel.
Andachten und Vorträge in Greifswald, Kundgebung in Schwerin
Auch in Mecklenburg-Vorpommern wird am 9. November an vielen Orten den Opfern gedacht und an die Ereignisse erinnert. In Greifswald gibt es in der Mühlenstraße 10 an der Stelle des ehemaligen Betsaals der Jüdischen Gemeinde eine Andacht. Ab 17 Uhr ist im Bürgerschaftssaal des Rathauses ein Vortrag mit dem schwedischen Journalisten Kaj Schueler geplant. Seinen Eltern gelang 1942 unter dramatischen Umständen die Flucht aus Berlin.
In Schwerin lädt das Aktionsbündnis "Schwerin für ALLE" zu einer Demonstration mit Kundgebung auf dem Großen Dreesch an.
"Gegen das Vergessen" im Bibelzentrum Barth
Die Stadt Neubrandenburg erinnert um 16 Uhr mit einer Veranstaltung am Neuen Tor an die Opfer der Pogromnacht von 1938. Im Bibelzentrum Barth findet die Gedenkveranstaltung um 15 Uhr unter dem Motto "Gegen das Vergessen" statt. In Wismar gibt es am selben Tag ab 16 Uhr eine Stadtführung zur Geschichte Wismars in der NS-Zeit. In Güstrow ist an dem Freitag wieder die traditionelle Andacht auf dem Jüdischen Friedhof geplant.
Gedenkstunde und rührende Briefe in Stralsund
In Stralsund gibt es am Freitag um 11 Uhr eine Gedenkstunde an der Stele im Johanniskloster, um 15 Uhr eine Andacht auf dem Jüdischen Friedhof sowie ab 17 Uhr einen Weg der Erinnerung entlang der Stolpersteine in der Altstadt. Um 20 Uhr erfolgt in der Klinikumskirche die deutsche Erstaufführung des Stückes "Lonys Briefe". Mit Gesang, Streichquartett und Klavier wird dabei das Familienschicksal von Lony Rabl erzählt, die 22 rührende Briefe an ihren Enkel Peter schrieb, bevor sie 1941 deportiert wurde.
Filmaufführung "Schatten der Vergangenheit" in Lübeck
Aber auch in weiteren Kirchen der Nordkirche finden besondere Gedenkveranstaltunge statt – so zum Beispiel im Gemeindehaus in Lübeck-Moisling (Andersenring 29), wo um 16.30 Uhr „Schatten der Vergangenheit“ von Kai Kinnert gezeig wirdt. Der Film wurde mit Lübeckern in Lübeck gedreht und versetzt sich in die Lage Jugendlicher in den den 1930er Jahren. Danach findet um 18 Uhr eine Andacht in der Wichernkirche statt, in auch der Film Thema sein wird. "Dem schließt sich ein Schweigemarsch zur Mauer des Jüdischen Friedhofs an, an der wir für 15 Minuten eine Mahnwache halten werden", sagt Pastor Christian Gauer.
Kirchenbünde verurteilen Judenhass
Die großen evangelischen Kirchenbünde in Deutschland haben zum 80. Jahrestag der Reichspogromnacht jede Form von Judenhass verurteilt. "Antisemitismus ist kein Phänomen von gestern", erklärten die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), die Union Evangelischer Kirchen in der EKD (UEK) und die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands (VELKD). "Der Anschlag in Pittsburgh, antisemitische Vorfälle in Deutschland sowie die unverminderte Hetze gegen Jüdinnen und Juden im Netz zeigen: Es ist heute weiterhin nötig, allen Formen von Judenfeindschaft und Antisemitismus entgegen zu treten."
"Die Reichspogromnacht gehört für immer zur Erinnerungskultur unseres Landes"
"Christlicher Glaube und Judenfeindschaft schließen einander aus. Antisemitismus ist Gotteslästerung", fügten die Kirchenbünde hinzu. "Die Bilder von zerstörten Synagogen und verwüsteten jüdischen Geschäften haben sich in das kollektive Gedächtnis unseres Landes eingebrannt. Die Reichspogromnacht gehört für immer zur Erinnerungskultur unseres Landes." Der Widerspruch gegen Judenhass sei nicht nur die Sache einiger weniger, sondern eine Verantwortung aller Christen.