Gedenken an die Opfer des Holocaust
15. Februar 2019
Rede und Gebet
Liebe Schwestern und Brüder,
die wir in Respekt vor unserer Verschiedenheit verbunden sind im Gedenken.
Welche Mahnung spricht aus all Ihren Worten, heute am 27. Januar. In Lübeck. 25 Jahre nach dem Brandanschlag auf die Synagoge. Welche Mahnung in heutiger Zeit – mit eindeutiger Botschaft: Niemals wieder ein Kreuz mit Haken. Niemals wieder Rassenwahn, Kriegstreiberei, Antisemitismus und Menschenverachtung.
Wir stehen immer wieder erschüttert davor: So viele sind ermordet worden. In den Gestapokellern, Konzentrationslagern und Gaskammern. Sechs Millionen Juden. Wir gedenken der Deportierten und zu Tode Gefolterten. All der Kinder, mein Gott, der Andersdenkenden, Politiker und Gewerkschafter. Wir gedenken der Homosexuellen, der Sinti und Roma, Menschen mit Behinderung, Männer und Frauen im Widerstand. Unendlich die Grausamkeit. Unendlich die Kälte und der Schmerz.
Wir wissen: Auch wir Kirchen damals hätten mutiger widerstehen, hätten klarer die Gewalt beim Namen nennen müssen – und der Gleichschaltung in den Kirchen Hausverbot erteilen. Wir wissen, wir hätten zur Wahrheit stehen, unsere Nächsten tätiger lieben und wir hätten inständiger beten müssen. Beten doch, um zu handeln!
So beten wir heute mit unserem Gedenken an gestern – und werden auch morgen nicht aufhören damit. Weil nur eine gedenkende Gesellschaft auch eine empfindsame und demokratische sein kann.
Und so schauen wir hin, Gnädiger,
und lernen unter Schmerzen, immer wieder, wie groß das Grauen.
Wir schauen die Not. So viel Gewalt. Tiefe Trauer um all die ungelebten Leben.
So groß die Schuld.
Wir beklagen, Ewiger,
dass jüdische Menschen in Europa und in Deutschland
heutzutage wieder Angst haben müssen.
Auch Kinder!
Sie erleben Anfeindung, Vorurteile, nackte Gewalt.
Gib Klarheit, dass wir an ihrer Seite stehen.
Haltung zeigen – wach jeden Tag.
Wir sind getragen durch Dein Wort:
„Trauert nicht wie die, die keine Hoffnung haben“, sprichst Du uns zu.
Gnädig berühre uns Dein Wort, ewiger Gott,
dass unsere Herzen verstehen –
weil wir hören, was Du sagst:
Höre, deutsches Volk, sagst Du.
Höre doch!
Höre auch den lautlosen Schrei,
dass es nie wieder sei wie damals.
Nie wieder.
Amen.