Gedenkjahr erinnert an den Schriftsteller Uwe Johnson
24. Februar 2014
Greifswald. "Damit können Sie mir gestohlen bleiben", kommentierte der Schriftsteller Uwe Johnson zeitlebens Äußerungen, die ihn als "Dichter beider Deutschland" bezeichneten. Zu seinem 30. Todestag und 80. Geburtstag wird er in diesem Jahr vielfältig gewürdigt.
Uwe Johnson (1934-1984) gilt bis heute als derjenige deutsche Autor, der die Spaltung Deutschlands und ihre Folgen für den Einzelnen am konsequentesten ins Zentrum seines Schaffens gestellt hat. 2014 ist Johnson-Jahr: Er wurde vor 80 Jahren geboren, am 20. Juli 1934. Und am 24. Februar ist sein 30. Todestag. Im Jubiläumsjahr wird unter anderem Ende Mai in Rostock mit einer internationalen wissenschaftlichen Tagung an ihn erinnert: "Von Zeit zu Zeit lese ich alles noch einmal. Uwe Johnson und der Kanon".
Johnson, geboren in Pommern, studierte von 1952 bis 1956 Germanistik in Rostock und Leipzig. 1956 floh seine Mutter nach West-Berlin, drei Jahre später entschied sich Johnson, ihr dorthin zu folgen. Sein Buch "Ingrid Babendererde" war 1953 in der DDR von mehreren Verlagen abgelehnt worden, 1959 erschien sein Debütroman "Mutmaßungen über Jakob" im Suhrkamp Verlag in Frankfurt am Main.
Zutiefst ambivalentes Verhältnis zur DDR
Johnsons nüchtern wirkende Notiz "Rückgabe einer Staatsangehörigkeit an die DDR nach nur zehnjähriger Benutzung und Umzug nach Westberlin mit Genehmigung eines dortigen Bezirksamtes (liegt vor)" kann über sein zutiefst ambivalentes Verhältnis zur DDR nicht hinwegtäuschen. Uwe Johnson und die DDR - das waren einerseits Erfahrungen mit einer repressiven Diktatur. Andererseits hatte er dort die Landschaften seiner Kindheit zurückgelassen. "Heimweh, diese schlimme Tugend" sollte zum zentralen Erzählmotiv seiner Werke werden.
Zentrales Erzählmotiv: "Heimweh, diese schlimme Tugend"
Ende der 60er Jahre war Johnson - mittlerweile auch Mitglied des Schriftstellerkreises Gruppe 47 - mit Frau und Tochter nach New York gezogen. Dort begann er 1968 seinen Roman "Jahrestage. Aus dem Leben von Gesine Cresspahl". Er sollte sein Hauptwerk und eines der bedeutendsten Werke der neueren deutschen Literatur überhaupt werden. In der fast 2.000 Seiten langen Romanchronik erzählt Johnson die Geschichte von Gesine Cresspahl, die seit den 60er Jahren zusammen mit ihrer Tochter in New York lebt und ihr Leben in Gesprächen mit ihr Revue passieren lässt.
Dabei geht es allerdings nicht nur um den Lebensweg der Protagonistin, sondern auch um symbolträchtige Jahrestage im öffentlichen Bewusstsein der Deutschen - Fixpunkte der deutschen Geschichte aus der Zeit der Weimarer Republik, des Nationalsozialismus und der Besatzung. Und immer wieder geht es auch um die Verantwortung des Einzelnen, Widerstand zu leisten.
"Da, wo ich her bin, das gibt es nicht mehr"
Nach seinem Umzug 1974 nach Sheerness-on-Sea auf der Themse-Insel Sheppey verfällt Johnson in eine tiefe seelische Krise, die sich in einer fast zehn Jahre andauernden Schreibblockade manifestiert. Er soll davon überzeugt gewesen sein, dass seine Frau im Dienste Ost-Berliner Geheimagenten steht und gegen ihn ermittelt. 1983, ein Jahr vor seinem Tod, erscheint der vierte und letzte Band der "Jahrestage". Am 23. Februar 1984 stirbt Uwe Johnson in Sheerness-on-Sea an Herzversagen.
"Da, wo ich her bin, das gibt es nicht mehr", hat Johnson einmal geschrieben. Doch seit einigen Jahren erinnert sich Johnsons Heimat Mecklenburg wieder an ihren berühmten Sohn: In Neubrandenburg wird alle zwei Jahre der Uwe-Johnson-Preis verliehen, zu dessen Preisträgern Uwe Tellkamp, Christa Wolf und Christoph Hein zählen. Die Auszeichnung war bisher mit 12.500 Euro dotiert, erhöht sich aber in diesem "Gedenkjahr" auf 15.000 Euro. Und in der Kleinstadt Klütz im Kreis Nordwestmecklenburg wurde 2006 das Uwe-Johnson-Literaturhaus eröffnet. Den Auftakt zum Johnson-Jubiläumsjahr bildet dort eine Matinee am 23. Februar.