Leben auf Hallig Langeneß

Gottesdienste im Gezeiten-Takt

Pastor Matthias Krämer in der Hallig-Kirche auf Langeneß.
Pastor Matthias Krämer in der Hallig-Kirche auf Langeneß.© Simone Viere

09. Juli 2012 von Simone Viere

Langeneß. Seit 18 Jahren ist Matthias Krämer Pastor auf der Nordsee-Hallig Langeneß. Landunter ist für ihn schon lange nichts Besonderes mehr, nur bei Sturmflut muss die Kirche abgeschottet werden.

Die Gottesdienstzeiten muss Pastor Matthias Krämer (48) nach Ebbe und Flut planen: Bei Hochwasser kann er nicht in seiner Lore die rund 4,5 Kilometer von Langeneß zur Gemeinde nach Oland fahren. Dann ist nämlich der kleine Damm zwischen den beiden Halligen überspült. Ab Windstärke sieben kann er auch nicht mehr mit dem Schiff nach Gröde fahren. Dann fährt der Postschiffer Fiete Nissen, der ihn einmal im Monat mitnimmt, nicht mehr. Ohnehin geht es dort nur mit der Flut rüber.

"Nichts ist mit einer Hallig zu vergleichen"

Mit seiner Frau hat sich Pastor Krämer gemeinsam für die Stelle auf der Hallig entschieden: Nach dem Vikariat zog das Paar aus Hamburg-Altona nach Langeneß. "Nichts ist mit einer Hallig zu vergleichen", sagt Krämer. Neben dem Pastorat steht die kleine Schule der Hallig. Der Lehrer und seine Familie sind die einzigen direkten Nachbarn. Ruhig ist es aber fast nie, denn meistens weht ein kräftiger Wind. "Da war es in Altona ruhiger. Ab und zu hörte man die Ansagen vom Bahnhof, aber ansonsten war es sehr still."

Alle zwei Wochen findet in der Kirche auf Langeneß der Gottesdienst statt - wenn nicht gerade Landunter ist. Denn dann sind die Häusergruppen von Wasser umschlossen und die rund 120 Bewohner bleiben zu Hause.

Vor 18 Jahren, am 8. März 1994, kam Krämer zwei Tage nach seiner Ordination auf der Hallig an. Und es dauerte nicht lange, bis er sein erstes Landunter miterlebte. "Das war Karfreitag auf Langeneß. Ich habe hier meinen ersten Abendmahlsgottesdienst vorbereitet und war ganz konzentriert. Als der Gottesdienst dann losgehen sollte, habe ich mich gewundert, warum die Gemeinde nicht in die Kirche reinkam", erinnert sich der Pastor. Bis jemand ihm sagte, die Gemeinde habe Sorge, ob sie nach dem Gottesdienst auch wieder nach Hause komme.

Verkürzter Gottesdienst - bevor das Wasser kommt

"Ich habe den Gottesdienst dann verkürzt gehalten. Wir haben von jedem Lied nur eine Strophe gesungen und vielleicht habe ich auch etwas schneller gepredigt als sonst." Die Besucher hätten dann gerade noch ihre Häuser erreicht, bevor das Wasser kam.

Landunter sei auf einer Hallig aber ganz normal und keineswegs beängstigend. "Das passiert ja 20 bis 30 Mal im Jahr", sagt Krämer. Eine Touristin habe ihn einmal gefragt, ob er bei Hochwasser auf der Hallig bete. "Ich muss nicht beten, damit das Wasser weicht. Die Ebbe setzt ganz von selbst ein."

Ein Orkan ist da schon etwas anderes. "Anatol war der schlimmste Sturm, den ich hier miterlebt habe", erinnert sich der Vater von drei Kindern. Am 3. Dezember 1999 erreichte der Wind an der deutschen Nordseeküste Geschwindigkeiten von mehr als 180 Stundenkilometern mit Orkanböen. Der Sturm drückte das Wasser aus südlicher Richtung auf die Halligen. "Es fing an, bei uns auf die Warft zu laufen. Der Strom fiel aus. Das war schon ein bisschen gruselig. Bei Orkan kann man nicht mehr vor die Tür, das weht einen um." Zum Glück habe der Wind damals rechtzeitig gedreht.

Grenzen erleben in der Natur 

Bei Sturmflut müssen Kirche und Haus abgeschottet und alle Elektrogeräte hoch gestellt werden. "Dann kann man am besten mit dem Telefon ins Bett gehen und abwarten." Nachdem alles gesichert sei, sagt der Pastor, finde er dann Zeit zum Gebet. "Man erlebt hier im Umgang mit der Natur immer wieder seine Grenzen."

Für Krämer ist das Leben auf der Hallig Alltag. "Wir können uns nicht über Untätigkeit oder Langeweile beklagen", sagt er. Es gibt Gemeindenachmittage, einen Handarbeitskreis, eine Theatergruppe, einen Friesenverein. In der Saison kommen täglich Touristen in die Kirche, lassen ihre Kinder auf Langeneß taufen oder feiern ihre Hochzeit auf der Hallig. Einmal in der Woche unterrichtet Pastor Krämer Religion in der Schule. "Das ist Teil meiner Jugendarbeit."

Die Menschen kennen sich gut auf Hallig Langeneß

Auf Langeneß hat der Pastor rund 100 Gemeindemitglieder, 24 auf Oland und 16 auf Gröde. "Das Schöne an meiner Arbeit hier ist, dass ich wirklich alle zum Geburtstag besuchen kann. Man trifft sich, man verbringt den Winter zusammen, man kennt jeden sehr intensiv." Bei Beerdigungen sei es daher immer eine Herausforderung, die professionelle Distanz zu wahren: "Man leidet viel mehr mit."

Für Matthias Krämer ist klar: Er will auch die kommenden Jahre auf der Hallig verbringen. Diese von Wasser umgebene Welt ist für den Pastor und seine Familie zum Zuhause geworden.

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