Grußwort anlässlich der Eröffnung der Allianzgebetswoche (Gebetswoche für die Einheit der Christenheit) in der St. Nikolai-Kirche in Kiel
17. Januar 2010
Liebe Schwestern und Brüder, es ist mir eine besondere Ehre und Freude, Sie im Namen unserer Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche hier und heute in St. Nikolai begrüßen zu dürfen. "Der Herr ist auferstanden – und ihr seid Zeugen!" Ja, so ist es. Das gilt - gestern und heute und morgen. Davon sind wir überzeugt, das führt uns zusammen und das verbindet uns: "Er ist auferstanden – und ihr seid Zeugen!“
Wer etwas Wichtiges nicht vergessen will, macht sich den berühmten Knoten ins Taschentuch. In meinen Augen ist die "Gebetswoche für die Einheit der Christen", die wir heute eröffnen, eine Art Knoten in unseren kirchlichen Taschentüchern. Vielleicht auch ein Stachel im Fleisch: eine Mahnung, Erinnerung, ein Weckruf, dass wir uns nicht in der Selbstgenügsamkeit unserer Kirchentümer einhausen. Dass wir immer wieder über den eigenen Kirchturmshorizont hinausblicken und hinausgehen, immer wieder nach dem Gemeinsamen suchen, das Verbindend-Verbindliche zwischen uns sehen und ernst nehmen: "Er ist auferstanden – und ihr seid Zeugen!“ Und das, liebe Schwestern und Brüder, diese beste Nachricht der Welt - das ist allemal größer als alles andere, was uns trennt.
Unsere Gottesdienstordnung heute ist ein Gruß aus Schottland. Edinburgh 1910 war ein Meilenstein der ökumenischen Bewegung. Auf dem Feld der Mission wurde die Frage nach Zusammenarbeit und Einheit in der großen Familie der Christenheit dringend und brennend. Zugespitzt gesagt: Auf der südlichen Hälfte des Erdballs, nicht in seinen Zentren im Norden.
Heute blicken wir auf die einhundert Jahre zurück. Es war in der Tat ein "Jahrhundert der Kirche", wie man prophezeit hatte. Das Christentum war im 20. Jahrhundert die am stärksten wachsende Weltreligion - aber eben im Süden, nicht auf der Nordhalbkugel. Und diese andere Globalisierung können wir heute nicht nur in den Großstädten erleben, wo sich Menschen mit unterschiedlichster Herkunft und Hautfarbe in den verschiedenen Gemeinden sammeln.
Die Welt ist rapide zusammengewachsen seit Edinburgh. Geblieben ist die Frage nach dem Zusammenwachsen, nach der Einheit und nach der Solidarität in der weltweiten Familie der Christenheit - auch und gerade im Angesicht der Nachrichten und Bilder aus Haiti.
"Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe;" so werden wir gemeinsam sprechen, und weiter dann: "ein Gott und Vater für alle, der über alle herrscht, durch alle handelt und in uns wohnt." Schwestern und Brüder, lasst uns das nicht nur mit den Lippen bekennen, sondern auch mit unseren Herzen und Händen dabei sein: jetzt, im Gottesdienst, und morgen im Alltag der Welt.