Hier klettern Kindern den Kirchturm hoch
06. Februar 2015
Hamburg. Jeden Mittwoch kommen Altonaer Kinder zur Paul-Gerhardt-Kirche, denn der Kirchturm birgt ein spannendes Geheimnis: Dort steht eine zehn Meter hohe Kletterwand. Kinder können in ihrer Freizeit kraxeln, und die Gemeinde profitiert von einem Nebeneffekt.
Jessica und Maila haben heute einiges vor: Die beiden Freundinnen wollen hoch hinaus – und zwar im wahrsten Sinne. Sie machen mit bei einer Kletterstunde der Kirchengemeinde Altona. Doch bevor es losgeht, prüfen die beiden Grundschülerinnen ganz genau, ob auch das Sicherungsseil richtig sitzt. Darauf muss sich besonders Maila verlassen. Sie wird gleich an der Kletterwand in die Höhe kraxeln. Der Clou: Die Achtjährige klettert die Innenwand des Kirchturms hoch.
Außer Jessica und Maila sind noch zwölf andere Kinder an diesem Nachmittag zur Kirche gekommen, so wie jeden Mittwoch. Denn die Paul-Gerhardt-Kirche in Altona wird einmal pro Woche zur Kletterkirche. Kinder aus der Gemeinde und der Umgebung sind eingeladen, sich an der Kletterwand im Turm auszuprobieren, unter Aufsicht von Kletter-Trainerin Silke Boos.
Vorher wurde der Turm nur als Kühlraum genutzt
Die ungewöhnliche Idee für eine Kletterwand im Kirchturm entstand vor drei Jahren. „Wir wollten damals Kindern etwas bieten für ihre Bewegung“, erzählt Pastorin Annika Woydack. In Zusammenarbeit mit der nahegelegenen Max-Brauer-Schule sei dann irgendwann der Vorschlag aufgekommen, den Nachwuchs im Kirchturm klettern zu lassen. Pastorin Woydack und ihre Gemeinde waren davon sofort begeistert. Auch andernorts kam die Idee gut an: „Ein Herz für Kinder“ und der Wettbewerb „Familie gewinnt“ förderten die Anlage mit 16 500 Euro, die Schule als großer Nutzer gab 5000 Euro. So musste die Gemeinde von den Gesamtkosten etwa 25 000 Euro nur einen kleinen Teil übernehmen, auch dank vieler kleinerer Spenden.
Wenig später war es dann so weit: Im Kirchturm, vorher als Kühlraum genutzt, entstand eine zehn Meter hohe Kletterwand. Sehr zur Freude der Kinder, die sich seitdem dort richtig austoben. „Bis zur Hälfte hoch schaffe ich es schon“, sagt Jessica, und ihre Freundin Maila muss zugeben: „Anschließend gibt es ganz schön Muskelkater.“ Auch Ben (7) hat seinen Spaß in der Paul-Gerhardt-Kirche. An der Wand hochzukraxeln, das ist aber nicht so sein Ding. Er steht lieber auf dem Boden der Tatsachen, hält ein Seil in der Hand und sichert damit seinen Freund. „Es ist toll, so viel Verantwortung zu haben“, sagt er.
Kinder finden zur Gemeinde
Für Pastorin Woydack ist das Projekt zu einem vollen Erfolg geworden. Selbst im Winter, wenn es im Kirchturm kühl geworden ist, kommen viele Kinder und nehmen neugierig auch schon mal das nahegelegene Kirchenschiff unter die Lupe. „Über kurz oder lang werden sie an die Gemeinde gebunden“, freut sich die Pastorin über einen angenehmen Nebeneffekt. Mit Konfirmandengruppen klettert sie auch gern mal selbst.
Und noch eine Folge hat die ungewöhnliche Nutzung des Kirchturms. Als Arbeiter prüften, wie man am besten eine Kletterwand installiert, stellten sie fest, dass viel Feuchtigkeit ins Mauerwerk eingezogen war. Der denkmalgeschützte Turm musste saniert werden. Die Arbeiten dafür laufen noch bis zum kommenden Jahr – damit der Turm auch in Zukunft von außen schmuck aussieht und von innen Kindern Kletterspaß bietet.
Info
Kinder (ab 4 Jahren, mit Eltern), die mitklettern möchten, können einfach zur Kirche kommen. Termin: mittwochs um 16.30 Uhr.