5. Mai 2016 | Aukrug

„Himmelfahrt - Rückenwind für unser Leben“

05. Mai 2016 von Gothart Magaard

Predigt beim Himmelfahrt-Fahrradgottesdienst auf dem Segelfluggelände Aukrug

5. Mai 2016 | Aukrug

Liebe Festgemeinde,

bereits seit etwa 10 Jahren feiern Sie hier in der Region gemeinsam zu Himmelfahrt einen Fahrradgottesdienst und ich habe mich sehr über die Einladung gefreut, in diesem Jahr mit Ihnen feiern zu dürfen. Alles ist auf diesem Segelflugplatz bestens vorbereitet und sogar das Wetter spielt heute mit! Allerdings muss ich zugeben, dass ich heute Morgen von Schleswig aus nicht mit dem Fahrrad hierhergekommen bin – denn selbst mit unserem kanzleieigenen Elektrofahrrad wäre es doch eine ganz schön weite Anreise geworden. Ich hoffe, Sie sehen es mir nach. Aber wie ich sehe und auch schon gehört habe, haben die meisten von Ihnen bereits einen schönen Weg hierher hinter sich. Und ich freue mich schon jetzt auf unseren geplanten Spaziergang!

„Mit Rückenwind kommen wir zusammen“ – so lautet der Leitgedanke über diesem Gottesdienst. Und er passt ja wunderbar zu einem Fahrradgottesdienst an Himmelfahrt – denn wer vorankommen will, ist dankbar für Rückenwind. Rückenwind, der die eigene körperliche Betätigung nicht überflüssig macht, aber jedem Tritt in die Pedale noch eine kleine Portion Extra-Schub und ein wenig mehr Leichtigkeit verleiht. So geht es besser vorwärts. So traut man sich mehr zu.

Es ist bemerkenswert, dass auch noch andere „Rück“-Worte diesen positiven Klang haben: Ich denke an die Rücken-Stärkung oder den Rück-Halt. Die Rücken-Deckung oder die Rück-Sicht. Das hinter uns, in unserem Rücken Liegende, ist ja eigentlich das Unvorhersehbare, das, was uns von hinten einholt. Besonders gut kann man das noch im Alten Testament beobachten: Für die Menschen damals lag die Zukunft hinter ihrem Rücken – sie war das, was man nicht überblicken konnte, während man die Vergangenheit ausgebreitet vor sich sah. Wie ein Ruderer, der mit dem Rücken zur Fahrtrichtung unterwegs ist und die zurückgelegte Wegstrecke vor Augen hat. Wie solch ein Ruderer glitten die Menschen der Zukunft entgegen und fühlten sich letztlich dem Unvorhersehbaren ausgeliefert. Heute haben wir ein ganz anderes Verständnis der Zeit: Für uns kommt die Zukunft auf uns zu, wir gehen und leben ihr entgegen. Und doch hat das, was hinter unserem Rücken vor sich geht, bis heute einen beunruhigenden Klang. Fahrradfahrer kennen das auch.

Rückenwind – Rückhalt – Rückenstärkung – Rück-Sicht: in diesen Worten steckt demgegenüber ein ermutigender Klang, weil sie gerade dort ein Wirken für uns, zu unserem Wohl zur Sprache bringen, wo wir eigentlich machtlos sind. Hinter unserem Rücken sind gute Mächte am Werk, die nicht unser Unheil suchen. Wir werden bestärkt und gehalten, wir werden in unserem Wirken kraftvoll und wohlwollend begleitet. „Mit Rückenwind kommen wir zusammen“ – so, liebe Schwestern und Brüder, möge es sein an diesem Morgen. An diesem Morgen, an dem wir zusammengekommen sind und den Rückenwind in den Liedern und Worten suchen, die wir gemeinsam hören, sprechen und singen.

Die biblische Erzählung, die an diesem Tag im Mittelpunkt steht, erzählt zunächst vom Abschied. Jesus, der Auferstandene, fährt gen Himmel. Er bleibt nicht inmitten seiner Gemeinde. Der, der den Menschen Zutrauen gab, der ihnen Hoffnung und Lebensmut schenkte, ist fort. Und wenn ich diese Erzählung höre, fallen mir immer die wunderbaren Altarbilder ein, in denen – nicht ohne Humor – dargestellt ist, wie Jesus in den Wolken verschwindet und nur noch seine Füße zu sehen sind. „Wo wohnt Gott?“ wurde entsprechend ja auch in dem Anspiel gefragt.

So hat die Himmelfahrt Jesu Christi ernsthafte und weitreichende Konsequenzen. In manchen Schriften der frühen Christenheit spürt man die Verunsicherung, die das mit sich gebracht hat. Denn man hatte sich erhofft, dass der auferstandene Christus sein Werk vollenden und sein Reich aufrichten würde. Man tat sich schwer damit, diese neue Zeit, die Zeit der Gemeinde, die ihren Erlöser nicht mehr begreifbar in ihrer Mitte hatte, anzunehmen. Es fiel den Menschen schwer, dass der Lauf der Welt weiterging wie bisher – mit Friedens- und Kriegszeiten, mit Streit und Versöhnung, mit Lebensfreude und Verzweiflung, mit Leben und Tod. Es verstand sich nicht von selbst, dass die Hoffnung lebendig blieb, dass die Christinnen und Christen ihren Glauben als Rückenwind und Stärkung erfuhren. Und doch blieb die Gemeinde Jesu Christi lebendig bis zu diesem Tag – sie wurde eine weltumspannende Gemeinschaft, die sich auch heute im Gebet in den zahllosen Sprachen dieser Erde verbunden weiß.

Liebe Gemeinde, machen wir uns darum einen Moment auf die Spurensuche nach dem Rückenwind, der auch von dieser Abschiedsgeschichte ausgeht: „Seid meine Zeugen. Und siehe, ich will auf euch herabsenden, was mein Vater verheißen hat.“ – so spricht Jesus die Freundinnen und Freunde an. Zeuge und Zeugin sein – Überbringerin, Vertreter einer Botschaft, die sie sich nicht ausdenken müssen. Sie sollen es singen, rufen und flüstern. Sie sollen es im Gebet formulieren und im gemeinsamen Schweigen noch durch einen Händedruck und eine Umarmung zeigen.

Zeuge und Zeugin sind auch wir – und wir bezeugen in Wort und Tat nicht mehr und nicht weniger als das, was um Gottes Willen dieser Welt bezeugt werden muss. Wer diesen Auftrag bekommt, wird zum Aufbruch in die Weite dieser Welt aufgefordert. Der Rückenwind dieses Aufbruchs ist die Botschaft von der unverdienten Liebe Gottes, von seinem Willen, Versöhnung und Frieden zu stiften. Diese Botschaft treibt Menschen bis heute an – sie führt sie in die Flüchtlingsunterkünfte, ins Haus des kranken Nachbarn und an die Seite der Opfer von Kriminalität. Diese Botschaft öffnet unser Herz für die, die Leid tragen.

Das Evangelium der Liebe Gottes in Jesus Christus, der bezwingenden Macht, die keine Gewalt braucht, ist das, worauf diese Welt wartet – gerade dort, wo Einsamkeit und Kälte nach uns greifen, und gerade dort, wo von Gott nichts mehr erhofft und erwartet wird.

„Seid meine Zeugen“ – spricht Christus, und er verwandelt damit diese Welt und diese Zeit in einen Raum, der dazu bestimmt ist in der Hoffnung auf die Mächte zu wachsen, die Gutes bewirken. Die Zeit der christlichen Gemeinde beginnt – durch ihre Worte und Taten wird Gott zur Sprache kommen und bereits in dieser Welt damit beginnen, sein Reich zu errichten. Leise und Langsam. Aber unaufhaltsam. Und mitten unter uns.

Liebe Schwestern und Brüder, Rückenwind entdecke ich aber noch an einer anderen Stelle: Jesus, so heißt es, führte seine Jünger hinaus bis nach Bethanien und hob die Hände und segnete sie. „Und es geschah, als er sie segnete, schied er von ihnen und fuhr auf gen Himmel.“ Jesus bleibt seiner Gemeinde zugewandt – segnend fährt er in den Himmel auf, und je weiter er auffährt, desto weiter ist die Welt, die seine ausgebreiteten Arme umfassen. Insofern stimmen die Altarbilder, von denen ich vorhin sprach, auch nur halb. Eigentlich müssten wir segnende Hände aus der Wolke blitzen sehen, die uns die Kraft und den Mut zusenden.

„Mit Rückenwind kommen wir zusammen“ – der Leitgedanke dieses Gottesdienstes weist uns weit über unsere Heimatorte hinaus. Er weitet unseren Horizont so, wie es auch Segelflieger beim Start erleben. Diese Welt ist gesegnet – der Auferstandene hat uns diesen weiten Raum vor Augen geführt und uns anvertraut, um seine Liebe zu bezeugen.

Liebe Gemeinde, das Fest der Himmelfahrt Jesu Christi mag gelegentlich etwas sperrig scheinen, gerade weil an diesem Tag oftmals so ganz andere Unternehmungen an der Zeit sind. Ich verstehe es jedoch als Ermutigung für unser Leben und Wirken als Christinnen und Christen in dieser noch unvollkommenen Welt. Es ist ein Tag, der uns vor Augen führt, dass Gott zwar nicht greifbar unter uns weilt, aber dass seine Worte und sein Segen uns als Rückenwind in dieser Welt und durch unser Leben hindurch begleiten. Manchmal nur ganz leicht spürbar, als sanfter Schub, wenn der Berg vor uns sehr steil scheint und der Weg sehr steinig ist. Manchmal voller Kraft, der uns ordentlich in Fahrt bringt und uns zwingt. Und gelegentlich kehrt sich dieser Rückenwind um, wird zum Gegenwind, wenn er verhindern will, dass wir uns verrennen. Es lohnt sich also gelegentlich, die Windrichtung genau zu analysieren – und vor allem mit Freude die Lebensfahrt in die Weite des Raumes anzugehen. Denn, liebe Gemeinde, beim Anspiel haben wir es bereits gehört: „Der Himmel ist hier und da, da und hier – mitten unter uns!“

Und so schließe ich mit Worten des wunderbaren Hanns Dieter Hüsch.

„In der Nähe Deines Himmels“

Im Übrigen meine ich
Dass Gott der Herr uns gerade in diesen Tagen
Des wetterwendischen Frühlings
Aber auch der sich uns nähernden Wärme
Uns wieder den Aufbruch der Natur
Und damit auch den Neuanfang auch für unser Gemüt
Und unseren Geist deutlich spüren lässt

Dass er uns immer wieder in die Nähe seines Himmels führe
Sein Wort durch unseren Kopf gehen lässt
Seinen Blick in unser Herz senkt

Er möge uns
Sichtbar und unsichtbar zeigen
Dass wir nicht verloren sind
Auch wenn die Welt verloren ging

Und dass er sich unser erbarmt
So wie wir uns erbarmen wollen
Die Hilflosen und Beladenen
Die Obdach- und besitzlosen
Sollen unser besonderes Augenmerk haben

Die Kunst des Zusammenführens und Zusammendenkens
Möchten wir wieder lernen
Mit ihm dem Sohne und dem Heiligen Geiste

Lehre uns auf deine Weise die Dinge zu Ende zu denken
So dass wir neu anfangen können
Mit dir und mit allen Geschöpfen die du gemacht
(...) Allen die unter deinem Himmel

Dafür danken wir dir und preisen dich auf unseren Wegen
Von dir und zu dir am Morgen wie am Abend ohne Ende.

Amen

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