„Gottorfer Gespräche“

Kirche und Wirtschaft schaffen neues Forum für gesellschaftlichen Diskurs

© Frank Zabel / Nordkirche

07. Oktober 2016 von

Schleswig. Kirche und Wirtschaft haben heute (7. Oktober) in Schleswig ein neues Forum für einen gesellschaftlichen Diskurs gestartet: Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) hatte gemeinsam mit der Studien- und Fördergesellschaft zu den „Gottorfer Gesprächen“ ins Schleswig-Holsteinische Landesmuseum eingeladen. Rund 100 Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Kirche, Gerichtsbarkeit und Verwaltung diskutierten über den gesellschaftlichen Zusammenhalt, unter ihnen Dr. Philipp Murmann (Vorstand der Studien- und Fördergesellschaft), Bischof Gothart Magaard (Sprengel Schleswig und Holstein) und der stellvertretende Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein, Dr. Robert Habeck.

In seiner Begrüßung erinnerte Dr. Murmann an das „Ethik-Symposium“, das vor gut 25 Jahren von Bischof Ulrich Wilckens, Ministerpräsident Björn Engholm und dem damaligen Vorsitzenden der Studien- und Fördergesellschaft, Dr. Dietrich Schulz, in Lübeck ins Leben gerufen worden war. „Während es vor einem Vierteljahrhundert darum ging, aus zwei Staaten, zwei Wirtschaftssystemen, zwei Kulturen etwas Gemeinsames zu entwickeln, geht es uns heute um den Zusammenhalt unseres Gemeinwesens, um den Zusammenhalt unserer Gesellschaft“, so Murmann.

Dr. Philipp Murmann: „Neues annehmen – Menschen mitnehmen“

Der technische Fortschritt habe große Auswirkungen auf die Arbeitswelt, aber nicht alle Menschen könnten sich mit dem Neuen arrangieren. „Was für den technischen Fortschritt gilt, das gilt auch für die Globalisierung: sie ist wirtschaftlich sinnvoll und notwendig, lässt aber auch Menschen zurück“, so Murmann. Die Gesellschaft müsse sich diesen Herausforderungen stellen und sich fragen, „ob wir uns genug Mühe geben, so viele Menschen wie möglich mitzunehmen, um Ausgrenzungen so weit wie möglich zu vermeiden“. Als weiteren Aspekt nannte Murmann die zunehmende Individualisierung, die einherginge mit dem Wandel in der Arbeitswelt. Ausnahmen bestätigten jedoch die Regel wie die Solidarität bei Hilfs- und Spendenprojekten im Katastrophenfall oder die Willkommenskultur in der derzeitigen Flüchtlingssituation zeigen. Kritisch hinterfragte er, ob sich Solidarität in unserer Gesellschaft zu einer temporären, anlassbezogenen Solidarität entwickle. „In weiten Teilen Deutschlands - und Europas generell - erleben wir, dass die städtischen Metropolen den ländlichen Raum abhängen. Eigentum verliert an Wert und soziale Strukturen zerfasern“, fuhr Murmann fort. Das Auseinanderbrechen von Stadt und Land führe unter anderem dazu, dass in ländlichen Räumen europaweit die Rechtspopulisten an Boden gewinnen würden. Hier sei seitens der Politik intensivere Hilfe und Ideenreichtum gefordert, um gegenzusteuern.

Bischof Gothart Magaard: „Integration fördern – Teilhabe ermöglichen“

Als große gesellschaftliche Herausforderung bezeichnete Bischof Gothart Magaard, die Integration von schutzsuchenden Menschen zu fördern, ihnen eine Perspektive zu bieten und gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. „Ich habe mich in den vergangenen Wochen durch Besuche im ganzen Land davon überzeugen können und bin sehr froh, dass wir Schleswig-Holsteiner von einer herzlichen, engagierten Willkommenskultur sprechen können. Nun ist es an der Zeit, die Integration der Menschen in den Blick zu nehmen. Dabei gilt es, die Kommenden und die Alteingesessenen nicht gegeneinander auszuspielen und die soziale Ungleichheit in unserem Land nicht aus den Augen zu verlieren“, so Bischof Magaard. Mit Sorge blicke er auf eine zunehmende Radikalisierung der öffentlichen Diskussion, die sich stark an den Themen Flucht und Integration entzünde. „Von Zukunftssorgen fühlen sich immer mehr Menschen betroffen. Wir als Kirche haben dabei – von unserem Selbstverständnis her – stets einen Blick darauf, dass alle Menschen gleiche Chancen und Möglichkeiten haben. Besonders die Kinderarmut in Schleswig-Holstein erfüllt mich mit großer Sorge. Hier sind wir alle gefordert“, sagte Magaard. Sein Plädoyer für den Zusammenhalt der christlichen Gemeinschaft unterstrich der Bischof mit Worten der Bibel des Apostels Paulus (1. Kor 12): „Die Gemeinschaft ist wie ein Leib mit unterschiedlichen Gliedern. Diese Glieder sind unterschiedlichste Personengruppen mit verschiedenen, oft widersprüchlichen Interessen und Aufgaben.“ Das gemeinsame Ziel sei der immer wieder zu leistende Aufbau einer Gesellschaft zum Wohle aller Menschen.

Dr. Robert Habeck: „Für Demokratie streiten – um Zusammenhalt ringen“

Unsere Zeit werde von einer politischen Orientierungslosigkeit und Unsicherheit bestimmt, sagte Dr. Robert Habeck in seiner Funktion als stellvertretender Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein zum gesellschaftlichen Zustand. „Krisen schwelen und Kriege toben um uns herum. Roboter übernehmen Arbeitsplätze und die Gesellschaft spaltet sich in arm und reich.“ Die wachsende Verunsicherung und das augenfällige Schwinden an Vertrauen in die demokratisch legitimierten Institutionen müsse Ansporn sein, im „besten Sinne“ wieder Politik zu machen. „Wir müssen für unsere Freiheit, die Demokratie und den Rechtsstaat streiten und um den Zusammenhalt ringen. Wir dürfen der Angstpolitik nicht die Herrschaft überlassen, sie spaltet und will spalten“, so Habeck. Es gehe darum, den „Laden“ zusammenhalten.

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