Auftritte vorm Altar

Kirchen-Clown Leo bringt Gott und die Welt zum Lachen

Als Kirchenclown Leo reist Steffen Schulz durch die Republik, hier bei einem Auftritt in der Frauenkirche Dresden
Als Kirchenclown Leo reist Steffen Schulz durch die Republik, hier bei einem Auftritt in der Frauenkirche Dresden© epd-Bild

30. Januar 2015 von Timo Teggatz

Halle. Gott hat gut Lachen. Davon ist Steffen Schulz überzeugt. Er reist als Kirchen-Clown Leo durch die Republik und feiert in vollen Gotteshäusern Erfolge. Mehr noch: Seine Besucher bekommen wieder Lust auf Glauben.

Die Kirche ist proppenvoll, in den ersten Reihen drängen sich kleine Kinder. Wenn sie nicht gerade doch noch mal aufspringen, rätseln sie über das seltsame „Bühnenbild“ im Altarraum. Links steht eine halbhohe Leiter, rechts eine braune Kiste, dazwischen hängt ein dunkelblaues Tuch. Dann wird es auf einen Schlag ruhig. Gebannt sind die gut hundert Augenpaare auf den Vorhang gerichtet, hinter dem ein gelbes Tuch auftaucht. Unter dem unförmigen Etwas, das im wirklichen Leben ein Spannbettlaken ist, scheint ein Mensch zu stecken. Nach und nach schält er sich heraus: Clown Leo.

Am Lesepult greift er zu einem Buch, brabbelt Unverständliches vor sich hin. Nur Eingeweihte ahnen: Hebräisch! Dann unterbricht sich der Clown, stutzt und dreht das Buch um. Jetzt liest er: „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer. Am ersten Tag schuf Gott das Licht und sah, dass das Licht gut war.“

Jetzt ist allen klar, es geht um die Schöpfungsgeschichte. Na klar, ist ja Kirche. Aber von einem Clown? Und schon erntet Leo die ersten Lacher, denn aus dem Regenschirm, den er wie einen Himmel über sich aufspannt, spritzt Wasser. Und Vornesitzende kommen nicht ungeschoren davon. „Himmelherrgottnochmal“, ruft Leo und klagt über „nasse Wassermassen – ich kann es gar nicht fassen...“

Gottesdienst und Theater zugleich

Und als er wenig später jammert „Das Wasser wütet unerhört, bis es die ganze Welt zerstört“, klingt dies wie ein Kyrie. Deshalb folgt auch wenig später das Gloria: „Gott spannte seinen Schirm darauf und das Chaos hörte auf.“ Jetzt steigt Leo, der vor den Fluten auf die Leiter geflüchtet war, herab. Die Stoffbahnen, Land und Wasser, teilen sich; auf der Kiste sprießen Blumen.

„Ich empfinde das als einen Gottesdienst“, sagt Clown Leo, „aber es ist natürlich auch Theaterarbeit.“ Seit 1999 arbeitet Steffen Schulz als Kirchenclown, „wohl immer noch als der einzige hauptberufliche EKD-weit“. Auf den Gedanken hatte den Hallenser sein damaliger Superintendent Günter Buchenau gebracht: Ob er sich vorstellen könne, als Clown einen Gottesdienst zu gestalten. „Die Idee hörte sich befremdlich, aber verlockend an“, erinnert sich Schulz, der damals noch als Sozialarbeiter in der Diakonie arbeitete und Kulturmanagement studiert hatte, aber erste Erfolge als Clown feierte. In den vergangenen Jahren sind zahreiche Theaterstücke entstanden, die in der Kirche aufgeführt werden und auch als Gottesdienste gefeiert werden können. „In meinen Clownstheaterstücken schlüpfe ich emotional in die handelnden Figuren – und bleibe doch immer Clown Leo“, erklärt Schulz.

Wenn der Clown schweigt

So zieht Clown Leo schon mal wie „Menschenfischer“ Jesus an der Spitze einer Polonaise durch das Kirchenschiff. Am Ende stehen alle vor dem Altar. Und wenn dann Leo zählt, fehlt immer ein Mensch – beste Gelegenheit für den Pfarrer, hier mit dem Gleichnis vom verlorenen Schaf anzusetzen. Clown Leo scheut nicht einmal vor Auftritten in der Passionszeit zurück, wenn auch nicht in eine Liturgie eingepasst. Bestens geeignet sei aber die Matthäuspassion. Bei Steffen Schulz wird daraus ein Clownsspiel ohne Worte, aber mit der Musik Johann Sebastian Bachs.

„Das Stück war eigentlich für Erwachsene gedacht. Aber wir haben es gleich nach der Premiere bei einem Kinderkirchentag aufgeführt“, erinnert sich der Clown. Konnte das gut gehen? Ein Clown, der nichts sagt, alte Musik auf klassischen Instrumenten gespielt? „Die Kinder haben uns eines Besseren belehrt“, sagt Steffen Schulz nicht ohne Stolz. Der Pfarrer habe ihn am Ende gefragt, wie es ihm gelungen sei, die übelsten Rabauken zu bändigen, die sonst immer über Tische und Bänke gingen.

In diesem Jahr spielt Clown Leo die Matthäuspassion am Gründonnerstag um 19.30 Uhr in der Petruskirche Wolfsburg-Vorsfelde und am Karfreitag um 15 Uhr in der Thomas-Kirche in Oldenburg-Ofenerdiek. „Die Gemeinden wünschen die Aufführung in der Sterbestunde, vielleicht weil die Szene so unvorstellbar ist und in der Hoffnung, dass der Clown ihnen ein klein wenig vom Osterlachen bringt.“

Den Künstlernamen vom Opa geliehen

Doch nicht nur Kinder („die gehen sehr empathisch mit“) zieht der Clown Leo in seinen Bann. Eine gespannt-aufmerksame Stille habe auch im Brandenburger Dom geherrscht, als er die Matthäuspassion vor 600 halbwüchsigen Schülern des Domgymnasiums („längst nicht alles Christen“) aufgeführt habe. Und dieses Gebanntsein habe sich nur an den gewünschten Stellen in Gelächter entladen, etwa bei der Judas-Kussszene: „Ich halte meine tränenverschmierte Wange dem Oboisten zum Bruderkuss hin“, erzählt Leo, „und als er sie küssen will, drehe ich blitzschnell meinen Kopf, so dass sich scheinbar unsere Lippen treffen.“ Nach der Aufführung habe er mit den Jugendlichen noch Gespräche geführt, die sehr zu Herzen gingen: „Das Wagnis hatte sich gelohnt.“

Die Theologie war dem in der DDR geborenen Mittvierziger nicht in die Wiege gelegt. Zwar sei sein Großvater Leo, von dem er sich den Künstlernamen geliehen habe, ein frommer Mann gewesen, aber mehr als als Christenlehre, Konfirmandenunterricht, Junge Gemeinde und Hauskreise habe er nicht genossen. Erst später habe er ein Fernstudium der Theologe absolviert und sei ins Ehrenamt als Prädikant ordiniert worden. So könne er sein Programme selbst theologisch abnehmen.

"Wo Glaube ist, da ist auch Lachen"

Immerhin habe sich in der Kirche einiges gewandelt im Verhältnis zu Humor und Komik, glaubt Schulz. Sicher nähmen immer noch viele christliches und gottesdienstliches Leben nicht als humorvoll wahr. Und tatsächlich lasse die Liturgie keine Scherze zu. Andererseits habe Martin Luther einmal gesagt: „Wo Glaube ist, da ist auch Lachen.“ Gerade weil der Clown viele Eigenschaften mit Gott teile – „er ist weder alt noch jung, weder männlich noch weiblich, er bewegt sich außerhalb von Raum und Zeit, ist einfach universell“  – stelle sich die Frage: „Warum nicht als Clown?“ Als „Spielmann Gottes“ erlebe er die „wunderbare ergänzende Möglichkeit, Menschen zum Staunen, Lachen und Nachdenken anzuregen“, sagt Schulz und zitiert nochmals Luther: „Das Evangelium kann nicht ohne Humor gepredigt werden.“

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