Kirchen fordern Kehrtwende bei deutschen Rüstungsexporten
17. Dezember 2013
Berlin. Die deutsche Rüstungsexportpolitik geht nach Ansicht der Kirchen in die falsche Richtung. Drittstaaten werden als Abnehmer immer wichtiger. Vor allem langlebige Kleinwaffen aus Deutschland werden deutlich stärker nachgefragt.
Evangelische und katholische Kirche haben das Ausmaß deutscher Rüstungsexporte scharf kritisiert. Eine Kehrtwende hin zu einer strengeren Genehmigungspraxis forderten der Bevollmächtige der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Martin Dutzmann, sowie sein katholischer Amtskollege Karl Jüsten am Montag, 16.12., in Berlin bei der Vorstellung des alternativen Rüstungsexportberichts 2013.
Nach Berechnungen der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) erteilte die Bundesregierung im Jahr 2012 insgesamt 16.380 Einzelausfuhrgenehmigungen für Rüstungsgüter im Wert von 4,704 Milliarden Euro. Hinzu kamen 77 Sammelausfuhrgenehmigungen im Wert von 4,172 Milliarden Euro. Zudem wurden Kriegswaffen im Wert vom 946 Millionen Euro im Jahr 2012 exportiert.
Starker Anstieg bei der Ausfuhr kleiner und leichter Waffen
Bei den Einzelgenehmigungen gingen 45 Prozent der Rüstungsausfuhren an EU- oder NATO-Staaten. Zugleich wurden zu 55 Prozent Drittstaaten mit Rüstungsgütern beliefert. Wichtigster Abnehmer war hier Saudi-Arabien mit einem Genehmigungswert von 1,237 Milliarden Euro, betonte Dutzmann. Mit großem Abstand folgten Algerien, Südkorea, Singapur, die Vereinigten Arabischen Emirate, Irak, Indien und Israel.
Der EKD-Bevollmächtigte machte vor allem auf den starken Anstieg bei der Ausfuhr kleiner und leichter Waffen wie etwa Sturmgewehren und Maschinenpistolen aufmerksam. Die Bundesregierung habe 2012 die Ausfuhr von 66.955 solcher Waffen genehmigt. Das waren doppelt so viel wie 2011. Die Auswirkungen seien verheerend. "Immer wieder geraten sie auf illegalem Weg in fragile Staaten und Konfliktgebiete", sagte Dutzmann. Jan Grebe, der Vorsitzende der GKKE Fachgruppe Rüstungsexporte, betonte: "Diese Waffen sind für die meisten Toten verantwortlich."
Illegale Handelswege mit "verheerenden Auswirkungen"
Grebe verwies darauf, dass Waffenexporte in Konfliktregionen lange Zeit als Tabu der deutschen Rüstungsexportpolitik galten. Nun sei zu befürchten, dass sie "gerade zu einem Pfeiler der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik werden".
"Vor allem Rüstungsgeschäfte mit "zahlungswilligen und -kräftigen Herrschern aus dem Nahen und Mittleren Osten haben zugenommen", kritisierte Dutzmann. Dies berge erhebliche Gefahren für die regionale Stabilität. Auch Staaten, in denen Menschenrechtsverletzungen begangen werden, werden mit deutschen Rüstungsgütern beliefert, kritisierte Dutzmann.
Mehr Transparenz und Kontrolle erwünscht
"Die Rüstungsexportpolitik geht in die falsche Richtung", resümierte Jüsten. Er forderte, den Export von Waffen unter friedensethischen Gesichtspunkten zu bewerten. Weil Waffen Gewaltmittel seien, dürfe es nicht in erster Linie um Arbeitsplätze, Standortfragen oder den Erhalt einer Industrie gehen. Jüsten bekräftigte zudem die Forderungen nach einer zügigeren Berichterstattung der Bundesregierung, mehr Transparenz und mehr parlamentarischer Kontrolle bei den Genehmigungsverfahren.
Die GKKE beleuchtet mit ihrem diesjährigen Rüstungsexportbereicht bereits zum 17. Mal kritisch die öffentlich zugänglichen Informationen über deutsche Rüstungsexporte. Betrachtet wurde das Jahr 2012. Aussagen über das laufende Jahr lassen sich daher noch nicht treffen. Die Bundesregierung hatte ihren Rüstungsexportbericht 2013 vor knapp vier Wochen am 20. November 2013 vorgestellt und insgesamt einen Rückgang beim Wert der Rüstungsexporte konstatiert