Kulturzentrum Kampnagel will Lampedusa-Flüchtlinge aufnehmen
22. September 2014
Hamburg. Für Kampnagel-Intendantin Amelie Deuflhard ist es „ein Projekt mit Strahlkraft“: Sieben Lampedusa-Flüchtlinge sollen in einem Nachbau der „Roten Flora“ überwintern, das schon auf dem Gelände des Kulturzentrums steht.
Wenn das Hamburger Kulturzentrum Kampnagel sieben „Lampedusa“-Flüchtlinge aufnimmt, dann soll es mehr sein als ein Akt der Nächstenliebe. Es sei über die reine Unterbringung hinaus ein künstlerisches Projekt, sagt Kampnagel-Intendantin Amelie Deuflhard. Die sieben Frauen und Männer können sich kreativ in die künstlerische Arbeit und in den Stadtteil Barmbek einbringen. Deuflhard: „Ein Projekt mit großer Strahlkraft.“
Das Haus für die Flüchtlinge steht schon auf dem Kampnagel-Gelände – allerdings erst im Rohbau. Für das Kampnagel-Sommerfestival wurde die linksalternative „Rote Flora“ in Kleinformat nachgebaut. Rund 100 Quadratmeter misst der rot gestrichene Holzbau, der bereits szenegerecht mit schwarzen Graffitis bearbeitet wurde.
Der Bau soll zu einer "EcoFavela" werden
Im Inneren zeigt Berndt Jasper, was noch alles zu tun ist: Jeder Flüchtling erhält ein eigenes Zimmer von rund zehn Quadratmetern. Dazu werden eine Küche und Sanitäranlagen eingebaut. Um den Öko-Standards der Wärmedämmung zu genügen, werden die Außenwände isoliert. So soll der Holzbau zur „EcoFavela“ werden. An den Umbauarbeiten wollen sich auch die Flüchtlinge beteiligen. Jasper ist bildender Künstler der Künstlergruppe von Baltic Raw, die das Projekt begleitet.
Zumindest für den Anfang scheint die Finanzierung gesichert. 10 000 Euro sollten mittels Crowdfunding aufgebracht werden, und bereits drei Tage vor der selbst gesetzten Frist sind mehr als 10 000 Euro an Spenden eingegangen. Doch es sei mehr Geld nötig, sagt Baltic Raw, damit die laufenden Kosten wie zum Beispiel Strom oder Heizung beglichen werden könnten.
Die Flüchtlinge von Kampnagel gehören zu einem Teil der Lampedusa-Flüchtlingsgruppr, die sich bei der Ausländerbehörde bislang nicht hat registrieren lassen. Sie besitzen daher keine gültigen Aufenthaltspapiere. Die Westafrikaner waren in Libyen als Gastarbeiter tätig und flüchteten während des Libyen-Krieges auf die italienische Insel Lampedusa. In Italien erhielten sie Asyl, wurden von den Behörden aber nach Deutschland geschickt. Sie gehören zu einer Gruppe von Flüchtlingen, die seit Sommer 2013 ein Gruppen-Bleiberecht nach Paragraph 23 des Aufenthaltsgesetzes fordern.
Im Oktober steigt die Eröffnungsfeier
Die Auswahl der sieben Frauen und Männer hat die Lampedusa-Gruppe weitgehend selbst übernommen. Móka Farkas, Dramaturgin von Baltic Raw, hatte Kontakt zur Gruppe aufgenommen und dort den Flüchtlingen das Kunstprojekt vorgestellt.
Eine Eröffnungsfeier ist für Ende Oktober geplant. Wie sich das Leben der Flüchtlinge dann entwickelt, sei ein offener Prozess, sagt Berndt Jasper. Eine dauerhafte Unterbringung ist allerdings nicht geplant: Am 1. Mai 2015 soll das Kunstprojekt beendet sein.