Landesbischof Ulrich: „Die Erde muss gestaltet werden, nicht der Himmel“
24. September 2016
Sellin. Mit einem Gottesdienst fand heute (24. September) in Sellin auf Rügen eine Partnerschaftstagung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) und der Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen ihren Abschluss. Drei Tage lang hatten sich dazu Mitglieder der Ersten Kirchenleitung der Nordkirche mit einer Delegation der polnischen Partnerkirche über das gemeinsame Erbe der Reformation und aktuelle Herausforderungen für die lutherischen Kirchen ausgetauscht.
Landesbischof Gerhard Ulrich dankte in seiner Predigt den Vertreterinnen und Vertretern beider Kirchen für die Gespräche und die gemeinsame Arbeit der vergangenen Tage. "Ich habe Ihnen die Freude dabei abgespürt. Das ist viel. Gerade angesichts der furchtbaren von uns Deutschen heraufgeführten Vergangenheit zwischen unseren Ländern. Und auch angesichts der gegenwärtigen Zerrissenheit in Europa. Es ist die Verheißung von christlicher Partnerschaft, die ich hier spüre."
Der Apostel Paulus, so der Landesbischof weiter, erinnere die Menschen immer wieder an eines: "Eure unterschiedlichen Werte und Normen - sie gibt es nicht um ihrer selbst willen. Sie sind nicht absolut, sondern stehen in ganz konkreter Beziehung zu Gottes Willen."
Vertrauen auf die Solidarität christlicher Gemeinschaft
Es sei wichtig, "im geschwisterlichen Gespräch zu bleiben, aufeinander zu hören, nicht müde zu werden und miteinander in der Fürbitte verbunden zu sein", sagte Ulrich und betonte die "Souveränität dessen, der weiß, dass er nicht alles vermag, der sich als Teil der Gemeinschaft der Glaubenden weiß und darauf vertraut".
Angesichts von Krieg und Vertreibung, Egoismus und Kleingläubigkeit, Intoleranz und religiöser Rechthaberei gelte es, immer wieder an Gottes Geist zu erinnern, "der uns und die Welt anders machen wird", so Ulrich. "Die Erde muss gestaltet werden, nicht der Himmel. Nicht spekulative Himmelsstürmer sollen wir werden, sondern Erdenmenschen, die angesichts des offenen Himmels über uns gegen die verschlossenen Herzen und Türen in der Welt anstürmen. Der Weg Jesu zeigt uns immer wieder: Leid und Not werden nicht das letzte Wort haben", so Landesbischof Ulrich.
Auf dem Programm der Partnerschaftstagung standen neben dem Schwerpunktthema "Reformation und Eine Welt" auch Besuche von Kirchengemeinden auf Rügen.
Hintergrund:
Die Nordkirche unterhält Beziehungen zu den beiden Diözesen Wrocławska (Breslau) und Pomorsko-Wielkopolska (Pommern-Großpolen). Beide Diözesen liegen auf dem Gebiet Hinterpommerns, das bis 1945 zur Pommerschen Kirche gehörte. Sie haben jeweils etwa 3.000 Gemeindeglieder. Insgesamt ist die lutherische Kirche, die Evangelisch-Augsburgische Kirche in Polen, eine kleine Kirche mit etwa 80.000 Mitgliedern in sechs Diözesen und 130 Gemeinden. 95 Prozent der Bevölkerung Polens sind römisch-katholisch.