Margot Käßmann: Luther war kein makelloser Held
30. Oktober 2013
Bundesweit feiern protestantische Christen an diesem Donnerstag den Reformationstag. Mit Gottesdiensten und zahlreichen Veranstaltungen erinnert die evangelische Kirche an ihren Ursprung. Vor fast 500 Jahren, am 31. Oktober 1517, verbreitete Martin Luther seine 95 Thesen gegen die Missstände der spätmittelalterlichen Kirche. Dieses Datum gilt als Beginn der Reformation. Die EKD-Botschafterin für das Reformationsjubiläum Margot Käßmann (55) ist sich aber auch der Schattenseiten des Reformators bewusst.
Man könne Luther nicht als "makellosen Helden" sehen, sagte die Reformationsbotschafterin den "Lübecker Nachrichten" (Donnerstagausgabe). "Er hat leider auch mit seinem Antijudaismus die Entwicklung der evangelischen Kirche geprägt, bis hin zum Holocaust." Luther habe auch gegen die Türken und Wiedertäufer gewettert. "Seine Intoleranz gegenüber anderen Glaubensrichtungen ist für uns heute völlig inakzeptabel", so Käßmann. Aber "Gott sei Dank gibt es eine Lerngeschichte in der Reformation".
Neues Themenjahr "Reformation und Politik"
In Augsburg wird am Donnerstag mit einem Festgottesdienst das neue Themenjahr "Reformation und Politik" eröffnet. Die Predigt in dem Gottesdienst hält die ehemalige Bischöfin Margot Käßmann, zusammen mit der Münchner Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler. Im Anschluss ist ein Festakt mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) und dem früheren Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, geplant.
In der Lutherdekade, die 2008 in Wittenberg startete, steht jedes Jahr ein anderes Thema im Mittelpunkt. Augsburg war ein wichtiger Schauplatz der Reformation. Auf dem Reichstag 1530 wurde das Augsburger Bekenntnis, die lutherische "Confessio Augustana", verlesen. 25 Jahre später wurde in der Stadt der Augsburger Reichs- und Religionsfrieden verabschiedet, der ein friedliches Nebeneinander der Konfessionen im Reich vorschrieb.
Käßmann: Halloween nur Verkaufs-Event und "kommerzieller Humbug"
Halloween ist für die Ex-Bischöfin nur "kommerzieller Humbug". Käßmann: "Das wurde gezielt eingeführt, um irgendwo im Kalender zwischen den Sommer-Grillpartys und dem 1. Advent noch ein Verkaufs-Event mit allem möglichen Schnickschnack zu etablieren." Halloween sei gegen alle Grundüberzeugungen der Reformation, denn Martin Luther wollte Angst nehmen - vor Geistern, Gespenstern, dem Bösen, dem Teufel. "Und heute? Da sind am 31. Oktober die Kinder in Grusel-Kostümen unterwegs." Das könne sie nicht ernst nehmen.