Medizinhistoriker warnt eindringlich vor "Eventleichnamen"
17. Juli 2014
Vor einem "Spektakel mit Leichen" warnt der Medizinhistoriker Schnalke. Er fordert eine gesellschaftliche Debatte über die "Körperwelten-Ausstellung". Die Kirche bereitet unterdessen in Hamburg das Projekt "Lebenswelten" vor.
In der Debatte um das geplante "Körperwelten"-Museum in Berlin hat der Direktor des Medizinhistorischen Museums der Charité, Thomas Schnalke, vor einem Spektakel mit Leichen gewarnt. Viele der bislang in den "Körperwelten"-Ausstellungen zu sehenden Ganzkörperfiguren sorgten zwar für Emotionen. "Sie klären aber nicht mehr über den Bau des menschlichen Körpers auf", sagte Schnalke in Berlin dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Der Medizinhistoriker forderte eine gesellschaftliche Debatte "darüber, ab wann der didaktische Raum verlassen wird und ab wann die Darstellung ins Ereignishaft-Spielerische abdriftet". Er halte es ethisch für nicht vertretbar, "einen Eventleichnam im Schauraum auszustellen". Schnalke unterrichtet Medizingeschichte an der Berliner Charité.
Ähnlich argumentiert Bischöfin Kirsten Fehrs im Blick auf die Hamburger Ausstellung "Körperwelten - Eine Herzenssache". Die Darstellung abgezogener Haut, aufgesägter Schädel und weitaufgerissener Augen löse in ihr "das Gefühl aus, dass hier schützenswerte Grenzen verletzt werden". Die Leichen-Schau störe die Totenruhe, und ihr Umgang mit den Toten sei "meilenweit entfernt von den Diskussionen, die derzeit in seriösen Museen geführt werden", so Fehrs zur Eröffnung Mitte Mai. Die "marktschreierischen Körperwelten" nutzten die Toten als Objekt.
Ausstellung "Lebenswelten" wird vorbereitet
Das Pikante in Hamburg: Genau gegenüber des Ausstellungsortes liegt das Ökumenische Forum HafenCity mitsamt der Bischofskanzlei. Bischöfin Fehrs ist Schirmherrin der geplanten Foto-Ausstellung «Lebenswelten». Das Ökumenische Forum lädt zu einer Auseinandersetzung und einem Dialog mit den «Körperwelten» ein. Seit kurzem gibt es das Projekt «Lebenswelten». Dafür wird vor dem Forum ein mobiles Fotostudio aufgebaut. Besucher der Ausstellung, Bewohner der HafenCity und andere Interessierte sind eingeladen, eine eigene Ausstellung mit zu gestalten, die Menschen in ihrer Vielfalt und Lebendigkeit zeigt. Für dieses Projekt hat die Bischöfin die Schirmherrschaft übernommen. Bei der traditionellen «Nacht der Kirchen» (6. September) sollen die lebensgroßen Porträts unter dem Motto «Beherzt» ausgestellt werden.