22. Mai 2016 | St. Marienkirche Husum

„Miteinander auf der Suche nach dem, was Glaube bedeutet“

22. Mai 2016 von Gothart Magaard

Trinitatis, Predigt über Joh 3,8 zur Eröffnung der Aktion „artist in parish“ im Rahmen des Reformationsjubiläums

„Der Wind weht wo er will, und du hörst sein Sausen wohl; aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er fährt.“

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch. Amen.

Liebe Gemeinde,

Trinitatis, Tag der Dreifaltigkeit. Fragt mich jemand, was wir am heutigen Tag feiern, liegt die Antwort nicht direkt auf der Zunge. Es gibt keine Festlegende zum Sonntag Trinitatis, wie zu Pfingsten oder Himmelfahrt. Nein, dieser Sonntag stellt das Geheimnis Gottes in den Mittelpunkt mit der ganzen Vielfalt seiner biblischen Bezüge und ebenso den gegenwärtigen Erfahrungen Gottes.

„Im Namen Gottes des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ – in diesen vertrauten Worten, die jeden Gottesdienst eröffnen, fließen die verschiedenen Erfahrungen und Ahnungen Gottes zusammen.

Wir bekennen uns zu Gott, dem Schöpfer – der alles was ist, in unvordenklicher Zeit ins Leben rief und es bis auf den heutigen Tag bewahrt und erhalten hat. Wir bekennen uns zu dem Gott, der in der Schönheit der Schöpfung seine Spuren erkennen lässt – und uns in seiner Allmacht doch auch abgründig verborgen erscheint.

Wir bekennen uns zu Jesus Christus, der die Botschaft vom Himmelreich hineinerzählte in den Alltag, in Lebens-, Haushalts- und Wirtschaftsgeschichten hinein. Wir bekennen uns zu seinem Weg, der die maßlose Liebe Gottes in dieser Welt aufscheinen ließ und am Kreuz nicht endete.

Und wir bekennen uns zum Heiligen Geist – Gottes unsichtbarem Wirken in dieser Welt, erfahrbar als Rücken- und Gegenwind.

Wir bekennen uns zu diesem Gott, der Menschen zu jenem eigentümlichen Häuflein zusammenführt, das sich Kirche nennt, griechisch: Ekklesia – Gemeinschaft der „Herausgerufenen“.

Herausgerufen zunächst aus den Konventionen der Gottesbilder. Herausgerufen in die Weite der Welt, um eine Liebe zu bezeugen, die sich wehrlos unter die Menschen begibt um aufzurichten, einzusammeln und uns zu suchen, immer wieder zu suchen. Herausgerufen schließlich aus den Mauern der Kirchen, um Salz der Erde und Licht der Welt zu sein – und inmitten einer friedlosen Zeit Gottes Ankunft in dieser Welt und die Hoffnung gegen die Todesmächte zu bezeugen.

Das alles: Im Namen Gottes des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes – im Glauben, der an der Vorläufigkeit aller Erfahrungen mit Gott nicht irre wird und dem das Geheimnis dieser Einheit in der Verschiedenheit der Begegnungsweisen des einen Gottes nicht zum unergründlichen Rätsel wird.

„Der Wind weht wo er will, und du hörst sein Sausen wohl; aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er fährt.“ So heißt es im letzten Satz des für den heutigen Tag vorgesehenen Textes aus dem Johannesevangelium. Er erzählt von der Begegnung zwischen Jesus und Nikodemus, einem Gespräch bei Nacht, wir haben davon in der Lesung gehört.

Der Pharisäer Nikodemus stellt Fragen, schaut hin und hört hin. Er lässt sich auf das Gespräch mit einem ein, der ihm ganz neu, ganz anders von diesem geheimnisvollen Gott erzählt, als er es kannte. Er geht dabei mit seinen Fragen tief hinein in die Materie, bleibt nicht an der Oberfläche. Er hält Widersprüche aus, gibt nicht so schnell auf. Ebenso wie Jesus, der die Ernsthaftigkeit des Gegenübers keinen Augenblick lang bezweifelt.

Für mich ist die Beschreibung dieser Begegnung zwischen Jesus und Nikodemus eine wichtige Verbindung zwischen dem heutigen Kirchenfest und dem nordkirchenweiten Projekt, das wir heute im Rahmen des Gedenkens der Reformation vor 500 Jahren eröffnen.

artist in parish“ haben wir es genannt – und es geht um eine fruchtbare Auseinandersetzung und Begegnung zwischen Künstlerinnen und Künstlern und Gemeinden, die sich zusammengefunden haben. In neun Gemeinden, über unsere ganze Nordkirche hinweg verteilt, wird es stattfinden, und ich freue mich, dass einige von Ihnen sich heute hierher nach Husum auf den Weg gemacht haben.

Für einen festgelegten Zeitraum zwischen zwei Wochen und vier Wochen lebt und arbeitet jeweils ein Künstler oder eine Künstlerin in einer Kirchengemeinde und erstellen vor Ort ein Kunstprojekt.

Von zentraler Bedeutung ist der Arbeits- und Gestaltungsprozess vor Ort, von dem wir uns eine fruchtbare gegenseitige Auseinandersetzung mit den Folgen der Reformation in unserem heutigen Alltag erhoffen.

Das Künstler-Gemeinde-Projekt wird das Thema „Magnifikat und Luther“ künstlerisch umsetzen. Rund um das Pfingstfest 2017 sollen die Ergebnisse dann der allgemeinen Öffentlichkeit in einem Gottesdienst vorgestellt werden.


Liebe Gemeinden, liebe Künstlerinnen und Künstler, Sie sind bereits und werden dann noch einmal intensiver miteinander im Gespräch sein. Sie werden einander befragen und ins Gespräch kommen, manchmal vielleicht irritieren, und vielleicht erleuchten und inspirieren.

Sie machen sich miteinander auf die Suche nach dem, was der Glaube, was das Lob Gottes heute bedeutet.Wie das, was in dem Loblied der Maria, im Magnificat in so eindrückliche Worte gefasst wurde, gedeutet werden kann. Und Ihre Begegnungen stehen ganz unter der zuversichtlichen Überschrift aus dem heutigen Evangelium: „Der Wind weht wo er will, und du hörst sein Sausen wohl; aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er fährt.“


Liebe Festgemeinde, ich danke an dieser Stelle allen Künstlerinnen und Künstlern und allen Engagierten aus unseren Kirchengemeinden, die sich auf dieses Wagnis einlassen. Und ich danke allen, die von Seiten der Reformationsarbeitsstelle oder als Mittler zwischen Kunst und Kirche und als weitere Projektbegleiterinnen und -begleiter mit Zeit, Gedanken und viel Arbeit dafür sorgen, dass dieses Projekt umgesetzt werden kann.

Das Ergebnis dieses Projektes kann nicht vorweggenommen oder geplant werden. Es bleibt offen und überraschend. Bei den einen mag es sich als ein Windhauch zeigen, bei den anderen als starker Rückenwind. Vielleicht wird die Begegnung miteinander sogar als Widerstand und Gegenwind erlebt, bei anderen entfacht sie vielleicht das Feuer der Begeisterung. Wir werden es sehen und spüren...und ich freue mich darauf!

„Der Wind weht wo er will, und du hörst sein Sausen wohl; aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er fährt.“


Liebe Gemeinde, eine ganze Fülle biblischer Geschichten und mit ihnen eine ganze Fülle von Gotteserfahrungen kommt zusammen, wenn wir Gott als Dreieinigen auch nur annähernd begreifen wollen.

Das Geheimnis seiner Trinität liegt tief in diesen Geschichten, nämlich darin, dass Gott sich als wandelbar erweist und sich doch treu bleibt. Er ist ein und derselbe, keiner der sich selbst neu erfindet oder der uns neu erfinden wollte – und vielleicht ist gerade das tiefe Geheimnis der Trinität, dass wir es mit einem Gott zu tun haben, der immer wieder uns Menschen sucht und findet. Der sich gerade darin treu bleibt, dass er unsere Gemeinschaft sucht. Er ist der Gott, der jeden und jede einzelne von uns sieht. Und dessen Markenzeichen die Aufmerksamkeit für das Unscheinbare ist.

Insofern muss sich auch bei unserem Projekt artist in parish niemand verbiegen: es kommt nicht darauf an, dass die Ergebnisse möglichst spektakulär sind. Sondern auf die Ernsthaftigkeit, mit der wir uns einander aussetzen – die Künstlerinnen und Künstler, die Kirchengemeinden, der Glaube, das Wort.

Gott, ist der Gott, der uns Gemeinschaft mit sich schenkt. Der Menschen aus der Einsamkeit holt und sagt: wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich gegenwärtig. Er ist der Gott, der unsichtbar und doch bewegend inmitten seiner Gemeinde tätig ist. Geist, der uns verbindet und uns Mut macht.


Liebe Festgemeinde, wer vom dreieinigen Gott sprechen will, muss von dem sprechen, den er gesegnet hat mit allem geistlichen Segen. Wer vom dreieinigen Gott sprechen will, muss von dem sprechen, den Gott erwählte, ehe der Welt Grund gelegt war.

Wer vom dreieinigen Gott sprechen will, darf und muss auch von uns Menschen sprechen. Es ist unser Fest, das wir heute feiern. Es ist das Fest unseres Lebens, das wir unter der Weite dieser göttlichen Güte, seiner rätselhaften Entzogenheit und seiner heilsamen Nähe führen.

„Der Wind weht wo er will, und du hörst sein Sausen wohl; aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er fährt.“

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, unserem Herrn.
Amen.

Veranstaltungen
Orte
  • Orte
  • Flensburg
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Flensburg-St. Johannis
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Gertrud zu Flensburg
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Marien zu Flensburg
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Michael in Flensburg
    • Ev.-Luth. St. Nikolai-Kirchengemeinde Flensburg
    • Ev.-Luth. St. Petrigemeinde in Flensburg
  • Hamburg
    • Hauptkirche St. Jacobi
    • Hauptkirche St. Katharinen
    • Hauptkirche St. Michaelis
    • Hauptkirche St. Nikolai
    • Hauptkirche St. Petri
  • Greifswald
    • Ev. Bugenhagengemeinde Greifswald Wieck-Eldena
    • Ev. Christus-Kirchengemeinde Greifswald
    • Ev. Johannes-Kirchengemeinde Greifswald
    • Ev. Kirchengemeinde St. Jacobi Greifswald
    • Ev. Kirchengemeinde St. Marien Greifswald
    • Ev. Kirchengemeinde St. Nikolai Greifswald
  • Kiel
  • Lübeck
    • Dom zu Lübeck
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Aegidien zu Lübeck
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Jakobi Lübeck
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Marien in Lübeck
    • St. Petri zu Lübeck
  • Rostock
    • Ev.-Luth. Innenstadtgemeinde Rostock
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Rostock Heiligen Geist
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Rostock-Evershagen
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Rostock-Lütten Klein
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Johannis Rostock
    • Ev.-Luth. Luther-St.-Andreas-Gemeinde Rostock
    • Kirche Warnemünde
  • Schleswig
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Schleswig
  • Schwerin
    • Ev.-Luth. Domgemeinde Schwerin
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Nikolai Schwerin
    • Ev.-Luth. Petrusgemeinde Schwerin
    • Ev.-Luth. Schloßkirchengemeinde Schwerin

Personen und Institutionen finden

EKD Info-Service

0800 5040 602

Montag bis Freitag von 9-18 Uhr kostenlos erreichbar - außer an bundesweiten Feiertagen

Sexualisierte Gewalt

0800 0220099

Unabhängige Ansprechstelle für Betroffene von sexualisierter Gewalt in der Nordkirche.
Montags 9-11 Uhr und mittwochs 15-17 Uhr. Mehr unter kirche-gegen-sexualisierte-gewalt.de

Telefonseelsorge

0800 1110 111

0800 1110 222

Kostenfrei, bundesweit, täglich, rund um die Uhr. Online telefonseelsorge.de

Zum Anfang der Seite