Politikwissenschaftler fordern Gedenkort für Rostock-Lichtenhagen
07. August 2012
20 Jahre nach den rassistischen Ausschreitungen von Rostock-Lichtenhagen haben Politikwissenschaftler und Studenten der Universität Rostock die Aufarbeitung der damaligen Gewalt als unzureichend kritisiert.
In einer am Dienstag in der Hansestadt vorgestellten Publikation des Instituts für Politik- und Verwaltungswissenschaften wird unter anderem bemängelt, dass es bis heute keinen dauerhaften Ort des Erinnerns und Gedenkens an die Ereignisse gibt. Vorgeschlagen wird eine museale Dauerausstellung, die dem Ausmaß derrassistischen Anschläge und Pogrome im wiedervereinigten Deutschland angemessenRechnung trägt.
Museale Dauerausstellung vorgeschlagen
Die 88-seitige Publikation umfasst drei Aufsätze und ist in der Reihe "Rostocker Informationen für Politik und Verwaltung" des Instituts für Politik- und Verwaltungswissenschaften erschienen. Die Beiträge sollen Lücken in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Thema füllen und in der politischen Bildungsarbeit eingesetzt werden.
Nach Ansicht der Autoren werden rassistische und gegen Sinti und Roma gerichtete Einstellungen bisher nur unzureichend mit den Ereignissen von 1992 in Beziehung gesetzt. Deshalb seien weitere Anstrengungen in der schulischen und außerschulischen Bildung erforderlich. Kritisiert wird ferner, dass die als "Zigeuner" Bezeichneten in den Wochen vor Lichtenhagen "als Fremdgruppe in den Medien aufgebaut" worden seien. In den Lokalzeitungen sei Raum geschaffen worden, die Roma unter anderem als "schmutzig", "kriminell" und "asozial" darzustellen. "Der Antiziganismus der Bevölkerung hat das Pogrom entfacht." Diese Dimension sei jedoch in seinem Verlauf hinter einen generellen Rassismus zurückgetreten, wie der Angriff auf die Unterkunft vietnamesischer Vertragsarbeiter zeige.
Wer war an den rassistischen Ausschreitungen beteiligt?
Zudem heißt es, es habe noch immer keine reflektierte Auseinandersetzung über die Beteiligung der Anwohner an den rassistischen Ausschreitungen stattgefunden. Stattdessen sei man bemüht gewesen, "die 'Randale' einer gesellschaftlich kleinen Gruppe von 'rechten Extremisten' zuzuschieben".
In Rostock-Lichtenhagen kam es vom 22. bis 26. August 1992 zu Ausschreitungen. Das sogenannte Sonnenblumenhaus wurde in der Nacht zum 26. August Ziel ausländerfeindlicher Übergriffe, die weit über Deutschland hinaus für Aufsehen sorgten. Damals hatten Hunderte Jugendliche und Erwachsene, darunter viele Rechtsradikale, die Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber sowie ein benachbartes Wohnheim für Vietnamesen belagert und aus der Menge heraus Steine und Brandsätze geworfen. Mehr als 100 Vietnamesen und ihre deutschen Helfer konnten sich nur durch Flucht auf das Dach des Hauses vor dem Feuer retten.