Themenschwerpunkt der Landessynode „Kirche im Umbruch – Projektion 2060“

Professor em. Gutmann: „Vertrauen braucht Ermutigung, Wertschätzung, Zuspruch“

"Die biblische Ökonomie ist eine Ökonomie der Verausgabung": Der Synodale Prof. em. Dr. Hans-Martin Gutmann aus Hamburg hielt einen theologischen Vortrag
"Die biblische Ökonomie ist eine Ökonomie der Verausgabung": Der Synodale Prof. em. Dr. Hans-Martin Gutmann aus Hamburg hielt einen theologischen Vortrag© Susanne Hübner, Nordkirche

15. November 2019 von Maren Warnecke

Lübeck-Travemünde. Die Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) hat heute (15. November) ihre Beratungen zum Thema „Kirche im Umbruch – Projektion 2060“ fortgesetzt. Unter der Überschrift „Fülle – nicht Knappheit. Warum wir theologisches Nachdenken brauchen“ hielt der Synodale Prof. em. Dr. Hans-Martin Gutmann einen Vortrag zum Thema des Tages. Gutmann lehrte bis zu seiner Emeritierung Praktische Theologie mit dem Schwerpunkt Homiletik am Institut für Praktische Theologie an der Universität Hamburg.

„Fürchte dich nicht!“ – An diese Zusage, die eine der biblischen Grundbotschaften sei und 75-mal in der Bibel vorkomme, erinnerte Gutmann die Synodalen und fragte zugleich, warum sie das Lebensgefühl der evangelischen Kirchen nicht erreiche und diese „so wenig Vertrauen“ hätten. Biblische Hoffnungsgeschichten hätten es zunehmend schwer, sagte Gutmann weiter. Verbindlich gültige Erzählungen stammten gegenwärtig „meistens aus Betriebswirtschaft und Juristerei“. Sie handelten „nicht von Fülle, sondern von Knappheit“, so Gutmann: „Alles wird weniger: Finanzen, Pfarrstellen, Pfarrer und Pfarrerinnen – und Mitglieder. Diese Geschichten sind keine Mutmach-Geschichten. Sie machen Angst. Angst kommt von Enge. Diese Geschichten verengen den Tunnelblick auf schwindende Zahlen und verstörende Fakten.“ Viele kirchliche Gremien verhielten sich so, als wäre die vorausberechnete Katastrophe bereits eingetroffen.

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Dabei handeln die Geschichten Jesu nicht von Wachstumsorganisation, sondern von der Freiheit von Sorge, betonte Gutmann. „Es geht in der biblischen Ökonomie nicht um Wachstum, sondern um das Vertrauen, dass das Ergebnis unfassbar alles übersteigen wird, womit wir rechnen können – wenn wir uns auf Gott verlassen. Und es geht in der biblischen Ökonomie nicht um Knappheit, sondern um Fülle, eine Wirtschaft des Schenkens und der Verausgabung. Die biblische Ökonomie ist eine Ökonomie der Verausgabung.“

In der pluralen Gesellschaft Deutschlands könne der Protestantismus heute nicht mehr den gesamtgesellschaftlichen Konsens formulieren und müsse sich vom Absolutheitsanspruch vergangener Tage verabschieden: „Christlich-evangelische Religion ist heute nur so zu denken: Für mich und für uns als Kirche ist Trost im Leben und im Sterben, woran wir unser Herz hängen – Gott in Jesus Christus, in der Kraft des Heiligen Geistes. Das ist nicht allgemeingültig, sondern Sonderglauben und Sondermeinung einer kleiner werdenden gesellschaftlichen Teilgruppe.“ Diese neue Realität schaffe jedoch auch neue Chancen. „Wer nicht beständig über die eigene Wichtigkeit besorgt ist, gewinnt Freiheit zu handeln.“

Der große Schatz der Kirchen seien die Menschen, die sich ihnen verbunden fühlten. Die Aufgabe der nächsten Jahre und Jahrzehnte werde es sein, diesen Menschen Arbeitsbereiche und auch Macht in der Kirche zu übergeben. Hans-Martin Gutmann: „Pastorinnen und Pastoren werden als kommunikative Allrounder und theologische Fachleute ihr Gesicht darin finden, diese Menschen zu unterstützen und zu begleiten. Vertrauen braucht Ermutigung, Wertschätzung, eine Lebenshaltung der Zusage und des Empowerment. Es kommt darauf an, dass Pastorinnen und Pastoren bereits von ihrer theologischen Ausbildung an genau diese Qualifikationen lernen und üben. Denn die Kirchengemeinden von morgen sind keine selbstbezogenen ,warmen‘, kuscheligen Orte. Sie sind lebendig in der Welt.“

Er ermutigte die Synodalen auch, eine heilsame und mächtige Stimme zu sein für die Verteidigung und Entfaltung der demokratischen Gesellschaft – auch gegen starken Gegenwind in den eigenen Reihen: „Denn das Evangelium von der Rechtfertigung des gottlosen Menschen befreit von der Phantasie, die Gesellschaft in Gute und Böse, Richtige und Falsche, in Eigenes und Fremdes aufzuteilen. Wir haben es heute mit einer Reihe von Herausforderungen zu tun, die Theologie nicht kalt lassen darf. Wozu sind wir als Kirche da in einer gesellschaftlichen Lage, in der Frieden, demokratische Grundrechte, gesellschaftliche Gerechtigkeit und die Lebensperspektiven von Menschen und natürlicher Lebensumwelt in einem Maße bedroht sind wie seit Ende des Zweiten Weltkrieges nicht mehr?“

Zum Auftakt des Thementages hatte Fabian Peters, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Forschungszentrum Generationenverträge (FZG) und am Institut für Finanzwissenschaft und Sozialpolitik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, die Synodalen in die Ergebnisse der Freiburger Studie „Kirche im Umbruch“ für die Nordkirche eingeführt. Dabei stellte er die voraussichtliche zukünftige Entwicklung von Kirchenmitgliederzahlen, Taufen, Sterbefällen, Aufnahmen und Austritten sowie deren Folgen für das zu erwartende Kirchensteueraufkommen dar. In der Studie hat das FZG eine koordinierte Mitglieder- und Kirchensteuervorausberechnung für die evangelische und die katholische Kirche in Deutschland für die kommenden 40 Jahre vorgelegt.

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