16. Juni 2019 | Rendsburg Christkirche

So sollen Sie an diesem Tag gesegnet in die Zeit gehen, die vor Ihnen liegt.

16. Juni 2019 von Gothart Magaard

Predigt im Ordinationsgottesdienst

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch! Amen.

Liebe Gemeinde, Schwestern und Brüder hier in der Christkirche,

wir hören zuerst den heutigen Predigttext aus dem 4. Buch Mose Kapitel 6:

Und der Herr redete mit Mose und sprach:

Sage Aaron und seinen Söhnen und sprich: So sollt ihr sagen zu den Israeliten, wenn ihr sie segnet:

Der Herr segne dich und behüte dich;

der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig;

der Herr hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.

So sollen sie meinen Namen auf die Israeliten legen, dass ich sie segne.

 

Liebe Ordinandinnen und lieber Ordinand,

wer könnte heute abschätzen, wie oft Sie in den kommenden Jahren Ihres Dienstes als Pastorin oder als Pastor unserer Kirche diese Worte sprechen werden? Etliche hundert-, gar tausendmal? Das alte Segenswort des aaronitischen Segens ist eines der besten Beispiele für die Lebendigkeit und die Lebensnähe der biblischen Überlieferung.

Wir müssen Segensworte nicht neu je und je erfinden. Denn diese Worte schaffen einen Segensraum inmitten der Zeit. Sie schenken eine Ahnung von dem freundlichen Blick, der auf uns inmitten alles Geschaffenen ruht. Auf uns unruhigen Bewohnerinnen und Bewohnern in den Weiten des Alls, mit unseren Unzulänglichkeiten und den kleinen Erfolgsgeschichten, mit den guten Gaben, der Kreativität und Fantasie, mit unseren Ecken und Kanten.

Für den heutigen Tag ist es ein Wort, das besser kaum gewählt sein könnte: denn es weist eindrücklich darauf hin,

dass Gottes Segen nicht majestätisch vom Himmel herabfliegt, sondern erfahrbar wird und spürbar in der Begegnung von Menschen. Wir sprechen Segen einander zu.

In der Beziehung von Gebendem und Empfangenden hat der Segen seine Heimat in dieser Welt – auch wenn er nicht von dieser Welt ist.

Er ist mehr als ein guter oder gar frommer Wunsch.

Er ist mehr als eines unser Versprechen.

Er ist die „Ist-Ansage“ einer Gegenwart, die höher ist als alle Vernunft.

Unwiderlegbar ist dieser Segen – weil einer für ihn einsteht, der nicht beweisbar ist, aber der sich bewahrheitet im Glanz, der auf unser Leben fällt, wenn er segnet.

Und wir, liebe Schwestern und liebe Brüder, dürfen, ja wir müssen um Gottes Willen diesen Segen hineinsprechen in unserer Zeit, nie diffus, sondern immer ganz konkret mit einer Richtung auf bestimmte Menschen in ihrer Lebenslage, mit ihren frohen und schweren Momenten.

Keiner kann allein Segen sich bewahren.

weil du reichlich gibst, müssen wir nicht sparen.

So heißt es in einem der bekanntesten Segenslieder. Und für mich ist diese Formulierung Ausdruck einer christlichen Grundhaltung, die uns in unserem Dienst als Pastorinnen und Pastoren, ja als Christinnen und Christen überhaupt, um Gottes und der Menschen willen leiten sollte. Wir können aus dem Vollen schöpfen. Wir haben allen Grund, fröhlich und leidenschaftlich den Kontakt zu den Menschen, und zwar zu allen Menschen, zu suchen und ihnen und ihren Anliegen offen zu begegnen.

Wir wollen Volkskirche sein – Kirche für andere und Kirche mit anderen. Auch für die, deren Erwartungen an uns nicht klar sind. Auch für die, die eigentlich keine Erwartung, vielleicht sogar keine Erwartung mehr an uns haben.

Und wir geizen in diesen Begegnungen nicht mit den guten Worten, die uns anvertraut sind. „Benedicere“, Gutes sagen, ist ja das lateinische Wort für das „Segnen“.

Am Anfang Ihres Dienstes steht jedoch heute dieser Tag. Und mit ihm der Segen, um den wir für Sie, liebe Ordinandinnen und lieber Ordinand, bitten.

Auch das werden wir uns wieder und wieder in unserem Dienst zu vergegenwärtigen haben: wir beginnen unseren Dienst, unser Mittun und -Mitreden in der Kirche, nicht mit uns selbst, sondern mit dem Segen dessen, der zuletzt Ursprung und Ziel des Lebens ist.

Ja, liebe Geschwister, wir würden uns heillos überfordern, stellten wir unsere Idee von Kirche und Gemeinde, vom Leben als Christenmenschen an den Anfang. Nein, am Anfang werden wir angesprochen, so wie Sie es auf Ihren Wegen hin zum heutigen Tag erfahren haben:

Manche schon als Kind im Kindergottesdienst Ihrer Kirchengemeinde, als Jugendliche Teamerinnen und Teamer, mit Gitarre, am Lagerfeuer oder in der Jugendgruppe. Oder später, im Studium, durch Kontakte, die sich überraschend ergeben haben. Oder durch Gespräche, wie wir es vorhin im Evangelium gehört haben: Wenn sich Menschen auf Augenhöhe mit Ihren Fragen, Ihrer Suchbewegung im Leben und Glauben auseinandersetzen. So wie dies in dem Nachtgespräch zwischen Nikodemus und Jesus geschieht.

Sie sind in den letzten Jahren Menschen begegnet, die mit Ihnen ihre Glaubens- und Lebensgeschichten geteilt haben. Und Sie haben sich selbst auf den Weg gemacht, geforscht, gefragt, Sie haben Antworten verworfen und Antworten gefunden und wieder neu gefragt und sind Ihren Weg weitergegangen – bis hierhin. Bis heute hier in die Rendsburger Christkirche, zum Tag Ihrer Ordination. Und manch eine oder einer, der Sie auf diesem Weg begleitet hat, ist heute mit Ihnen hier und manch eine, manch einer begleitet ihre Wege heute fürbittend, segnend aus der Ferne – und so doch auch ganz nah.

Ein Christenmensch stehe nicht „im Gewordensein, sondern im Werden“ hat Martin Luther einst gesagt. Und das gilt auch für uns als Pastorinnen und Pastoren – wir stehen im Werden. Wir sind, Gott sei Dank, nicht fertig. Auch nicht mit Examina und Zusatzausbildungen.

Wir stehen im Werden – und in diesem Werden brauchen wir selbst Segen, selbst Seelsorge, selbst gute Predigt zu hören und geistliches Einatmen. Ich wünsche Ihnen, dass Sie sich auch dafür Zeit nehmen und nehmen können.

Lieber Bruder, liebe Schwestern,

ich habe mich gefreut darüber, dass viele von Ihnen das Gefühl haben, dass sich in den letzten aufregenden Wochen der Übergänge alles gut gefügt hat. Sie sind gut vorbereitet durch Studium und die Ausbildung und Begleitung im Predigerseminar, hier in der Nordkirche und an anderen Orten, durch die Gemeinschaft in Ihren Vikariatskursen und durch all das, was Sie aus Ihren Vikariatsgemeinden mitnehmen.

Und nun führt Ihr Weg Sie weiter. Sie lernen sehr viele neue Menschen kennen, die hochverbundenen sind mit ihrer Kirchengemeinde und die, die skeptisch sind und mit Abstand den Kontakt riskieren.

Und Sie tun dies mit Lebensfreude, gesunder Neugierde und mit theologischem Sachverstand –  und auch mit einer liebevollen, mitfühlenden Aufmerksamkeit für kleine, unbelehrbare Mitgeschöpfe: Eines haben wir auf der Rüstzeit erleben können: ein kleiner Vogel, der die ganze Zeit über versuchte, zu uns in den Raum zu gelangen und immer wieder an die Scheibe pochte.

Sie sind bereit sich einzubringen, mit Ihrer Leidenschaft, mit neuen Ideen, mit Idealismus und dem Blick von außen. Begleitet werden Sie auf diesem Weg von ihren Familien und Freunden. Und von alten und neuen Wegbegleiterinnen im Kreis der ehrenamtlich- und hauptamtlich Mitarbeitenden, in den Konventen und den verschiedenen Leitungsebenen unserer Kirche. Und ich freue mich, dass Viele von diesen Menschen heute hier sind!

Und so sollen Sie heute, am Tag Ihrer Ordination, wissen und spüren: Sie sind willkommen! Wir freuen uns auf Sie!

Sie beginnen Ihren Dienst in einer Zeit, in der sich unsere Kirche verändert. Und unsere Gesellschaft verändert sich auch. Diskutiert wird über die Konsequenzen aus dem Klimawandel, die zunehmenden Spaltungen in unserer Gesellschaft in reich und arm und auch über die Zukunft Europas angesichts des drohenden Brexits, 

Wohin der Weg uns führen wird, wissen wir nicht. Doch uns allen ist aufgetragen, diese Veränderungen mit dem Evangelium im Herzen zuversichtlich und mit Haltung mitzugestalten. Selbstbewusst und selbstkritisch, mutig und sorgfältig, liebevoll und tatkräftig – an unserem jeweiligen Ort in Raum und Zeit. Und im Bewusstsein, dass wir weder die Ersten sind noch die Letzten sein werden, dies solches tun.

Und in Verbundenheit mit der Kirche von England, stellvertretend für alle ökumenischen Glaubensgeschwister und auch in interreligiöser Verbundenheit dürfen wir Kraft aus den alten Worten schöpfen:

Der Herr segne dich und behüte dich;

der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig;

der Herr hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.

So sollen sie meinen Namen auf die Israeliten legen, dass ich sie segne.

Segensräume, entstehen so inmitten unserer Zeit. Räume, in denen Geborgenheit und Freiheit zusammentreffen, in denen wir Mut fassen und aufbrechen zu einer Kirche der Zukunft, an der wir gemeinsam bauen.

So sollen Sie an diesem Tag gesegnet in die Zeit gehen, die vor Ihnen liegt. Im Vertrauen darauf, dass unser Gott seine Verheißungen erfüllt und uns reich beschenkt, mit Freude am Weitergeben und Verschenken, und begleitet von den Menschen, die heute um diesen Segen für Sie bitten. Amen.

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