Tafel-Bundesverband fordert Umverteilung von Vermögen
05. Juni 2013
Neubrandenburg. Der Bundesverband Deutsche Tafel hat die zunehmende soziale Spaltung kritisiert und eine nationale Strategie zur Armutsbekämpfung gefordert. Benötigt würden ein nachhaltiges Konzept für eine Umverteilung von Vermögen sowie umgehende Reformen in der Arbeitsmarkt-, Bildungs- und Sozialpolitik, sagte der Vorsitzende des Verbandes, Gerd Häuser.
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Tafeln könnten und wollten keine sozialstaatlichen Leistungen ersetzen. Was die Tafeln verteilen, könne nur eine zusätzliche Hilfe sein. In Neubrandenburg kommen ab Donnerstag (6. Juni) bis zu 800 Vertreter der 910 deutschen Tafeln zu ihrem dreitägigen 19. Bundestreffen zusammen.
"Soziale Spaltung verletzt das Gerechtigkeitsgefühl der Mehrheit"
Die aktuelle soziale Lage sei zutiefst beschämend, sagte Häuser. Dass Deutschland sozial so tief wie nie zuvor gespalten sei, verletze das Gerechtigkeitsempfinden einer breiten Mehrheit. Angesichts von über einer Million Menschen, die trotz Arbeitseinkommen Hartz IV-Gelder in Anspruch nehmen müssen, sei es zynisch, wenn die Bundesregierung die Zunahme atypischer und prekärer Beschäftigungsformen wie Leiharbeit und Zeitarbeit mit Niedriglöhnen als Erfolg darstelle. Die zunehmend ungleiche Verteilung von Wohlstand und damit von Chancen sei nicht hinnehmbar.
Die Rekord-Armut resultiere in erster Linie aus einer verfehlten Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik. Benötigt würden armutsfeste Mindestlöhne und -renten, bedarfsgerechte Regelsätze sowie öffentliche Beschäftigungsmöglichkeiten für Langzeitarbeitslose. Auch genügend kostenlose qualifizierte Kinderbetreuungsmöglichkeiten müssten bereitgestellt und Programme beschlossen werden, die allen Menschen eine gesellschaftliche Teilhabe an Bildung und Kultur ermöglichen.
Auch die Steuerpolitik müsse geändert werden. Einnahmen aus einem höheren Spitzensteuersatz, einer Vermögenssteuer für außerordentlich Wohlhabende sowie der Finanztransaktionssteuer könnten dazu verwendet werden, um den Sozialstaat und die Gesellschaft weiterzuentwickeln, sagte Häuser. Zudem plädiere der Verband für einen verantwortungsbewussten Umgang mit Lebensmitteln und wende sich entschieden gegen Spekulationen mit Nahrungsmitteln, Wasser, Wohnraum oder Land.
Diskussion über bürgerschaftliches Engagement geplant
Beim 19. Bundestreffen der Tafeln in Neubrandenburg sind von Donnerstag bis Sonnabend mehrere Fach- und Kulturveranstaltungen geplant. So soll unter anderem über die Frage diskutiert werden, welchen Beitrag bürgerschaftliches und unternehmerisches Engagement für die Tafeln leisten kann, um Armut zu lindern. Zudem geht es darum, welche Aufgaben staatliche Institutionen im Bereich der Daseinsfürsorge für arme oder von Armut bedrohte Menschen leisten müssen. Zu den Höhepunkten des Treffens zählen die festliche Abendveranstaltung am Freitag (7. Juni) und die etwa 80 Meter "Lange Tafel" am Sonnabend (8. Juni, von 13 bis 15.30 Uhr) auf dem Marktplatz.
Die erste Tafel, bei der Arme gratis oder gegen einen symbolischen Obolus Lebensmittel erhalten, wurde vor 20 Jahren in Berlin gegründet. Allein in den vergangenen zwölf Monaten entstanden bundesweit 19 neue Tafeln. Rund 2,4 Millionen Euro wurden 2012 für die Tafelarbeit gespendet. Das entsprach dem Niveau des Vorjahres.