Armutsbericht des Paritätischen Verbands

"Tief zerrissenes Land" - Armut in Deutschland wächst

Ein Obdachloser wärmt sich vor einer Heizung in einer Sparkassenfiliale in Berlin.
Ein Obdachloser wärmt sich vor einer Heizung in einer Sparkassenfiliale in Berlin.© epd-bild / Rolf Zöllner

20. Dezember 2012 von Simone Viere

Berlin / Hamburg. Die Armut in Deutschland wächst - besonders stark in den beiden größten Ballungsgebieten Berlin und dem Ruhrgebiet. Die gute Konjunktur hat diesen Trend dem Paritätischen Wohlfahrtsverband zufolge nicht gestoppt. Der Verband legte am Donnerstag in Berlin seinen dritten Bericht zur regionalen Armutsentwicklung vor. Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider sagte, Deutschland sei "ein regional tief zerrissenes Land". Die Bundesregierung könne nicht davon ausgehen, dass sich die Lage stabilisiere.

Aktuelle Zahlen zeigten ein "drastisch anderes Bild". Die Opposition machte die schwarz-gelbe Politik für die wachsende Armut verantwortlich.

Schneider: "Insgesamt haben sich 2011 negative Trends verstärkt"

Im bundesweiten Vergleich sind Bayern und Baden-Württemberg am besten dran. Im Mittelfeld bewegen sich neun Länder, Schlusslicht ist der Stadtstaat Bremen mit einer Armutsquote von 22,3 Prozent, knapp davor Mecklenburg-Vorpommern, Berlin, Sachsen-Anhalt und Sachsen. In Bremen lebt ein doppelt so hoher Teil der Bevölkerung an der Armutsschwelle wie in Baden-Württemberg. Die Spaltung verläuft der Studie zufolge nicht mehr zwischen Ost und West, sondern zwischen den wirtschaftsstarken Ländern im Süden, einem ost-west-gemischten Mittelfeld und den fast abgehängten Ländern und Stadtstaaten. Insgesamt hätten sich 2011 negative Trends verstärkt, sagte Schneider. 

Das Armutsrisiko in Hamburg ist nach Angaben des Paritätischen Gesamtverbandes etwas geringer als im Bundesdurchschnitt. Wurde für 2011 eine bundesweite Armutsquote von 15,1 Prozent errechnet, so liegt sie in Hamburg bei 14,7 Prozent, heißt es in dem Bericht. Gegenüber 2010 ist dies eine Steigerung um 1,4 Prozentpunkte. In Schleswig-Holstein ist die Armutsquote im Jahr 2011 mit 13,8 Prozent stabil geblieben.

Armutsgefährdungsquote auf Rekordhoch

Dem Bericht zufolge, der auf Vergleichsdaten bis 2005 zurückgreift, lag die Armutsgefährdungsquote 2011 bei 15,1 Prozent und damit auf einem Rekordhoch. 2010 betrug sie noch 14,5 Prozent. Der Paritätische geht dabei von den Daten des Mikrozensus aus.

Als arm gilt im Allgemeinen, wer sich nicht angemessen mit lebensnotwendigen Dingen wie Essen und Kleidung versorgen kann. In der EU spricht man von "relativer Armut", wenn Menschen über so geringe Mittel verfügen, "dass sie von der Lebensweise ausgeschlossen sind, die in dem Mitgliedstaat, in dem sie leben, als Minimum annehmbar ist." So gilt ein Privathaushalt als arm, der weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen bedarfsgewichteten Nettoeinkommens zur Verfügung hat. Als armutsgefährdet gilt danach, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Nettoeinkommens hat, das waren 2011 für einen Alleinstehenden 848 Euro im Monat.

Hamburgs DGB-Vorsitzender Grund fordert Mindestlohn

Hamburgs DGB-Vorsitzender Uwe Grund nannte die Entwicklung in der reichsten Metropolregion Deutschlands "erschreckend". Hohe Durchschnittsverdienste und ein hohes Bruttosozialprodukt würden noch nichts über die Armut der Menschen aussagen. Grund forderte einen gesetzlichen Mindestlohn von 8.50 Euro, mehr Engagement bei Umschulungen und Qualifizierungen und bessere Hilfen für Alleinerziehende.

Besorgniserregend sei, so der Paritätische Wohlfahrtsverband, dass der Trend schon seit 2006 nach oben weise. Die Armutsentwicklung habe sich inzwischen offenbar von der Wirtschaftsentwicklung entkoppelt. Während in den Wachstumsjahren 2006 und 2010 die Armut zumindest leicht gesunken sei, sei das Bruttoinlandsprodukt im vergangenen Jahr um 3,9 Prozent gewachsen, die Armut im gleichen Zeitraum um 4,1 Prozent.

Arm trotz Arbeit - Niedriglöhne und prekäre Beschäftigungsverhältnisse

Die trotz guter Konjunktur steigende Armut zeige sich auch beim Blick auf den Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosenquote ist dem Bericht zufolge seit 2009 von 8,1 auf 7,1 Prozent gesunken. Die Armutsgefährdung stieg im selben Zeitraum um 0,5 Prozentpunkte. Die Armutsquote ist auch höher als der Anteil der Hartz-IV-Bezieher. Beides sei "ein unübersehbarer Fingerzeig auf Niedriglöhne und prekäre, nicht auskömmliche Beschäftigungsverhältnisse", resümiert der Paritätische.

Sofortprogramm gegen die Armut gefordert

Der Paritätische fordert ein Sofortprogramm gegen die Armut. Dazu zählten Mindestlöhne, Mindestrenten und auch ein Mindest-Arbeitslosengeld, höhere Hartz-IV-Sätze und mehr Wohngeld, sagte Schneider. Dies koste zwischen 10 und 20 Milliarden Euro. Ein reiches Land wie Deutschland sei aber in der Lage, die Armut zu bekämpfen.

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