14. April 2017 | St. Jakobi Lübeck

Was ist Wahrheit?

14. April 2017 von Kirsten Fehrs

Ansprache zum Ökumenischen Kreuzweg Lübeck, Station 5: Jerusalemsberg: Jesus stirbt am Kreuz

Wir sind auf dem Berg, liebe Schwestern und Brüder.

Jesus stirbt. Auch hier auf dem Relief.

Gemeinsam haben wir etwas von der Last des Kreuzes gespürt, besonders die Kinder, die es getragen haben. Die Last und den Schmerz von Jesus damals. Und die Not von so vielen heute, die Opfer sind von Unrecht, Gewalt und Terror. Das alles ist furchtbar wahr.

Es ist furchtbar wahr, dass Kinder in Syrien durch Giftgas unter den Händen wegsterben!  Dass in Kairo, Stockholm, Petersburg, in Dortmund mörderische Anschläge verübt und damit auch unsere Demokratie und Freiheit attackiert werden.

Das alles ist allzu wahr.

Aber auch das ist die Wahrheit: Dass in Jesu Tod nicht nur furchtbarer Schmerz liegt, sondern auch Kraft, den Lebensfeinden zu widerstehen. Dafür ist er gestorben, auf dem Berg damals: Dass wir davon erlöst werden, immer wieder, in Angst vor dem Leid zu erstarren.  Denn wer Angst hat, kann die Wahrheit nicht erkennen.

Angst verdunkelt den Blick.

Sende dein Licht und deine Wahrheit, heißt es ja deshalb auch im Psalm. Ohne Licht bleiben wir im Unklaren. Und ohne Wahrheit werden wir irre. Wenn du nie weißt, was stimmt, verunsichert es jeden Schritt. Immer ist das Eis dünn. Immer ist alles gefährdet. Keine Familie und keine Gesellschaft kann überleben, wenn in ihr die Lüge vorherrscht.

Die „Washington Post“ prägte vor kurzem den Slogan: „Democracy dies in darkness.“ – Demokratie stirbt in der Dunkelheit. Wie richtig wahr ist das!  Darum sperren Diktatoren Journalisten ein. Darum behaupten Präsidenten, sie besäßen „alternative Fakten“.

Das Gefährliche ist dabei ja nicht allein die Lüge an sich, sondern das Verschwimmen dessen, was Wahrheit ist. Wenn jemand sich einfach nicht um die Wahrheit schert, sondern das Gegenteil behauptet, dann sagen die Menschen irgendwann: Ich weiß auch nicht, wer Recht hat. Eigentlich gibt es ja auch gar keine Wahrheit. Jeder hat doch seine eigene.

Vorsicht. Wehret den Anfängen! Solche Vernebelung ist eine Täterstrategie, nichts anderes. Mit dem Ziel zu verwirren. Und sich der eigenen Verantwortung zu entziehen. Um wie Pilatus die Hände in Unschuld zu waschen….

Luther war kein unschuldiger Mensch, wie wir alle nicht. Aber er hat zur Verantwortung „gestanden“, buchstäblich. Dazu, sich zu entscheiden und Klartext zu reden. Und das heißt dann auch: zu unterscheiden zwischen Tatsache und Meinung. Eine Tatsache ist kurz und nachprüfbar. Eine Meinung ist das, was diese Tatsache interpretiert. Wer den Unterschied verwischt und hier Unklarheit zulässt, ist der Lüge schon auf den Leim gegangen.

Also aufgepasst bei den Vielrednern, sagt Luther. „Denn meistens, wenn sie meinen, sehr Großes zu sagen, reden sie Lügen. Die Wahrheit aber… macht nicht viele Worte.“

Mit würdigender Stille stehen wir hier. Aufgerichtet. Unter seinem Kreuz. Wir heben unsere Augen auf – und lassen sie nicht ängstlich niedergeschlagen. Wir heben die Augen auf  - und sehen auf einmal, dass da ein Himmel ist. Mit viel Blau und viel Licht und Klarheit. Sehen, dass es eine größere Freiheit gibt, auch der Gedanken, all den Engstirnigkeiten der Parolen-Vielrednern zum Trotz.

Wir heben die Augen auf und sehen das ganze, das wahre Leben. Wahrheit – sie ist göttlichen Ursprungs, so wie das Licht. Und sie ist deshalb die Hoffnung, die über alles hinaussieht, was ist. Ein Raum zum Aufatmen für all die Entrechteten und Verängstigten unserer Tage. Sie ist das Wertezelt über unseren Gedanken. Und deshalb ist es dran, dass wir ein-stehen für all die Gebrochenen und Verstummten. Wer sonst sollte für sie die Stimme erheben?

Für mich liegt darin große Kraft und Zuversicht, dass auch ihre Wahrheit ans Licht kommt, in Jesu Namen, des Gekreuzigten. Das ist der Trost der Schwachen, das ist das Recht der Opfer heute und das ist unser aller Ansporn, dem Frieden zu trauen. Deshalb, gerade heute: Gebt einander ein Zeichen des Friedens.
Schalom! So soll es sein.
Amen.

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