Palliativmediziner im Interview

Was kann man tun für Sterbenskranke?

Sterbebegleitung ist ein schwieriges Thema
Sterbebegleitung ist ein schwieriges Thema© epd

10. Dezember 2014 von Timo Teggatz

„Bürger sind oft schlecht informiert über das Sterben“, sagt Professor Lukas Radbruch. Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DPG) spricht im Interview zur aktuellen Diskussion über den assistierten Suizid, Debatten im Bundestag und fordert Palliativbeauftragte an Kliniken.

Werden Sie als Palliativmediziner häufig mit dem Wunsch nach einem assistierten Suizid konfrontiert?

Lukas Radbruch: Nein, sehr selten. Wir erleben, dass die meisten Menschen den Wunsch haben, ohne körperliche Symptome und ohne Schmerzen zu sterben. In einer vertrauten Umgebung, ambulant oder stationär. Bei den allermeisten Schwerstkranken lassen sich mit palliativmedizinischen Strategien Symptome wie Schmerzen, Atemnot, Übelkeit oder Angst sowie psychosoziale Belastungen weitestgehend lindern.

Man hört oft, dass weniger Menschen den Wunsch nach Beihilfe zum Suizid hätten, wenn die Palliativversorgung besser wäre. Wie sehen Sie das?

Es wird auch bei einer optimalen Versorgung immer Menschen geben, für die jede Art von Kontrollverlust inakzeptabel ist. Die sich schwer tun, Hilfe anzunehmen und lieber sterben wollen. Aber heutzutage gibt es keine Situation, in der die Palliativmedizin nichts mehr anzubieten hat. Wir stellen häufig fest, dass Betroffene zu wenig informiert sind über entsprechende Therapien. Sie haben Angst: "Ich leide jetzt schon, wie schlimm wird es noch?" und wollen sterben, weil sie keine Alternative sehen.

 

Das stimmt überein mit den Ergebnissen einer DAK-Umfrage: 16 Prozent fühlen sich überhaupt nicht gut, 41 Prozent weniger gut über diese Themen informiert.

Nur wenige wissen, dass die Beihilfe zum Suizid heute schon straffrei ist. Weitgehend unbekannt ist auch, dass Ärzte eine palliative Sedierung einsetzen können, wenn ansonsten keine ausreichende Symptomlinderung erreicht werden kann. Das bedeutet einen überwachten Einsatz von Medikamenten, die das Bewusstsein reduzieren oder ausschalten, um unerträgliches Leid zu lindern. Diese Therapie beschleunigt aber nicht den Eintritt des Todes.

Setzen Sie diese Maßnahme häufig ein?

An der Universitätsklinik und im Malteser Krankenhaus Bonn kommt es unter 1.000 behandelten Patienten höchstens fünfmal im Jahr vor. Das heißt, nahezu allen Patienten kann mit anderen palliativmedizinischen Maßnahmen geholfen werden. Ärzte dürfen auch in Absprache mit Patienten und Angehörigen jede lebensverlängernde Maßnahme abbrechen. Oft ist aber das Verlangen, jede Therapie zu beenden, der Auftakt für eine Auseinandersetzung mit dem Wunsch zu sterben. Es gilt dann, über alle Optionen zu sprechen. Wenn jemand sagt, ich möchte keine lebensverlängernden Therapien mehr, dann wird diesem Wunsch entsprochen.

Wie bewerten Sie die Debatten im Bundestag?

Die Regelungen, die wir für Palliativmedizin und Hospizversorgung haben, sind ausreichend. Es gibt schon einen rechtlichen Anspruch auf palliativmedizinische Versorgung, und die findet unter sehr strengen Auflagen statt. Aber wir sehen schon Nachstellbedarf: Wir fordern eine bessere und engmaschigere Qualitätssicherung in dem Feld. Außerdem gibt es keine ausreichende bundesweite Palliativversorgung für Schwerkranke jeden Lebensalters, für alle Zielgruppen und Krankheitsverläufe.

Was wird dazu noch gebraucht?

Es fehlt unserer Ansicht nach dringend eine einheitliche Regelung in allen Bundesländern, und es gibt in den Palliativstationen in Pflegeheimen "weiße Flecken", in denen die Versorgung in der letzten Lebensphase nicht optimal verläuft.

Was schlagen Sie vor für die Zukunft, um für alle Menschen zu gewährleisten, dass sie ohne zu leiden und in Würde selbstbestimmt sterben können?

Zum Beispiel halten wir es für sinnvoll, nach dem Vorbild von Hygienebeauftragen an Kliniken oder Einrichtungen auch Palliativbeauftragte zu beschäftigen, die eine entsprechende Versorgung eines Patienten koordinieren und überwachen. Um die Öffentlichkeit zu sensibilisieren und besser aufzuklären, könnte eine gute Informationsplattform entwickelt werden. Sie könnte bundesweit Strukturen vernetzen, Mediziner, Betroffene und Angehörige zusammenbringen und alle relevanten Informationen niedrigschwellig zugänglich machen. Wir sind aber gegen gewerbliche Sterbehilfe.

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