3. Dezember 2018 | Hauptkirche St. Katharinen Hamburg

„Wie Wahrheit wird“

03. Dezember 2018 von Kirsten Fehrs

Adventsempfang der Nordkirche

Wunderbare Musik haben wir eben gehört, und ich danke dem Vokalensemble De-Zett ganz herzlich dafür: Schön, dass Sie heute mit dabei sind! Was wäre der Advent ohne Musik?

Adventliche Klänge können allerdings auch ambivalent sein – als Bewohnerin der Innenstadt bin ich da ziemlich auskunftsfähig. Trommelgruppen mit Pan-Flöten-Jingle Bells, selbst ernannte Mundharmonikavirtuosen, und: die Weihnachtsparade an jedem Adventssonnabend. Elfen, Engel und Weihnachtsmänner tanzen durch die Mönckebergstraße, auch Weihnachtskugeln oder riesige Geschenkpakete auf zwei Beinen sind dabei. Eine Zeitlang – Hauptpreis! – fand just in meinem Hinterhof das „Warming up“ dieser Parade statt. Trommelwirbel, jingling Johnny, Trompeten, alles wild durcheinander. Und dann, das ist immer ein ganz überraschender Moment, spielen sie mitten in diese Gaukelei hinein eine melancholische Melodie. Sie gehört eigentlich zu einem englischen Choral und ist ein Gebet: „Bleib bei mir Herr, der Abend bricht herein. ...Wo fänd ich Trost, wärst du mein Gott, nicht hier. ...Herr, bleib bei mir!“

Diese Mischung aus Römtömtöm und Segensbitte – sie trifft offenkundig eine Stimmung. Denn tatsächlich geschieht es, dass die Leute stehenbleiben und hinhören - mitten im Geschiebe und Gerenne auf dem Markt der Welt. Mir kommt das so vor, als könnte endlich einmal die Sehnsucht durchdringen, die in die Adventszeit, die ja eine Wartezeit ist, gehört. Diese Ahnung, da steht noch was aus! Das Leben hält noch so viel Kostbarkeiten bereit – vielleicht sind sie das eigentliche Geschenk, nach dem alle suchen? Es ist, glaube ich, die tiefe Sehnsucht nach dem Eigentlichen des Lebens, nach Wahrheit, jenseits all unserer Kostümierungen. Nach Zuversicht, die trägt und Vertrauen – das hält, was es verspricht.

Seien Sie also herzlich willkommen zu diesem wahrhaft adventlichen Empfang – zu Sinn und Segen und gemeinsamer Suche nach Wahrheit. Willkommen hier in der Hauptkirche St. Katharinen, die uns wie immer so gastfreundlich aufnimmt – Dank dafür, liebe Hauptpastorin Dr. Ulrike Murmann.
Ich freue mich sehr, dass Sie alle da sind, werte Gäste, freundlich hinterher gerufen dem Ersten Bürgermeister Peter Tschentscher (der nun leider nicht mehr da ist) , dafür aber seine Frau! Ein herzliches Willkommen Ihnen,
die Sie aus der Bürgerschaft, liebe Präsidentin Carola Veit,
die Sie aus dem Senat, liebe Melanie Leonhard, Andreas Dressel und Ties Rabe,
die Sie aus der Bundespolitik, liebe Aydan Özoguz,
aus der Politik, liebe Bezirksamtsleiterinnen und –leiter und Bürgermeister,
aus Gewerkschaften, liebe Katja Karger, und Verbänden,
aus der Bundesagentur für Arbeit, lieber Detlef Scheele,
von den Gerichten, liebe Erika Andreß und Christoph Schönfeld,
von der Handwerkskammer und der Handelskammer,
aus den Religionsgemeinschaften und unseren Gemeinden,
aus der VELKD, lieber neuer leitender Bischof Ralf Meister aus Hannover,
aus der römisch-katholischen Kirche, Monsignore Mies,
sowie von der ACK, lieber Uwe Onnen,
aus der Diakonie, lieber Landespastor Dirk Ahrens,
und die Sie alle aus Kultur und Wirtschaft, aus Medien und Wissenschaft, von Feuerwehr, Bundespolizei und Polizei, lieber Präsident Meyer, und der Bundeswehr, lieber Landeskommandant Giss und Generalmajor Kohl, den Weg hierher gefunden haben! Nicht zuletzt ganz herzliches Willkommen auch den Vertretern und Vertreterinnen des konsularischen Korps, die Sie uns – wie die Seemannsmissionen, Brot für die Welt und die kirchlichen Friedensdienste – deutlich machen, wie zahlreich unsere Verbindungen in alle Welt sind!

Weiteres zur Wahrheit.
Sie hat es ja nicht leicht in Zeiten von Fake News und sogenannten alternativen Fakten. Zumal sie eben nicht lautstark daherkommt, sondern eher leise und unspektakulär. Um es adventlich zu sagen: Die Wahrheit kommt wie Jesus selbst gewissermaßen arm und auf einem Esel reitend – und ist höchst skeptisch gegenüber den Massen, die heute „Hosianna“ rufen und morgen „Kreuzige ihn“. Der von diesen Polarisierungen damals schon zutiefst verunsicherte Pontius Pilatus ist es denn auch, der die berühmte Frage stellt: „Was ist Wahrheit?“

Ganz aktuell diskutiert wird diese Frage gerade in den USA – beeindruckend, wie intensiv sich die Qualitätsmedien dort mit dieser Grundsatzfrage einer freien Gesellschaft beschäftigen. Beispielhaft geschah das vor kurzem, als der Anwalt von Präsident Trump sich ein Wortgefecht mit einem Journalisten lieferte und behauptete: „Truth isn’t truth“. Die Wahrheit ist nicht die Wahrheit. Meinte: Es gibt keine Wahrheit, nur verschiedene Meinungen. Es gäbe demzufolge auch keine nachprüfbaren Fakten mehr. Was für eine perfide Verwirrtaktik: Die Lüge wird auf eine Stufe gestellt mit der Wahrheit, mit dem Kalkül, dass am Ende keiner mehr richtig durchblickt. Das Gefährliche ist dabei nicht allein die Lüge, sondern dass sich verwischt, was Wahrheit ist, nach dem Motto: „Du hast ein bisschen recht, ich habe ein bisschen recht“, die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen, niemand kennt sie so richtig. Truth isn’t truth.

Genau diese Denkweise aber ist ein Kennzeichen totalitärer Systeme. Daher mahnt die Philosophin Hannah Arendt eindringlich zu unterscheiden zwischen Tatsachen und Meinungen. "Tatsachen sind der Gegenstand von Meinungen“, schreibt sie. „Meinungen können sehr verschiedenen Interessen und Leidenschaften entstammen. Sie können weit voneinander abweichen und doch alle noch legitim sein – solange sie die Integrität der Tatbestände, auf die sie sich beziehen, respektieren." Das heißt: Eine Tatsache ist das, was nachprüfbar ist. Eine Meinung ist das, was diese Tatsache interpretiert. Wer den Unterschied verwischt und hier auch nur die kleinste Unklarheit zulässt, ist dem Lügner schon auf den Leim gegangen. Also: Truth is truth. Die Wahrheit ist die Wahrheit. Punktum.

Aber dabei dürfen wir nicht stehenbleiben. Denn es gibt eine entscheidende Frage, die für die Kirche, für die Politik und für die Medien mindestens genauso wichtig ist: Wie wird eine Wahrheit für mich zur Wahrheit? Es ist gewissermaßen eine adventliche Frage: Wie kommt die Wahrheit zu mir?
Ich beginne dabei – wen wundert’s? – mit der Religion. Denn hier geht es in erster Linie um die Wahrheit für mich. Und zugleich ist diese Wahrheit die vielleicht umstrittenste. Gar nicht unbedingt zwischen den Religionen selbst. Stattdessen verläuft die Trennlinie immer öfter zwischen Menschen, die an Gott glauben und Menschen, die schon mit der Möglichkeit des Glaubens gar nichts mehr anfangen können.

Das konnte ich vor einer Woche beim Tag der Religionen in Berlin hautnah erleben: Da war ein Senat, der uns zwar als Runden Tisch der Religionen in Deutschland eingeladen hatte – großer Festsaal im Roten Rathaus. Zugleich aber hatten die Berliner Senatsvertreter schwer damit zu tun, dass wir religiös sind… Im Vorfeld wurde uns signalisiert: Wir könnten ja gern was sagen, nur nichts Religiöses. Schon gar kein Gebet. Höchstens einen Traditions-Text. Ansonsten sähe man der Indoktrination Tür und Tor geöffnet im freiheitlichen, religionsneutralen Berlin…

Über diese Haltung hat vor kurzem der ZEIT-Journalist Raoul Löbbert einen herrlich ironischen Artikel verfasst. Unter der Überschrift „Atheisten nerven“ beschreibt er seine Erlebnisse auf einer Party – vor allem das Stimmungstief, das einsetzt, wenn er auf hartnäckiges Nachfragen hin dann doch irgendwann bekennt, dass er Journalist und – ja! Christ sei. „Mit der Gleichgültigkeit oder dem Befremden der anderen muss man als Christ leben. Als Großstadtchrist zumal. … Nervig bis unerträglich allerdings wird es, wenn auf Staunen und Sekundenstille eine Grundsatzdiskussion über Sinn und Unsinn von Religion folgt… Auf einmal sehe ich mich nicht mehr nur einer Partygemeinschaft, sondern einer Menge selbst ernannter Aufklärer und Vernunftverteidiger gegenüber, die in mir das personifizierte Mittelalter zu erkennen meinen.“, soweit Raoul Löbbert.

Geprägt ist dieser moderne Atheismus oft von einem unglaublichen Vulgärmaterialismus: Was sich nicht naturwissenschaftlich beweisen lässt, existiert nicht. Es ist wie mit dem Dichter und dem Naturwissenschaftler, die beide die „Mona Lisa“ beschreiben: Während der Dichter von der besonderen Aura dieser Frau schwärmt und von der Anziehungskraft ihres Lächelns, schreibt der Naturwissenschaftler: „Dünnes Pappelholzbrett im Format 77 mal 53 Zentimeter, bedeckt mit Öllasuren, die mit Farbpigmenten, Eisen und Mangan versetzt sind.“
Wer hat nun recht? Oder sind es nicht vielmehr zwei Wahrheiten, die beide ihr Recht haben? Und ergeben sie nicht im Austausch eine neue Wahrheit?

Ich erlebe genau diesen Austausch der Wahrheiten sehr intensiv und gelingend im interreligiösen Dialog. In Hamburg, aber auch in Lübeck gibt es ja mittlerweile sehr viele Orte, an denen die Religionsgemeinschaften miteinander ins Gespräch kommen. Mehr noch: an denen wir gemeinsame Projekte voranbringen. Ich denke zurück an ein beeindruckendes Friedensgebet der Religionen auf der Altonale – und zwar auf Wunsch der Altonale selbst. Da standen wir nun mitten auf diesem großen Stadtteilfest, als Christen und Juden, Muslime und Aleviten, Hindus, Buddhisten und Bahai. Und waren beeindruckt von der Ernsthaftigkeit, mit der sich auch zufällige Passanten auf unsere Gebete einließen.

Dieses Miteinander der Religionsgemeinschaften funktioniert deswegen so gut, weil wir gegenseitig unsere je verschiedenen Wahrheiten akzeptieren. Und weil wir mit der Möglichkeit rechnen, dass es vielleicht nur verschiedene Teilaspekte einer gemeinsamen Wahrheit sind, die wir nie vollends erkennen können, die aber da ist. Immerhin leben wir gemeinsam in ein und derselben Wirklichkeit. Gleichzeitig weise ich immer darauf hin: Interreligiöser Dialog ist Begegnung mit dem Anderen. Diese Anderen können Sitten und Gebräuche pflegen, die aus meiner Sicht sehr seltsam sind. Warum nicht? Keine und keiner muss mir ähnlich sein. Den Unterschied hingegen zu akzeptieren, ist die Grundlage für alles Gemeinsame, das gemeinsame Ziel. Wenn wir im Frieden leben und miteinander reden, so wie es in Hamburg schon seit Jahrzehnten vertrauensvoll geschieht, dann ist viel gewonnen. Wir haben uns dabei, liebe Brüder und Schwestern im Interreligiösen Forum, schon oft die Meinung gesagt auf der Suche nach dem wahren Kern, auch den Kern eines Konfliktes, und es hat uns alle nicht dümmer gemacht. Kontroversen einmal miteinander durchzustehen ist auch eine Form der Wahrheitsfindung! Und allemal ein Friedensdienst.

Wahrheit will errungen sein. Und sich zu ihr zu halten, hat mitunter einen hohen Preis. Sehr bewegt hat uns in der Ökumene gemeinsam das Gedenken an die Lübecker Märtyrer. Vier Geistliche, drei katholisch, einer evangelisch, die vor 75 Jahren vom NS-Regime verhaftet und hingerichtet wurden. „Einer muss doch die Wahrheit sagen!“, der junge Kaplan Johannes Prassek sprach allen Vieren aus der Seele. Was für eine Befreiung muss es für sie gewesen sein, als sie sich kennengelernt hatten und gemeinsam verbotene Predigten lasen und verteilten. Hakenkreuz statt Christuskreuz? Niemals! Zwischen beiden gibt es keinen Kompromiss, keine Annäherung, keine Vermischung. Hier gibt es nur die klare Grenze – und die Entscheidung. Die damals noch so strikt voneinander abgegrenzten evangelischen und katholischen Gewissheiten flossen zu einer Wahrheit zusammen. Wie kleinlich der konfessionelle Streit, wenn es ums Ganze geht! Ums Ganze des Glaubens und des Lebens. Das Zeugnis dieser vier ist und bleibt ein großer, ökumenischer Schatz, der uns anspornt zur Wahrheitstreue und Nächstenliebe.

Klartext reden – auch 2018. Grenzen markieren – allemal wenn Grenzen in Europa dazu führen, dass Humanität und Anstand ins Bodenlose sinken. So wie es im Sommer geschah, als die „Seawatch“ und andere Rettungsschiffe mit Hunderten von Flüchtlingen an Bord nicht anlegen durften. Unhaltbare Zustände, unhygienische Bedingungen, grausame Überlebenskämpfe und die Kriminalisierung der Helfenden – es hat gereicht! 16.000 Hamburger*innen sind spontan auf die Straße gegangen, Omas gegen Rechts, der Reeder ebenso wie Politiker und Kirchenleute, so viele von Ihnen hier, danke dafür. Die Botschaft: Wir dürfen nicht dulden, dass man Flüchtlinge auf See ertrinken lässt und auch nicht, dass sie in unserem Land angepöbelt und zusammengeschlagen werden! Ich war berührt bei der Demo zu erleben, wie vielen es aus der Mitte unserer Stadtgesellschaft unter den Nägeln brannte zu zeigen: Wenn Menschenwürde untergeht, wenn Lüge und Fremdenfeindlichkeit, wenn Antisemitismus und rechte Gesinnung tatsächlich derart drohen salonfähig zu werden, dürfen wir das nicht unwidersprochen hinnehmen. So klar wurde es doch in diesen Monaten, dass unsere Demokratie überhaupt nicht selbstverständlich ist! Sie braucht Engagierte, jede und jeden von uns, die aufstehen und wahrhaftig Haltung zeigen.

Denn Lüge und Schweigen, die Lüge einzelner und das Schweigen der Mehrheit – sie bilden den Nährboden für antidemokratische Bewegungen und Nationalismus, wie wir es in so vielen europäischen Ländern derzeit erleben. Liebe Mitglieder des Konsularischen Korps – auch wir sind uns doch einig: Entgegen all der Rechtspopulisten, die Europa immer zum Problem stilisieren, ist doch mehr als dran, in europäischer Gemeinschaft konsequent nach Lösungen zu suchen – gerade auch in der Flüchtlingsfrage! Deshalb müssen wir Europa eine Stimme geben, liebe Geschwister, aktiv bei der Europawahl im Mai. Wer wenn nicht wir, die wir in der Mitte Europas seit 73 Jahren Frieden erleben, sollten dafür Respekt zollen? Lasst uns hier nicht schweigen!

Die Lüge und das Schweigen, auch in der Kirche haben wir uns damit auseinandersetzen müssen – und wollen. Ganz klar möchte ich als letztes deshalb das Thema benennen, bei dem die Frage nach der Wahrheit uns existentiell konfrontiert. Es geht um die Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche. Und Ja: viel zu lange wurde geschwiegen und verdrängt. Darum ist es so wichtig, zu reden. Das ist seit sieben Jahren meine Erfahrung, buchstäblich seit meinem ersten Tag als Bischöfin. Ich habe gelernt: Zuallererst müssen wir mit den Betroffenen selbst sprechen. Ihre Wahrheit über das, was ihnen an Leid geschehen ist, hören. Wahrnehmen. Und gemeinsam herausfinden, welcher Weg der Aufarbeitung und der Unterstützung der Richtige ist, für jeden einzelnen und jede einzelne. Sich wahrhaft den Schattenseiten der Institution stellen, um ein neues Bild der Wirklichkeit zu gewinnen – das ist die unbedingte Voraussetzung dafür, dass Prävention und Schutzkonzepte überhaupt greifen können. Danke an die Kirchenkreise und Gemeinden, die sich hier seit Jahren engagieren. Denn Verantwortung gegenüber den Betroffenen zu übernehmen, ganz persönlich, das verändert einen zutiefst. Auch das ist Wahrheit: dass sie uns verändert und verändern muss.

Drei Schlussfolgerungen:
Erstens: Wahrheit wird, indem man sie findet. Denn sie liegt nicht gleich offen zu Tage. Sie will entdeckt werden – und das bedeutet Arbeit. Zuallererst Bildungsarbeit. Man muss wissen wollen, muss bisweilen lange Texte lesen, um kurze Schlüsse vermeiden. Und es braucht Herzensbildung, um wirklich zu verstehen.

Zweitens. Wahrheit wird nur in Beziehung. Erst wenn ich höre oder lese, wie andere die Wirklichkeit sehen, bin ich in der Lage, Wahrheit zu erkennen. Auch dadurch, dass ich korrigiert werde. Ohne die Beziehung keine Wahrheit, sagt schon das Alte Testament. So heißt es im 8. Gebot nicht: Du sollst nicht lügen!, sondern: Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten. Oder, so übersetzt es ein katholischer Theologe „Wahrheit, die mich existenziell angeht, kommt auf zwei Beinen.“

Deshalb drittens: Wir müssen reden. Miteinander, liebe Geschwister, und insbesondere mit denen, die anders sind als wir selbst. Raus aus den Filterblasen, rein ins Leben! Wie sollen wir ein realistisches Bild von der Wirklichkeit bekommen, wenn wir uns immer nur mit Menschen unterhalten, die ähnlich ticken wie wir selbst?

Ehrlich beeindruckt hat mich in diesem Zusammenhang der Journalist Hasnain Kazim, der schon aufgrund seines nichtdeutschen Namens viele Hass-Mails bekommt. Einen Großteil dieser Mails beantwortet er tatsächlich – mal ironisch, mal ernsthaft. Unter dem Titel „Post von Karl-Heinz“ hat er die besten Dialoge als Buch veröffentlicht. Interessant dabei: Er verbiegt sich an keiner Stelle, ja er haut bisweilen den Schreibern seine eigene Sicht der Wahrheit schonungslos um die Ohren. Damit erzielt er verblüffende Ergebnisse: Klar, viele schreiben sich in den Dialogen um Kopf und Kragen und offenbaren ihre Unbelehrbarkeit. Andere aber lernen tatsächlich, so wie jene Marianne, die ihn anpflaumte: "Moslem bleibt Moslem, das sieht man doch an Ihrem Namen!“ Er schrieb zurück: „Liebe Marianne, ich darf Sie doch sicher Marianne nennen, oder? Dann sind Sie sicher Volksmusiksängerin. Wer Marianne heißt, muss Volksmusiksängerin sein!“ Kurz darauf die reuige Antwort: „Lieber Herr Kazim, danke, dass Sie mir geantwortet haben. Sie haben recht, ich hätte nicht gleich von Ihrem Namen auf Ihre Religion schließen sollen.“

Solche Geschichten des Lebens sind wahre Geschenke. Sie ermutigen mich, den Anspruch nicht aufzugeben, dass die Wahrheit wirkt. Denn täten wir dies, beschädigen wir die Wahrheit selbst. „Gebt keinen verloren“ sagt ja auch immer schon der, auf den wir jetzt im Advent warten. Jesus ist nicht bei Seinesgleichen geblieben, ging zu Zöllnern und römischen Soldaten, zu den Ehebrecherinnen und den Aussätzigen. Immer zu Menschen, mit denen „man“ eigentlich nicht spricht. Dorthin, wo Toleranz nicht nur Wort ist, sondern eine echte Herausforderung. Weil nur so – Wahrheit wirklich wird.

Ich freue mich auf die Begegnungen mit Ihnen – ehrlich – und danke für Ihre Aufmerksamkeit.

 

Datum
03.12.2018
Quelle
Stabsstelle Presse und Kommunikation
Von
Kirsten Fehrs
Veranstaltungen
Orte
  • Orte
  • Flensburg
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Flensburg-St. Johannis
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Gertrud zu Flensburg
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Marien zu Flensburg
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Michael in Flensburg
    • Ev.-Luth. St. Nikolai-Kirchengemeinde Flensburg
    • Ev.-Luth. St. Petrigemeinde in Flensburg
  • Hamburg
    • Hauptkirche St. Jacobi
    • Hauptkirche St. Katharinen
    • Hauptkirche St. Michaelis
    • Hauptkirche St. Nikolai
    • Hauptkirche St. Petri
  • Greifswald
    • Ev. Bugenhagengemeinde Greifswald Wieck-Eldena
    • Ev. Christus-Kirchengemeinde Greifswald
    • Ev. Johannes-Kirchengemeinde Greifswald
    • Ev. Kirchengemeinde St. Jacobi Greifswald
    • Ev. Kirchengemeinde St. Marien Greifswald
    • Ev. Kirchengemeinde St. Nikolai Greifswald
  • Kiel
  • Lübeck
    • Dom zu Lübeck
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Aegidien zu Lübeck
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Jakobi Lübeck
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Marien in Lübeck
    • St. Petri zu Lübeck
  • Rostock
    • Ev.-Luth. Innenstadtgemeinde Rostock
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Rostock Heiligen Geist
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Rostock-Evershagen
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Rostock-Lütten Klein
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Johannis Rostock
    • Ev.-Luth. Luther-St.-Andreas-Gemeinde Rostock
    • Kirche Warnemünde
  • Schleswig
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Schleswig
  • Schwerin
    • Ev.-Luth. Domgemeinde Schwerin
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Nikolai Schwerin
    • Ev.-Luth. Petrusgemeinde Schwerin
    • Ev.-Luth. Schloßkirchengemeinde Schwerin

Personen und Institutionen finden

EKD Info-Service

0800 5040 602

Montag bis Freitag von 9-18 Uhr kostenlos erreichbar - außer an bundesweiten Feiertagen

Sexualisierte Gewalt

0800 0220099

Unabhängige Ansprechstelle für Betroffene von sexualisierter Gewalt in der Nordkirche.
Montags 9-11 Uhr und mittwochs 15-17 Uhr. Mehr unter kirche-gegen-sexualisierte-gewalt.de

Telefonseelsorge

0800 1110 111

0800 1110 222

Kostenfrei, bundesweit, täglich, rund um die Uhr. Online telefonseelsorge.de

Zum Anfang der Seite