17. Juli 2016 | St. Aegidien Lübeck

„Wir singen an gegen die schrillen Töne von Hass und Feindschaft“

17. Juli 2016 von Gothart Magaard

8. Sonntag nach Trinitatis, Chorfest „Dreiklang“ zu Epheser 5,8b–14

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen.

„Lebt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit. Prüft, was dem Herrn wohlgefällig ist, und habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis; deckt sie vielmehr auf. Denn was von ihnen heimlich getan wird, davon auch nur zu reden ist schändlich. Das alles aber wird offenbar, wenn's vom Licht aufgedeckt wird; denn alles, was offenbar wird, das ist Licht. Darum heißt es: Wach auf, der du schläfst, und steh auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten.“

Liebe Festgemeinde,

„Dein allererstes Wort war: Licht!“ – schreibt Rainer Maria Rilke in dem gleichnamigen Gedicht. Und er erinnert an Gottes uranfängliches Wort. Mehr konnte der Menschheit wohl nicht mit auf den Weg gegeben werden: Gott schuf Orientierung. Es sollte Licht sein, es soll hell werden, bis in die dunklen Winkel dieser Welt hinein! Das ist Gottes erstes hörbares Wort: „Licht!“.

Lebt als Kinder des Lichts“

Liebe Gemeinde, der Apostel Paulus spricht uns als Lichtkinder dieser Welt an. Er will zu denken geben. Er will Bewegung auslösen. Er fordert Aufmerksamkeit für die dunklen Winkel dieser Welt und in uns selbst – und er tut das vor dem Hintergrund einer biblischen Überlieferung, in der das Licht Inbegriff der Hoffnung ist. Das erste Licht der Schöpfung wird als „gut“ qualifiziert. Und Jesaja verheißt: „Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell.“

Für das Volk Israel wird dieses Licht in dunklen Stunden zum Inbegriff der Hoffnung. Menschen, die verschleppt wurden und für die das Dunkel kein Ende zu haben scheint, verschafft es Orientierung. Das Licht weist auf die Überwindung von Unterdrückung und Ungewissheit. Dafür lohnte es sich zu leben – und die Hoffnung blieb lebendig.

Und zugleich wiesen diese Prophezeiungen über ihre Zeit hinaus. Sie wurden wieder lebendig im Angesicht des Schimmers, der vom Stall zu Bethlehem ausging – sie verwiesen nun auf den einen, der von sich sagte: „Ich bin das Licht der Welt, wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.“ Und mit ihm kam Licht in die Welt, weil Gott sich mitten in das Dunkel der Welt hineinbegab und sich dort an die Seite der Schwächsten stellte. Er scheute nicht die Kranken, er lud sich bei denen ein, die in finstere Machenschaften verstrickt schienen. Und er blieb an ihrer Seite, bis hin zum Karfreitag. Dass sein Licht nicht erlosch, wurde zum stärksten Hoffnungszeichen für diese Welt. Die entzündeten Osterlichter wurden zum Gleichnis des Siegs über die Todesmacht, weil die kleinste Flamme noch das tiefste Dunkel durchbricht.

Und nicht zuletzt denken wir heute auch an das Licht der Taufkerzen. Gott macht es hell in unserem Leben, indem er sich unser annimmt.

Wir freuen uns heute über die Taufe von Anna, Madita und Marie. Vor Euch liegt ein Weg, auf dem die Taufe ein Ankerpunkt sein wird. Sie wird es sein mit dem Segenswort, das Euch zugesprochen wurde. Sie wird es sein mit dem Symbol des Wassers – so wie Wasser uns erfrischt und den Staub der bisher gegangenen Wege abwäscht. Genau so lässt Gott uns in unserem Leben neu beginnen und traut uns zu, neu anzufangen.

Und, liebe Gemeinde, es gibt vielfältige Formen, diese Überzeugung auszudrücken. Der Komponist Johann Sebastian Bach hat eine solche Tauftheologie, die jene freundliche Zuwendung Gottes in den Mittelpunkt stellt, die allem Handeln, Sollen und Können vorangeht.

„Aria: Der Glaube schafft der Seele Flügel, dass sie sich in den Himmel schwingt,
die Taufe ist das Gnadensiegel, das uns den Segen Gottes bringt;
und daher heißt ein sel’ger Christ, wer gläubet und getaufet ist.“

Bach hat diese Worte wunderbar vertont, wie wir heute hören dürfen. Vielen Dank an alle, die uns diese befreiende Botschaft heute so wunderbar zu Gehör bringen!

Lebt als Kinder des Lichts – der Verfasser des Epheserbriefes nimmt uns hinein in die große biblische Hoffnungsgeschichte des Lichtes, und denkt dann weiter: Lebt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit. Prüft, was dem Herrn wohlgefällig ist, und habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis; deckt sie vielmehr auf. Denn was von ihnen heimlich getan wird, davon auch nur zu reden ist schändlich. Das alles aber wird offenbar, wenn's vom Licht aufgedeckt wird; denn alles, was offenbar wird, das ist Licht. Darum heißt es: Wach auf, der du schläfst, und steh auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten.

Vielleicht könnte man das so zusammenfassen: Wer es mit dem Licht zu tun bekommt, der wird sich darin nicht nur sonnen können. Die Kinder des Lichts haben ein Gespür für die dunklen Seiten dieser Welt. Sie leben und treten ein für Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit. Sie geben sich mit Dunkelziffern und Schattenwirtschaft, mit all dem, was oft lieber unerkannt und unbehelligt bleibt, nicht zufrieden.

Sie setzen sich ein für Geflüchtete, für Menschen ohne Wohnsitz. Sie setzen sich ein für Verzweifelte und Ratlose. Sie setzen sich ein für die Zukunft aller Menschen, für Frieden und Gerechtigkeit, für Versöhnung. Und: sie haben dabei einen langen Atem.

Keine Frage, es tut auch weh, wenn etwas ans Licht geholt wird, das auch wir selbst lieber verborgen wüssten. Wenn das Unangenehme, das, was uns selbst peinlich ist, zur Sprache kommt. Das, was dazu führt, dass wir uns vor uns selbst schämen, erleben wir oftmals als Zumutung. Und wir haben oft sogar gute und gut gemeinte Gründe, etwas lieber auf sich beruhen zu lassen und wegzusehen.

Der Apostel Paulus ist hier bemerkenswert konsequent: es wird nichts Gutes daraus entstehen, wenn etwas im Dunkeln bleibt, es wird nur vor sich hin gären und keine Ruhe geben.

Es werden Menschen ungesehen zu Opfern, und andere können weiter zu Tätern werden. Macht euch nicht zu Mittäterinnen und Mittätern, Wegguckern oder Vertuschern, sondern fasst die Dinge an, auch wenn es weh tut. Und stellt euch damit auch euren eigenen dunklen Seiten, denn das Licht wird heilsam für euch sein. Denn Gott sieht euch freundlich an. Und das Dunkle, im Verborgenen lauernde verliert seine Macht.

Darum, liebe Gemeinde, singen wir von diesem Gott, so vielstimmig, wie wir es heute und insgesamt bei unserem Nordkirchen-Chorfest „Dreiklang“ erleben. Darum dürfen wir um Gottes Willen die Botschaft seiner frei- und frohmachenden Gnade nicht verschweigen. Darum müssen wir das Licht unserer Begabungen, unserer Begeisterung für Gottes Sache leuchten lassen.

Und das, liebe Gemeinde, ist an der Zeit, wenn auf unserem Kontinent wieder die schrillen Klänge von Hass und Feindschaft zu hören sind – von denen wir hofften, dass sie überwunden wären. Wir werden dagegen ansingen, und wir werden auf die Liebe Gottes nur mit Gastfreundschaft, mit Großzügigkeit und eben auch mit Musik in dieser Welt antworten können.

Wach auf, der du schläfst, und steh auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten.

Damit, liebe Gemeinde, komme ich zum Ende und blicke zurück auf den Anfang. „Dein allererstes Wort war: Licht!“ – Mit den Worten des Apostels Paulus im Hinterkopf denken wir an das gute Licht, das Gott vor allem Anfang schuf und dessen Glanz seine Schöpfung noch heute täglich erhellt. Wir haben das Licht des Ostermorgens vor Augen, das hinweist auf den anbrechenden Tag Gottes jenseits unserer Zeit. In dieser Gewissheit leben wir – und singen wir – als Kinder des Lichts.

Amen.

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