Eine evangelische Kirchengemeinde im Sabbatjahr

„Wo der Weg hingeht, kannst du nicht im Rennen verabreden”

© Johann Helgason, iStockphoto

22. November 2013 von Doreen Gliemann

Waren an der Müritz. Mut zum Loslassen beweist die evangelische Kirchengemeinde St. Marien im mecklenburgischen Waren (Müritz). Nach „einer großen Zeit der Aktivität” und einem intensiven Diskussionsprozess nimmt die Gemeinde eine einjährige Auszeit, um einige Dinge ruhen zu lassen und neue Inspiration und Kräfte zu empfangen, sagt Pastor Leif Rother (49). Mit Beginn des neuen Kirchenjahres am 1. Advent geht die 1.700 Mitglieder zählende Gemeinde in ein sogenanntes Sabbatjahr. Damit ist sie die erste Gemeinde in der Nordkirche, die diesen Schritt wagt.

Manche Aktivität wird die Gemeinde im Sabbatjahr lassen. So wird es 2014 keine Hörspielsaison in Federow und nur wenige Konzerte in den Kirchen geben. Auf Bauarbeiten wird verzichtet. An den Wochenenden wird nur ein Gottesdienst gefeiert, außer an hohen Festtagen wie etwa Heiligabend. Die Fahrt mit Jugendlichen wird nicht ins Ausland führen, sondern „vor die Haustür” in die Region. Amtshandlungen wie Hochzeiten, Taufen und Trauerfeiern finden natürlich noch statt.

Die gewonnene Zeit soll vor allem für Begegnung, Stille und Gebet genutzt werden, sagt Pastor Rother. Geplant sind gemeinsame Mahlzeiten nach jedem Gottesdienst. Im Sommer soll es ein regelmäßiges Mittagsgebet in der Marienkirche geben. Er selber will die Freiräume nutzen, um mehr Menschen zu besuchen. Oder nach dem Konfirmandenstunde einfach mal mit den Jugendlichen zu spielen und sich zu unterhalten, statt gleich wieder zum nächsten Termin hetzen zu müssen.

„Wo der Weg hingeht, kannst du nicht im Rennen verabreden”, sagt der Theologe. Da müsse man mal anhalten und „geistlich schauen, was es heißt, als Gemeinde Jesu Christi zu leben”. Die Auszeit solle auch für die Gesellschaft ein Zeichen setzen. Viele Menschen litten unter einem hohen Leistungsdruck in der Arbeitswelt. Andere fühlten sich überflutet mit Reizen und Informationen und sehnten sich nach Orten der Ruhe und Stille.

Zu denken gegeben hat dem bald 50 Jahre alten Theologen mancherlei während seiner Amtszeit, der seit 21 Jahren Gemeindepastor in Waren ist. So erzählte ihm eine Frau, dass sie lieber in die katholische Kirche gehe, weil der Gottesdienst dort immer gleich und ruhig sei und nicht jedes Mal etwas Besonderes passiere. Einige Ehrenamtliche seien ausgestiegen, weil ihnen das Tempo in der Gemeinde zu hoch war. Er selber sei 2008 krank geworden und damals auch wegen einer Burn-out-Symptomatik vier Wochen ausgefallen. Da habe er deutlich verstanden, dass er so nicht weitermachen könne, sagt der Pastor, der nach eigenem Bekunden an vielen Tagen 10 bis 12 Stunden dienstlich unterwegs ist. Deshalb will Rother auch ganz persönlich eine dreimonatige Auszeit vom Dienst nehmen, von Mitte Juni bis Mitte September 2014.


Die Reaktionen auf das Sabbatjahr der Kirchengemeinde fielen überwiegend positiv aus, auch bei Kollegen, sagt Rother. Bischof Andreas von Maltzahn (Schwerin) bezeichnete es als "verheißungsvoll", dass diese überaus aktive Gemeinde ihr "Veranstaltungskarussell" herunterfahren wolle. So könne man "neu verstehen, worauf es ankommt, was wirklich gebraucht wird und trägt". Er sei sehr gespannt auf den Verlauf des Experiments. Auch in der Kirche finde sich ein "Zustand überdrehter Erstarrung": Aufgaben, Herausforderungen und Chancen trieben "das Hamsterrad unserer Aktivitäten immer schneller an, bis man eines Tages atemlos und entgeistert feststellt, dass man sich nur im Kreis gedreht hat".

Für das Sabbatjahr gibt es auch ein biblisches Modell. Gott selbst ruhte nach sechs Schöpfungstagen am siebten Tage aus  (1. Mose 2, Verse 1-4). In Anlehnung daran erinnert das dritte Gebot ("Du sollst den Feiertag heiligen") daran, dass Menschen im Leben nicht pausenlos aktiv sein können, sondern Zeiten der Ruhe und des Auftankens brauchen. 

Zur Einstimmung auf ihre Auszeit veranstaltet die Warener Kirchengemeinde St. Marien am 30. November von 17 bis 22.30 Uhr eine "Nacht der offenen Kirche". Sie soll bei Kerzenschein und ruhiger Atmosphäre zum Innehalten, Atemholen, Nachdenken und persönlichen Gebet einladen. Bevor das Sabbatjahr am Ewigkeitssonntag (23. November) 2014 endet, will der Kirchengemeinderat im Herbst 2014 auf einer Klausurtagung diskutieren, welche Angebote vermisst wurden und wie die Gemeindearbeit künftig gestaltet werden soll.

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