Bischöfin Fehrs: Kirche ist "Dialogforum und Erlaubnisraum"
28. September 2013
Schwerin. Nach Ansicht der Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs sollte sich die evangelische Kirche stärker als Dialogforum verstehen. Wenn Kirchengemeinden sich eines gesellschaftlichen Konflikts annehmen, "können sie damit eine Kultur vorleben, in der man streitet, ohne sich vernichten zu wollen", sagte Fehrs auf einem Fachkongress der evangelischen Nordkirche am Sonnabend in Schwerin. Kirche sei "ein Raum der Erlaubnis", in dem man "laut über das reden darf, was einen existenziell angeht".
Fehrs verwies auf die rund 80 afrikanischen Flüchtlinge, die seit fast vier Monaten in der Hamburger St. Pauli-Kirche campieren. Dieses Beispiel strahle weit über den Stadtteil hinaus. "Dort bekommt das in den Nachrichten allgegenwärtige Flüchtlingsproblem Gesichter", sagte die Bischöfin. Natürlich gebe es viele Diskussionen in der Stadt, auch politischen Streit. Aber die Kirche könne ein Ort sein, an dem dieses Thema stellvertretend behandelt werde. "Hier wird eine beispielhafte Willkommenskultur gelebt und erprobt", sagte Fehrs.
St. Pauli Kirche: "Beispielhafte Willkommenskultur gelebt und erprobt"
Unter dem Motto "Aufbruch im Norden" diskutieren in der Landeshauptstadt von Mecklenburg-Vorpommern noch bis Sonnabendabend rund 200 Teilnehmer aus Politik, Wirtschaft, Vereinen und Verbänden gesellschaftspolitischen Fragen. Es sei Aufgabe der Kirche, Raum zu bieten "für all das Nichtsagbare, das Tabuisierte, das, was Mühsal macht und Bedrängnis und was Menschenrecht gefährdet", so Fehrs.
Kirche müsse daher in Erscheinung treten in Gestalt von Diakonie und tätiger Nächstenliebe, etwa in Form von Beratungen, Obdachlosenarbeit oder Gedenkgottesdienste für Kriminalitätsopfer und ihre Angehörigen. Zum Start des Kongresses am Freitag hatte der ehemalige Ratsvorsitzende der EKD und Berliner Altbischof Wolfgang Huber die Bedeutung der "öffentlichen Stimme" der Kirche betont. Dabei warnte er vor einer "klerikalen Verengung": Nicht nur Bischöfe seien aufgerufen, ihre Stimme zu erheben.
Fehrs: Raum bieten "für all das Nichtsagbare, das Tabuisierte"
Ziel des zweitägigen Kongresses in Schwerin ist es nach Worten von Landesbischof Gerhard Ulrich, die Nordkirche "als wichtige Stimme" in der gesamten Region zu präsentieren. Im Gespräch mit Politikern, Wirtschaftsleuten und Verbandsvertretern gehe es darum, in einer "Landschaft voller Kontraste" zentrale Herausforderungen im Norden erörtern.
Nach langen Strukturdebatten auf dem Weg zur Nordkirche, die Pfingsten 2012 gegründet wurde, müsse es jetzt wieder verstärkt um Inhalte gehen, so der Landesbischof. Auf dem Kongress werden daher in insgesamt 15 Workshops Themen wie "Stadt und Land", "Ost und West", "Ökologie und Landwirtschaft" oder "Religion und säkularisierte Gesellschaft" behandelt.