Kirchenmusik

Das Weihnachtslied "O du fröhliche" stammt aus trauriger Zeit

Porträt des Pädagogen Johannes Daniel Falk (1768 - 1826), mit Notenblatt des Weihnachtsliedes "O du fröhliche", im Johannes Daniel Falk Museum in Weimar. Falk ist heute weitgehend vergessen. Dabei gilt er als Wegbereiter einer neuzeitlichen Pädagogik.
Porträt des Pädagogen Johannes Daniel Falk (1768 - 1826), mit Notenblatt des Weihnachtsliedes "O du fröhliche", im Johannes Daniel Falk Museum in Weimar. Falk ist heute weitgehend vergessen. Dabei gilt er als Wegbereiter einer neuzeitlichen Pädagogik.© epd-bild, Maik Schuck

29. November 2016 von Simone Viere

Gäbe es die Charts der Weihnachtslieder, würde "O du fröhliche" auf Platz eins stehen. Es ist in nahezu allen Landstrichen populär und wird sowohl in evangelischen als auch in katholischen Kirchen gesungen. Meist ist es das Abschlusslied im Heiligabend-Gottesdienst. Doch die fröhliche Stimmung, mit der die Gottesdienst-Besucher an Heiligabend "O du fröhliche" singen, könnte über den Hintergrund des Liedes hinwegtäuschen.

Der Dichter Johannes Daniel Falk (1768-1826) hatte in kurzer Zeit vier seiner Kinder verloren. Er schrieb das Lied für arme Waisenkinder. "Welt ging verloren", heißt es darin, doch weiter: "Christ ist geboren, freue Dich, O Christenheit."

Johannes Daniel Falk wurde am 28. Oktober 1768 in Danzig geboren. Der Sohn eines Perückenmachers lebte in ärmlichen Verhältnissen. Mit 16 Jahren ging er aufs Gymnasium und verdiente sich seinen Lebensunterhalt mit Unterricht. Der Rat der Stadt Danzig stiftete ihm ein Stipendium für ein Studium in Halle. Vom Stadtrat soll er mit den Worten verabschiedet worden sein: "Wenn dereinst ein armes Kind an deine Tür klopft, dann wisse, dass wir es sind, die alten, grauen Bürgermeister von Danzig. Weise sie nicht von deiner Tür!"

Dichter mit diplomatischem Geschick

 

Doch zunächst einmal widmete sich Falk der weltlichen Fröhlichkeit. Der Dichter Christoph Martin Wieland entdeckte sein poetisches Talent, woraufhin Falk das Theologie-Studium abbrach und bissige Satiren dichtete. Mit 28 Jahren zog er als Privatgelehrter nach Weimar.

 

Wenn er auch als Dichter nicht sehr erfolgreich war, wurde doch sein diplomatisches Geschick gelobt. Als 1806 nach der Schlacht bei Jena und Auerstedt französische Truppen plündernd durch Weimar ziehen wollten, soll Falk persönlich ihnen Einhalt geboten haben. Er sorgte für die Verpflegung der Truppen und bewahrte damit die Stadt vor weiterem Schaden. Der französische Stadtkommandant machte ihn daraufhin zum Dolmetscher und Sekretär. Herzog Carl August ernannte ihn später zum Legationsrat mit festem Jahresgehalt.

"Welt ging verloren" - Schwere Zeiten für den Vater Johannes Daniel Falk

 

1813 jedoch war für Falk ein bitteres Jahr. Innerhalb weniger Wochen verlor er vier seiner sieben Kinder durch Typhus. Kurze Zeit nach dem Schicksalsschlag, so heißt es in der Legende, soll ein kleiner, zerlumpter Waisenjunge mit bittenden Augen vor seiner Tür gestanden haben. In diesem Moment habe er sich an die Worte des Danziger Stadtrates erinnert: Er nahm ihn auf und gab ihm Kleider und Spielzeug seiner verstorbenen Kinder.

 

Diese gute Tat sprach sich herum, und so kamen immer mehr Kriegswaisen in das Haus. Für sie dichtete er das heute so populäre Weihnachtslied "O du fröhliche" - allerdings nur die erste Strophe. Sein Gehilfe Heinrich Holzschuher schrieb später die beiden anderen Strophen.

 

Im Jahre 1816 soll er das "O du fröhliche" geschrieben haben, heißt es zumindest im Evangelischen Gesangbuch. Doch im vorigen Jahr gab der Vorsitzende des Johannes-Daniel-Falk-Vereins in Weimar, Paul Andreas Freyer, bekannt, dass das Lied offenbar bereits ein Jahr früher gedichtet wurde. Der Kirchenhistoriker Herbert von Hintzenstern hatte recherchiert, dass Falk es vermutlich im Advent 1815 geschrieben hat, damit es dann ein Jahr später im Lehrkalender erscheinen konnte.

Die Ur-Handschrift des Textes fehlt bis heute

 

Doch auch das neue Erscheinungsjahr ist noch unsicher. Es fehle nach wie vor die Ur-Handschrift des Textes, sagte Freyer. Der Nachlass von Falk sei in großen Teilen noch gar nicht gesichtet. Es sei also durchaus möglich, dass ein Dokument gefunden werde, das noch genauere Auskünfte geben könnte.

 

Später gründete Falk in Weimar die "Gesellschaft der Freunde in der Not" und nahm weitere verwaiste und verwahrloste Kinder auf. Er kaufte den "Lutherhof" und entwickelte hier eine für seine Zeit völlig neue Pädagogik. "Ohne Kette, ohne Zwang, ohne Schläge" sollten die Kinder aufwachsen. Falk: "Wir schmieden unsere Ketten inwendig und verschmähen die, die man außen anlegt." Er setzte auf eine Pädagogik der Freiheit: "Sie können davonlaufen, aber es läuft keiner davon." Am 14. Februar 1826 starb Falk mit 57 Jahren in Weimar. 

Sein bekanntes Weihnachtslied überlebte ihn. Dabei sollte "O du fröhliche" ursprünglich gar nicht auf Weihnachten beschränkt bleiben. Falk hatte es als Kirchenlied gedichtet, das auch zu Ostern und Pfingsten gesungen werden konnte. "Gnadenbringende Osterzeit", hieß es bei hm in der zweiten Strophe, die mittlerweile aus den Gesangbüchern verbannt wurde: "Welt lag in Banden, Christ ist erstanden!" 

 

Auch die Melodie hatte anfangs nichts mit Weihnachten zu tun. Der kleine Junge, den Falk aufnahm, war ein Waisenkind aus Sizilien. Ihm zuliebe soll Falk nach einem Lied aus seiner Heimat gesucht haben. Er fand es dann in der europäischen Volksliedersammlung von Johann Gottfried Herder: Als "O Sanctissima" sangen sizilianische Fischer die Melodie bei ihrer Arbeit.

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